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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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hinein, um andere Aufgaben zu übernehmen.
    Janet Halstead wurde von der Nachtwache des Instituts aus dem Schlaf gerüttelt. Sie schlüpfte in ihren Morgenmantel und ging in das Büro neben ihrem provisorischen Schlafraum.
    Sie nahm den Hörer vom Telefon und ließ sich von der Zentrale den Anrufer durchstellen, der auf sie gewartet hatte. Schweigend und ohne eine Miene zu verziehen, hörte sie die Nachricht, nur ihre Augen verrieten Trauer und Entsetzen.
    Als sie den Hörer auflegte, starrte sie noch eine Weile geistesabwesend darauf. Dann ließ sie alles diensttuende Personal zusammenrufen und ordnete mit knappen Worten die sofortige Evakuierung des Forschungszentrums an. Alle transportfähigen Geräte und Instrumente, alle Aufzeichnungen müßten für den Abtransport bereitgestellt werden. Lastkraftwagen mit Soldaten seien bereits unterwegs, um die Evakuierung zu beschleunigen.
    Stan Reynolds, ein Wachmann mittleren Alters, schlenderte den teppichbelegten Korridor entlang zu seinem Lieblingsraum im obersten Stockwerk des Bürohochhauses am Ufer der schwarzen Themse. In diesem Raum stand der größte Konferenztisch, der ihm je unter die Augen gekommen war, und im Laufe der Jahre hatte er bei den verschiedenen Firmen, für die er als Sicherheitsbeauftragter arbeitete, nicht wenige gesehen. Er war aus dunkler Eiche und sollte mehr als sechstausend Pfund gekostet haben; sechzig Personen konnten an ihm Platz finden. Er öffnete die schwere Flügeltür, die bis zur Decke reichte, und trat ein, um die Beleuchtung einzuschalten.
    Darauf schritt er die Länge des Tisches ab und blieb hinter dem prachtvollen lederbezogenen Armsessel stehen, der dem Vorstandsvorsitzenden der Ölgesellschaft gehörte. Er setzte sich hinein, zog die Stiefel aus und legte seine Füße auf den Tisch. Mit einem zufriedenen Seufzen überließ er sich einem farbenfrohen Tagtraum von großen Geschäftskulissen und Machtkämpfen in der Vorstandsetage.
    Schließlich wurde er der Sache müde, schwang die Beine vom Tisch, fuhr wieder in die Stiefel und wanderte zu den breiten Fenstern, die eine Panoramaaussicht nach Süden über die Stadt gewährten. Es war ein Anblick, der ihn immer wieder mit Stolz auf die Riesenstadt erfüllt, deren Lichter wie Sternhaufen im schwarzen Samt des Universums glitzerten.
    Heute aber war die Aussicht anders. Es war ein orangefarbener Lichtschein am Himmel, und er sog den Atem durch die Zähne ein, als er die Ursache erkannte. Er sah eine Reihe von Feuern über Südlondon. Es waren riesige Feuer, die in regelmäßigen Abständen brannten, und ihre Flammen leckten rot und beängstigend zum Himmel. Einen Augenblick fühlte er sich an die Zeit des Krieges und der Bombenangriffe erinnert, und an die von feindlichen Flugzeugen verursachten Brände.
    Dann schienen die Feuer ihre Helligkeit einzubüßen, als würden sie eines nach dem anderen von einer Decke überzogen, durch die nur ein stumpfroter Glutschein schimmerte.
    Er glaubte, von irgendwo die Töne eines Lautsprechers zu vernehmen, aber die Isolierscheiben ließen nicht viel davon durch. Außerdem war er von dem Phänomen am südlichen Horizont zu sehr in Anspruch genommen, um sich auf die Botschaft zu konzentrieren.
    Er stand da und beobachtete den heranziehenden Nebel, wie er allmählich die Millionen Lichter verdunkelte, die Stadt Stück für Stück verschluckte, bis er den Fluß zu seinen Füßen erreichte.
    Und dann war auch der Fluß nicht mehr zu sehen, und die Nebelschwaden umzogen die großen Panoramafenster vor ihm.
    Morgengrauen. McLellan, Holmans Kollege im Umweltministerium, starrte aus seinem Schlafzimmerfenster in den Nebel. Die Augen waren schwer von Schlaf und unvergessenen Tränen. Er wußte, daß es der Nebel war, seine gelbliche Färbung verriet es ihm. Und er hatte ihn erwartet; sein Vertrauen zur eigenen Regierung in Krisenzeiten war niemals groß gewesen, und er hatte damit gerechnet, daß sie diese Sache verpfuschen würden.
    Er war sich der Gefahr sehr viel mehr bewußt als die allgemeine Öffentlichkeit, denn durch Holman und den toten Spiers war er den seltsamen Vorkommnissen näher gewesen, und viele Leute verstanden noch immer nicht, daß es keineswegs der Nebel war, der tötete, sondern daß die von ihm verursachte Geistesgestörtheit die Menschen in den Tod trieb.
    Er blickte über die Schulter zu seiner Frau hin, die noch friedlich unter der Decke lag und schlief. Als er an seine Kinder in den benachbarten Zimmern dachte, weinte er Tränen

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