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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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klemmte er mein Rad in eine lang gestreckte, hüfthohe Schraubzwinge. Während er die kaputten Reifen abzog, schaute ich mich in seinem Laden um. Skateboards hingen säuberlich aufgereiht an einer Sperrholzwand, eins farbenprächtiger als das andere und im Detail eigentümlich designt und geformt. Auf allen stand LUIS auf der Spitze. Die meisten Fahrräder waren gebraucht, aber alle waren blank geputzt und hatten neue Räder.
    »Ihr Laden gefällt mir«, sagte ich.
    »Mir auch«, sagte er gleichmütig.
    »Sind Sie Luis?«
    »Nein.«
    Er ging zu einem Stahlschrank und nahm zwei neue, noch in Plastiktüten verpackte Rennreifen heraus. Mit dem Hinterrad fing er an. »Aus Rhode Island, hm?«
    »Ja.«
    »Die ganze Strecke?«
    »In New York bin ich ein Stück mit dem Zug gefahren und in Arizona mit einem Laster.«
    »Rhode Island«, sagte er kopfschüttelnd.
    »Ja.«
    Er wandte sich der Vorderradfelge meines wunderschönen Fahrrads zu. »Das ist aber keine richtige Insel, oder?«
    »Nein.«
    »Das ist ein gutes Rad. Die Kids hier in der Gegend stehen auf Mountainbikes, aber für die Straße … ein gutes, gutes Rad. Ich werd’s auch ein bisschen tunen.«
    »Danke.«
    Er pumpte die beiden Reifen auf und richtete dann das Vorderrad, sodass es in einer Linie mit dem Hinterrad stand. »Zieht es nach rechts?«
    »Ein bisschen vielleicht.«
    »Jetzt nicht mehr.«
    »Danke.«
    Er bestrich die Kette dünn mit einem klaren Gelee. »Teflon«, sagte er.
    »Wow.«
    »Und Graphit. Gibt alles. Wirklich alles. Wissen Sie, jetzt kann der Straßenstaub nicht mehr dran hängen bleiben.«
    Er tröpfelte ein bisschen Lösungsmittel auf den Mechanismus der beiden Bremsen und nahm mein Rad aus dem Schraubstock. »Wie neu. Besser als neu.«
    Ich gab ihm die Satteltasche. Er öffnete sie, nahm meine Sachen Stück für Stück heraus und breitete sie auf dem Boden aus. Dann wühlte er kurz in dem Stahlschrank und förderte eine schmutzige rote Satteltasche zutage. Sie war mit einem Stück Stoff geflickt, das aussah wie von einer alten Jeans. Er klopfte den Staub ab und gab sie mir.
    »Nur die neue Satteltasche. Den anderen Scheiß können Sie behalten. Ich hab zu kleine Füße.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte; also kniete ich einfach nieder und stopfte meinen Kram in die neue alte Satteltasche.
    »Luis war mein Baby.«
    Ich hielt inne und sah zu ihm auf.
    »Kein Baby, wissen Sie. Dreizehn. Ein großer Junge. Haben Blödsinn gemacht, hinten auf einem Pick-up. Sie wissen schon – dreizehn. Sind gar nicht schnell gefahren oder so was. Gute Jungs. Und Luis fällt hinten runter. Ist der Kopf. Man darf nicht auf den Kopf fallen.«
    Er zuckte die Achseln, schaute über meinen Kopf hinweg und zündete sich eine Zigarette an. Ich hätte ihn hart und drahtig genannt, aber als ich dachte, dass er so alt war wie ich, dachte ich, dass ich mich irrte. Vielleicht hatte es auch etwas mit den Fahrrädern und Skateboards zu tun. Er wirkte jung mit seinem harten Gesicht und allem. Ein trockener Wind wehte plötzlich über uns weg und hörte wieder auf.
    »Meine Schwester hieß Bethany«, sagte ich.
    Er sah auf mich herunter und schien nicht überrascht zu sein.
    »Sie war ein schönes Mädchen. Eine Frau. Bloß manchmal – wirklich nicht immer, aber eben manchmal – hörte sie eine Stimme, und dann war es furchtbar.«
    An der alten Satteltasche fehlten die Knöpfe; also banden wir sie mit einem Stück Wäscheleine zusammen und auf den Gepäckträger.
    »Tut mir Leid, das mit Luis«, sagte ich, bevor ich losradelte.
    »Mir auch.«
    Ich nickte und ließ ihn zu seinem Motor zurückgehen. Mit einem Blick auf die Karte stellte ich fest, dass ich in der Nähe von Fontana sein musste. Ich würde zum Valley Boulevard hinunterfahren, und nach ungefähr fünfzig Meilen würde ich die Straße nach Venice finden. Ich schaute hinüber zu dem Fahrradmann und wollte noch etwas mehr über Luis sagen, um ihn vielleicht zu trösten. Aber ich tat es nicht. Ich nehme an, man stößt einfach auf jemanden, und dann kommt es darauf an, wie er von einem abprallt.
    Mein hervorragendes Rad ließ sich mühelos fahren, und ohne nachzudenken sagte ich: »Vor dem Schlafen meine Seele ich dem Herrgott anempfehle. Kommt der Tod dann in der Nacht, Herr, gib auf meine Seele Acht.«
    Und dann sagte ich laut: »Das habe ich für Luis gebetet.«

72
    W as wir wussten:
    Mr. und Mrs. Jeff Greene fuhren nach Boston hinauf und außen herum und nahmen die Schnellstraße nach Concord, New

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