Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
Mal, wenn er sich zu Wort meldete.
»Und da ist er vielleicht an den Falschen geraten«, führte Angermüller den Gedanken weiter.
»Okay, jetzt wo wir wenigstens wissen, wer der Tote ist: Morgen also wieder Klinken putzen und Befragungen. Mit dem Namen und einem Foto unseres noch lebenden Opfers aus der Kartei der Hamburger Kollegen können potenzielle Zeugen sicherlich mehr anfangen als mit der etwas merkwürdigen Gesichtsdoppelung.«
»Na wunderbar, das sind doch gute Nachrichten!«
Harald Appels erhob sich.
»Ich verabschiede mich, meine Dame, meine Herren, ich muss gleich noch zu einem wichtigen Termin. Einen schönen Abend für Sie alle und weiter so!«
Niemanns Papiere wehten vom Tisch, so voller Elan schloss Appels die Tür hinter sich.
»Ich möchte einmal erleben, dat der keinen wichtigen Termin hat«, grummelte Jansen dem Behördenchef hinterher.
»Und Anja, auch wenn das jetzt wahrscheinlich nicht mehr von Bedeutung für unseren Fall ist: Sobald die Botschaft sich gemeldet hat, fühlst du bitte noch mal der Frau aus Reinfeld auf den Zahn. Die muss begreifen, dass man uns nicht für seinen Privatkrieg benutzen kann.«
»Okay, Chef.«
»Und im Ãbrigen hab ich auch noch einen wichtigen Termin, ich muss nämlich einkaufen«, erklärte der Kriminalhauptkommissar schlieÃlich. »Ich nehme an, ihr alle habt noch groÃe Verpflichtungen. Also, wir sehen uns morgen!«
Langsam färbten sich die feinen Zwiebelwürfel in der Butter-Ãlmischung goldgelb, und ein angenehmer Duft begann die Küche zu erfüllen. Marlene fügte den in feine Streifen geschnittenen Radicchio bei und dünstete ihn, bis er seine rotviolette Farbe verlor. Dann gab sie den Carnaroli Reis in den Topf, röstete ihn unter ständigem Rühren an, löschte mit etwas Brühe und WeiÃwein ab, reduzierte die Hitze und rührte emsig weiter. Für ein gelungenes Risotto brauchte es vor allem Geduld und Ausdauer im Rühren, hatte sie gelernt. Während sie gewissenhaft ihrer Tätigkeit nachging, immer Flüssigkeit nachgoss, sobald der Reis alles aufgesogen hatte, überkam sie wieder die Unruhe, die sie den ganzen Nachmittag nicht losgelassen hatte.
Als Sophie sich nach dem Kaffee auf der Wiese in einen Liegstuhl in die Sonne gelegt hatte, einen Stapel Zeitschriften zum Lesen dabei, war Marlene, von ihrer Freundin unbemerkt, hinüber zum Schuppen gegangen. Ratlos hatte sie da gestanden und den schwarzen Kanister betrachtet. Was hatte das zu bedeuten? War das wirklich die Vorbereitung eines Anschlags? War das nur ihre überbordende Fantasie, oder existierten die brutalen Nazischläger, die auÃer Ausländern gerne auch Homosexuelle oder Behinderte überfielen, tatsächlich? Natürlich war diese Vorstellung ziemlich beängstigend, deshalb suchte Marlene lieber nach einer vernünftigen Erklärung für das Auftauchen des Benzinkanisters. Da fiel ihr Blick auf eine schmuddelige Plastiktüte, die gleich dahinter lag. Sie war vollgestopft mit alten Klamotten. Ihren Schrecken spürte Marlene bis in die FuÃsohlen.
Oh Gott, wenn sie wenigstens mit Sophie über alles hätte sprechen können! Das war das Schlimmste, dass sie ihrer geliebten Partnerin schon seit Tagen Theater vorspielte, um diese ganzen bedrohlichen Merkwürdigkeiten von ihr fernzuhalten. Zum einen, um sie nicht zu beunruhigen, zum anderen aber auch, weil die Kommunikation mit Sophie so unglaublich kompliziert und anstrengend war. Es war so absolut unzuverlässig, ob sie wirklich das Richtige aus Sophies Gebrabbel verstanden oder besser erraten hatte, sodass Marlene dabei regelmäÃig an ihre Grenzen geriet und ihr schnell die Geduld ausging. Und sie war mittlerweile so dünnhäutig, dass sie dann stets die schiere Verzweiflung packte, angesichts ihrer beider Sprachlosigkeit. Denn auch ihr selbst fehlten irgendwann die Worte, wenn sie Sophie etwas erklären wollte, das diese partout nicht verstand. Marlene suchte andere Ausdrücke, neue Formulierungen, kam nicht weiter und wiederholte und wiederholte das Gesagte schlieÃlich nur noch, bis es ihr wie ein inhaltsloses Gestammel erschien, ihr Kopf leer und sie völlig erschöpft war.
Nach dem Fund der Tüte mit den Lumpen hatte Marlene erst einmal Sandra angerufen.
»Was?«, rief diese nur fassungslos ins Telefon, als ihr Marlene erst über den Vorfall mit dem
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