Ungnade: Thriller (German Edition)
offenbaren. Warum hat er dich trotzdem in alles eingeweiht? Wieso hat er den Dingen nicht einfach ihren Lauf gelassen?«
» Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagte Logan. » Und leider muss ich dir sagen, dass ich zu keiner Antwort gekommen bin. Ich schätze, es reicht ihm wohl nicht, wenn wir von allem erfahren, nachdem es geschehen ist. Er will uns quälen, uns das Gefühl geben, hilflos zu sein. Wir sollen Schuldgefühle haben, weil wir unsere Freunde nicht retten konnten, nicht einmal für diejenigen etwas tun konnten, die uns am nächsten standen. Er will sich an unserem Elend weiden.«
Hardy nickte, aber sein Blick war in die Ferne gerichtet. Er fixierte einen Punkt weit jenseits der Mauern des Lagerhauses und der Küste des Landes, das er jetzt Heimat nannte.
» Solche Typen kenne ich«, sagte er.
Hardy hatte sich nicht geirrt, was Purcell betraf. Er war hellwach, als er ihren Anruf entgegennahm, und konnte seine Freude kaum verbergen, als er Hardys ausgeprägten Akzent vernahm.
» Tommy«, sagte er in der typisch bündigen Art der Offiziersklasse, » wie lange ist’s her?«
» Zu lange, Roger. Viel zu lange.«
» Na, jedem sein Leben, nicht wahr? Euch jungen Leuten jedenfalls. Bei einem alten Knacker wie mir sieht’s vielleicht etwas anders aus.«
» Du bist gerade mal zehn Jahre älter als ich.«
» Aber ich fühle mich viel älter, Tommy.«
» Roger, hör zu. Es widerstrebt mir, dich damit zu behelligen, vor allem nach so langer Zeit…«
» Immer raus mit der Sprache. Was es auch ist, du weißt, dass ich mein Bestes tun werde.«
» Okay, also…« Hardy sprach schnell und umriss die Situation mit möglichst wenigen Worten. Er hielt sich nicht lange mit Vorreden auf und versuchte Purcell auch nicht eine Situation verständlich zu machen, die für jeden normalen Menschen undurchschaubar sein musste. Wahrscheinlich waren sie die Art der Kommunikation gewohnt.
» Menschen wie die sterben einfach nicht aus, oder?«, sagte Purcell, nachdem Hardy geendet hatte. » Sie kriechen immer wieder unter dem nächsten Stein hervor.«
» Eine schöne Umschreibung.«
» Aber du weißt, dass ich nicht mehr aufs Festland fahre?«
» Klar. Unsere Frau wird die Fähre nach Mull nehmen, und von da an übernimmst du.«
» Wie sieht sie aus?«
» Ungefähr eins siebenundsechzig, gute Figur, dunkles Haar.«
» Und blaue Augen«, fügte Logan hinzu.
» Ein Hingucker?«
» Jawohl, Sir«, sagte Logan. » Das ist sie.«
» Und du hast ein besonderes Interesse an ihr, mein Sohn? Kannst es ruhig sagen, ich hab’s schon deiner Stimme angehört.«
» Ich sage es gern: Sie haben recht.«
» Gefühle können einen leichtsinnig machen. Ich kenne das.«
» Ich weiß, aber…«
Purcell ließ Logan nicht ausreden. » Tommy«, sagte er, » traust du diesem Jungen zu, dass er die Nerven behält?«
Hardy sah Logan einen Moment lang an, bevor er antwortete. » Das tue ich. Aber selbst wenn ich’s nicht täte, hätte ich keine andere Wahl. Wir beide sind als Einzige unseres Teams noch übrig.«
Logan musste über Hardys Aufrichtigkeit grinsen.
» Gut, das soll mir reichen«, sagte Purcell.
» Roger«, sagte Hardy, » die Verfolger haben vermutlich einen Sender an ihrem Wagen befestigt. Wir wissen nicht, ob sie schon zu ihr aufgeschlossen haben, wenn sie die Fähre nimmt. Wenn du also nichts Verdächtiges bemerkst, wenn das Schiff anlegt, fahrt ihr mit ihrem Wagen zu dir nach Hause, damit sie euch weiterhin orten können.«
» Ein Sender? Gute Arbeit, selbst für Profis.«
» Wir beide schaffen es nicht rechtzeitig zur ersten Fähre«, sagte Logan. » Wir werden die nächste gegen neun Uhr nehmen, hinken euch also zwei Stunden hinterher.«
» Soso«, sagte Purcell. » Dann soll ich den bösen Buben also allein die Stirn bieten?«
» Ja«, sagte Hardy. » Zwei Stunden wirst du auf dich allein gestellt sein.«
» Das wäre nicht das erste Mal.«
» Dir ist bewusst, dass diese Kerle Männer fürs Grobe sind, ja?«
» Schon klar.«
» Alex sitzt im Bau, weil sie ihm die Sache mit der Bombe untergeschoben haben. Wenn wir alle eliminieren, würde ihm das also auch nicht aus der Patsche helfen. Wir müssen überlegt vorgehen, uns den Kopf der Bande vorknöpfen.«
» Und deshalb wollt ihr ihnen eine Falle stellen? Mit eurer Frau als Köder? Damit ihr sie lebend erwischt?«
» Genau.«
» Und den Cops traut ihr das nicht zu?«
Hardy lachte bitter. » Nein«, sagte er. » Bei solchen Operationen stehen die
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