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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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ein: Angriff!
    »Aber du musst es ihnen sagen. Sonst grapscht der immer wieder.«
    »Nein, ich sag nichts!«
    »Anna, jetzt sei nicht so stur.«
    »Linus, ich mach’s nicht. Lass mich in Ruhe. Ich hätt’s dir gar
nicht erzählen sollen.«
    »Das war schon richtig.« Er setzte sich wieder gerade hin.
Nachdenklich murmelte er: »Vielleicht kann ich …«
    Das schreckte Anna auf. Nun drehte sie sich zu ihm und packte ihn am
Arm. Sie nahm nur am Rande wahr, dass sich dieser Arm warm und kräftig unter
ihrer Hand anfühlte. Ihr war im Moment wichtiger, dass sie ihn stoppte.
    »Nein, Linus, du hältst dich raus! Wirklich!« Sie funkelte ihn an.
Das konnte sie gar nicht brauchen, dass er sich da jetzt einmischte.
    Linus schwieg. Er hatte von seinen drei Schwestern gelernt, dass es
keinen Sinn hatte, mit Mädchen zu streiten. So schnell gaben die nicht auf.
    »Okay, okay. Ich werde nichts sagen.« Im Geheimen fügte er hinzu:
Ich werde mir was anderes überlegen.
    Dieses Versprechen beruhigte Anna. Jetzt fiel ihr auch wieder ein,
dass sie eigentlich schon längst hätte zu Hause sein müssen. Sie sah auf die
Kirchturmuhr und erschrak. Schon gleich zehn. Da würden sich ihre Eltern Sorgen
machen! Sie riss ihre Tasche vom Boden und sprang auf. »Ich muss schleunigst
heim! Bin eh schon viel zu spät dran. Danke für das Eis.« Sie schulterte ihre
Tasche und wollte los.
    »Warte! Ich kann dich fahren! Wo musst du denn hin?« Zur
Verdeutlichung seines Angebots drehte er das Fahrrad, das er an die Bank
gelehnt hatte, in ihre Richtung. Sie warf einen Blick aufs Rad, dann auf Linus,
schätzte schnell die Zeit ab, die sie bräuchte, wenn sie zu Fuß laufen würde,
und war überredet. »Okay. Wenn’s dir nichts ausmacht. Ich wohn in der Leiten.«
    »Kein Problem.« Er schwang sich auf den Sattel und stabilisierte das
Rad, damit Anna aufsteigen konnte.
    »Halt dich bei mir ein!«, forderte er sie auf, dann trat er kräftig
an. Der Kies unter seinen Reifen knirschte, das Rad machte einen kleinen
Schlenker zur Seite. Das brachte Anna dazu, die Arme um Linus’ Bauch zu legen
und sich anzuklammern, sonst wäre sie umgekippt. Das hatte er beabsichtigt.
    So fuhren sie zwar entgegen der Straßenverkehrsordnung, aber in
angenehm aufregender Nähe durch das nächtliche Kirchmünster. Anna spürte durch
das T-Shirt, wie sich seine Bauchmuskeln bewegten. In seiner Nähe fühlte sie
sich beschützt. Fast war sie versucht, ihren Kopf an seinen Rücken zu lehnen.
Aber das machte sie doch lieber nicht. Das wäre zu aufdringlich gewesen.
    Linus wäre am liebsten noch stundenlang so weitergefahren, mit Anna
hinten drauf, ihre Arme um seinen Oberkörper geschlungen. Was für ein Glück,
dass sie sich heute getroffen hatten. Er radelte flott die etwas abschüssige
Hauptstraße entlang. Weiter vorne sah er zwei Leute vor dem Brauhaus stehen.
Hm? Er sauste näher, erkannte sie deutlicher. Das war ja sein Vater! Und die
Frau, von der er sich gerade verabschiedete, kam ihm auch bekannt vor.
    Anna bemerkte, dass Linus zu treten aufgehört hatte. Er fühlte sich
plötzlich starr an. Neugierig sah sie an ihm vorbei.
    »Da ist Schwester Marion!«, rief sie erfreut. »Huhu, Schwester
Marion!« Sie winkte den beiden zu.
    Linus überlegte rasch, ob er anhalten sollte. Entschied sich aber
dann dafür, stärker in die Pedale zu treten. Marion Bauer hob ihre Hand, um
zurückzuwinken. Sie hatte das Mädchen erkannt. Martin Schneider wandte sich mit
noch lächelndem Gesicht um. Er wollte sehen, wen Marion grüßte. Im
Vorbeiwischen sah Linus, dass das Lächeln seines Vaters erstarb. Linus drehte
sich in voller Fahrt um, deutete zackig mit dem Zeigefinger auf seinen Vater
und bog zur Leiten ab.
    »Hast du den Mann gekannt?«, schrie Anna gegen den Fahrtwind an. Als
Linus nichts dazu sagte, überlegte sie laut: »Wahrscheinlich war das der Mann,
in den die Schwester Marion verliebt ist. Ich hab nämlich zufällig mal gehört,
wie sie das am Telefon erzählt hat. Witzig, gell?«
    »Ja, ganz witzig. Das war mein Vater.«
    »Oh.«

Sonntag, den 21. Juni
    Sieben Uhr dreißig
    In dieser Nacht hatte ich abermals nicht gut geschlafen.
Abwechselnd hatte ich über das Problem Hecker, das Problem Elvira und das
Problem Ehemann gegrübelt. Bei allen dreien war ich nicht weitergekommen.
Irgendwann war ich, wie das halt immer so war, doch eingeschlafen. Aber um halb
sechs schon wieder aufgewacht. Furchtbar. Hatte mich noch zweihundertmal hin-
und hergewälzt, bis ich um sieben

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