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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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Blechdach prasseln. Ich drehte mich auf den Rücken, aber die Schnittwunde über dem Schulterblatt ließ mich gleich wieder auf die Seite fallen. Ich war in einem der Sessel mitten in dem großen Zimmer eingeschlafen und hatte dann irgendwie den Weg auf den Boden gefunden, wo ich die Nacht verbracht hatte. Ich schaute hinüber in die Ecke mit den Bücherregalen. Carl schlief noch – oder er lag doch erstaunlich still da.
    Draußen war es Tag, und ein bisschen graues Licht fiel durch ein großes Erkerfenster auf meinen Kopf. Als ich wacher wurde – und das war nicht leicht, denn ich hatte tief geschlafen und nicht mal geträumt -, spürte ich einen Schmerz, der mich am ganzen Körper zwickte, wie unzählige kleine Nadeln. Meine Hände und Arme waren grün und blau. Ich schaute meine Brust und meinen Bauch und alles andere an, gekrümmt, geschwollen, verfärbt. Ich zog mich am Sessel hoch und stand auf, und ich fühlte mich, als balancierte ich auf einem Ball. Wie auf dem Hochseil schlurfte ich ins Badezimmer, ließ mir ein heißes, heißes Bad ein und legte mich hinein, bis wenigstens die Nadelstiche aufhörten. Meine Shorts hatten ein großes Loch am Oberschenkel, und die Ferse an einem von Father Bennys leichten Boots war glatt abgerissen. Ich zog die Hose und das Papierhemd wieder an, und nahm noch einmal vier Aspirin.
    Als ich die Regale auseinander schob und aus dem Bad kam, saß Carl aufrecht im Bett. Er hatte sich das feuchte Haar mit einer Bürste vom Nachttisch zurückgebürstet. Trotz seiner Krankheit sah er jung aus, fast wie ein Kind. Ich genierte mich in meinem grünen Papierhemd.
    »Sie sind übel zugerichtet«, sagte er leise; er pustete die Worte heraus.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sind Sie aber. Mein Gott. Sehen Sie nur, was ich getan hab.«
    »Nein, nein. Ich hätte da nicht stehen sollen.«
    »Sie standen im Gras. Fünf Meter neben der Straße.« Carl hob die Arme und ließ sie wieder fallen. Seine Finger waren rosarote Skelettfinger. »Im Krankenhaus war ich erledigt.«
    »Das ist okay.«
    »Ich bin erledigt. Sogar meine Ärztin sagt, ich bin erledigt.«
    Ich erinnerte mich an die Ärztin, aber es war wenig. Pferdeschwanz. Proteine. Essen.
    »Essen«, sagte ich.
    »Schauen Sie in den Kühlschrank. Da ist etwas. Ich würde essen.«
    Ich machte das, was ich machen konnte. Ich konnte Rührei machen und Toast und Tee, und ich konnte Apfelsaft eingießen.
    »Ich kann keinen Apfelsaft trinken«, sagte Carl. »Ich trinke ihn und pisse ihn als Apfelsaft wieder aus. Sofort. Ich bin erledigt.«
    Ich schob einen der Sessel herüber und aß auch. Eier haben eine Menge Protein, aber aus irgendeinem Grund aß ich nur wenig.
    »Gut«, sagte er kauend. Er legte ein bisschen Ei auf die Ecke seiner Toastscheibe und sagte es noch einmal. »Gut.«
    Wir schwiegen, während er aß. Meine Familie war beim Essen auch schweigsam. Manche Familien sind laut beim Essen, und das Essen ist nur Teil des Lärms. Meine Familie war still dabei. Respektvoll eigentlich. Fast, als wäre das Essen eine Zeremonie, die wir gerade erst gelernt hatten und jetzt richtig machen wollten.
    Nach einer Weile legte Carl sein Besteck hin und ließ den Kopf zurücksinken. Er gab ein leises Gurgeln von sich und schloss die Augen.
    »Fertig?«, fragte ich.
    Er nickte langsam, und ich trug sein Tablett in die Küche.
    »Es regnet«, sagte ich, weil ich etwas sagen wollte.
    »Oh, es regnet«, pustete er. »Es regnet und regnet.«
    Ich brachte ihm ein Glas frisches Wasser und setzte mich wieder in den großen Sessel, den ich neben das Bett geschoben hatte. Das Aspirin und die Eier halfen. Der Schmerz ließ nach.
    Carl nippte am Wasser und ließ den Kopf wieder zurücksinken. Er schloss die Augen und lag sehr still. Er ist der einzige Mensch, der mich je an die Posen meiner Schwester erinnerte. Nichts bewegte sich. Wenn er so sprach, den Kopf zurückgelegt, die Augen fest geschlossen, bewegten die gepusteten Worter kaum seine Lippen.
    »Ich bin der ›tüchtige Träumer‹«, sagte er ins Zimmer hinein. »Auf der High School, in meinem Jahrbuch – ›Carl Everett Greenleaf, Schwimmen 2-3, Geländelauf 1-2-3, Chor 1-2-3‹ -, da stand: ›Carl ist unser tüchtiger Träumer‹. Und das stimmte.«
    Aus dem grauen Licht war gleißender Sonnenschein geworden, der durch das Erkerfenster und die kleine Fensterreihe über dem Bücherregal hereinfiel, aber seltsamerweise trommelte der Regen noch immer auf das Dach.
    »Ich möchte laut sprechen. Ich möchte

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