Unheil ueber Oxford
wollte, aber gegenüber der Nachricht empfand sie das virtuelle Aquarium als eindeutige Verbesserung.
Sie hatte also doch Recht gehabt mit ihrer Vermutung, dass jemand in ihren Dateien herumstöberte. In Christophers Dateien, um genau zu sein. Kate drückte eine Taste, und die blaue Nachricht erschien erneut. Zwar betrachtete sie sich nicht als Expertin in diesen Dingen, aber ihr wollte scheinen, dass der Stil sich erkennbar von den Drohungen auf ihrem Anrufbeantworter unterschied, die sie als kurz, explosiv und irgendwie atemlos empfunden hatte. Hier waren die Sätze länger. Entweder war die Nachricht also von jemand anderem geschickt worden, oder hier hatte sich jemand produziert, der etwas von solchen Dingen verstand – wie zum Beispiel Faith Beeton, die etwas von solchen Dingen verstand. Genaugenommen kamen aber auch alle anderen Teilnehmer des Workshops in Frage. Die Nachricht verschwand und wurde durch blubbernde Fische ersetzt.
In diesem Augenblick wirbelte Sadie ins Büro.
»Guten Morgen. Sie sind aber heute früh dran!«
»Ich wollte das Desaster von gestern mit einem guten Anfang heute wettmachen.«
»Weil Sie aus dem Kahn gefallen sind? Oh, darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Das kann doch jedem passieren. In ein paar Tagen ist der Vorfall vergessen.«
Nicht, wenn John Clay weiter seine Witzchen darüber macht, dachte Kate.
»Ach übrigens«, sagte sie beiläufig, »Sie waren nicht zufällig an meinem Computer?«
»Ich? Meinen Sie die Frage ernst? Ich bin in Sachen Computer ein absoluter Blindgänger.«
»Ach ja.« Etwas Ähnliches hatte Sadie bereits bei ihrer ersten Begegnung geäußert. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, obwohl seither höchstens ein paar Wochen ins Land gegangen waren. Stimmte es, oder bluffte sie nur? »Sie hatten davon gesprochen.«
»Stimmt etwas nicht? Haben Sie Probleme mit dem Ding? Ich glaube, John Clay ist unser Experte auf dem Gebiet. Er würde sich sicher freuen, wenn Sie ihn um Hilfe angingen.«
»Nein, nein, keine Sorge. Ich denke, ich komme selbst damit klar. Vielen Dank.« Die Möglichkeit, dass der kleine Schleimer John Clay die Nachricht in ihr Erinnerungsmenü eingeschleust hatte, gefiel ihr. Sollte sie ihn mit der Erkenntnis konfrontieren oder lieber gleich mit der Handtasche verprügeln? Wenn ihr andererseits irgendwer aus der Finanzverwaltung diese Streiche spielte – und davon ging sie aus –, durfte sie auf keinen Fall zeigen, wie verunsichert sie war. Sie beschloss, sich so heiter und ruhig zu geben, als ob alles zum Besten stünde. Sicher würde das ihren oder ihre Verfolger ärgern. Und wenn nicht, würde es zumindest Annette Paige wütend machen.
Eigentlich hätte Kate mit den Studenten zu Abend essen sollen, doch während der letzten Seminarstunde hatte sie sich heimlich davongeschlichen. In den Fluss geworfen zu werden war Aufregung genug für diese Woche; sie hatte sich einen freien Abend verdient. Kate ging zum Covered Market und besorgte die Zutaten für das Abendessen mit ihren Freunden.
Als sie ihre Haustür aufschließen wollte, entdeckte sie im Nachbargarten den jungen Harley. Er gab sich in den letzten Tagen so zahm, dass man ihn leicht übersah.
»Wie geht es Dave?«, erkundigte sich Kate.
»Er ist immer noch bei Dossa und Darren«, sagte er. »Aber ihre Mum hat allmählich die Nase voll von ihm. Ich gebe ihnen Geld für sein Futter. Bald bin ich pleite. Jetzt stehe ich morgens früh auf und trage Zeitungen aus.«
»Ich finde, das sollte er dir wert sein«, sagte Kate.
»Wenn er noch länger wegbleibt, hat er mich bald vergessen«, brummte Harley düster.
»Ganz bestimmt nicht«, tröstete Kate. »Hunde sind treue Seelen. Er wird sich sein Leben lang an dich erinnern.«
»Glauben Sie?« Harley blickte eine Spur weniger unglücklich drein.
»Ich bin mir ganz sicher!«
»Ach, Kate«, rief Harley hinter ihr her, als sie die Tür öffnete und ihre Plastiktüten in den Flur stellte. »Irgendjemand hat bei Ihnen rumgeschnüffelt.«
»Tatsächlich?« Ein Schauder rann über ihren Rücken. »Wer denn?« Sollte sie vielleicht fragen, ob sie etwas mit sich herumgetragen hatten, das wie eine Bombe aussah? Oder hatte man ihr Telefon verwanzt?
»Keine Ahnung. Hab die Typen nicht gesehen.«
»Woher weißt du dann, dass sie da waren?«
»Ich hab sie gehört. Ich war hier draußen und hab rumgesessen, da hab ich gehört, wie jemand leise um Ihr Haus rumlief. Vielleicht hat er geguckt, wie er reinkommen kann. Lassen Sie
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