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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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der Bitterkeit und Enttäuschung. Wie lange würde das Gift benötigen, um auf sie einzuwirken, sie krank und wahnsinnig zu machen? Was würde es aus ihm machen? Würde er derjenige sein, der seine eigene Familie auslöschte? Er schlug mit einer Faust in die offene andere Hand. Es mußte eine Möglichkeit geben, sie zu schützen.
    Er setzte sich auf die Bettkante, regsam bedacht, seine Frau nicht zu wecken, und versuchte sich zu beruhigen. Es mußte eine Antwort geben! Konnte er sie fesseln, oder in ihren Zimmern einsperren? Aber was war mit ihm selbst? Was würde sie vor ihm schützen? Konnte er sich vergewissern, daß sie vor sich selbst geschützt waren, und dann hinausgehen und sich im Nebel verlieren? Nein, er konnte sie nicht verlassen; es wäre wie Fahnenflucht. Er mußte rasch überlegen. Gott allein wußte, wie lange das Gift benötigte, um Wirkung zu zeigen. Bei Spiers hatte es einen Tag gebraucht, auf Holman hatte es beinahe sofort gewirkt.
    Dann wußte er die Antwort! Es war nicht ideal, würde ihnen aber etwas Zeit geben; vielleicht Zeit genug, daß die Behörden etwas unternahmen, um Menschenleben zu retten.
    Er ging ins Zimmer seiner Tochter und nahm die kleine Tafel für Schreibübungen von ihrem Ständer, zusammen mit etwas Kreide, dann schlich er wieder hinaus und schloß vorsichtig die Tür, um sie nicht zu wecken. Er stieg die Treppe hinunter, setzte sich auf die unterste Stufe und schrieb mit großen Buchstaben eine Botschaft auf die Tafel. Darauf öffnete er die Haustür einen Spalt, lehnte die Tafel von außen an die Tür und schloß diese wieder. Er konnte nur hoffen, daß die Maßnahme ihren Zweck erfüllen würde. Dann ging er wieder hinauf und ins Bad, nahm die Flasche mit Schlaftabletten aus dem Apothekenschränckchen, die Pillen, die seine Frau manchmal nötig hatte, um von der nervenzehrenden Aufgabe, drei lebhafte Kinder aufzuziehen, auszuruhen. Er füllte ein Glas mit Wasser und ging wieder ins Schlafzimmer seiner Tochter. Er richtete sie im Bett auf, ohne ihre schwächlichen, im Halbschlaf vorgebrachten Proteste zu beachten, und nötigte sie, fünf Tabletten zu nehmen. Dann küßte er sie auf die Stirn, legte sie wieder nieder und zog die Decke über sie. Darauf wiederholte er dasselbe bei den Jungen im Nebenzimmer. Paul zeigte sich widerspenstig, aber das Versprechen einer fantastisch hohen Belohnung stimmte ihn um. Der nächste Teil würde schwieriger sein. Er mußte seine Frau Joan wecken und ihr erklären, warum er dies tat. War es eine Einbildung, oder fühlte er bereits einen Anflug von Kopfschmerzen?
    Joan weinte und weigerte sich zuerst, die Pillen zu nehmen, aber nach viel Überredung und Bitten stimmte sie zu. Er selbst nahm acht, ohne zu wissen, wie hoch die tödliche Dosis sein würde, aber überzeugt, daß die Menge, die er für seine Familie und sich selbst vorgesehen hatte, nicht allzu gefährlich war. Außerdem mußte das Risiko unter den Umständen eingegangen werden.
    Er ging zurück in das warme Bett und zog seine weinende Frau an sich. So lagen sie da und warteten auf den Schlaf.
    Irma Bidmead war eine Frühaufsteherin. Mit dreiundsiebzig waren ihre Tage zu kurz, um mit Schlaf vergeudet zu werden. Und ihre Katzen mußten hungrig sein.
    Sie hatte dreizehn Katzen, allesamt Streuner, die sie aufgenommen hatte. Oft ging sie spätabends mit einer Tasche voller Essensreste für die Katzen durch die Seitenstraßen ihres Viertels. Die Katzen kannten ihre kleine, ärmliche Gestalt und ihren zischenden Ruf, wenn sie durch die die dunklen Straßen wanderte, und sie folgten ihr, bis sie fand, daß genug beisammen waren, und haltmachte. Dann fütterte sie die Tiere, sprach zu ihnen, tadelte ihre Gier und lachte über ihre Possen, wenn sie sich hervortun und zuerst gefüttert werden wollten.
    Alle paar Monate wartete ein Lieferwagen an einer bestimmten Stelle, und etwa ein Dutzend Katzen wurde hineingesteckt und zu einem Krankenhaus im Süden Londons gefahren. Der Fahrer des Lieferwagens, mit dem sie eine Vereinbarung hatte, nahm den Löwenanteil des Geldes, das vom Krankenhaus für die Tiere bezahlt wurde, aber sie verdiente noch immer eine hübsche kleine Summe daran. Die Lieferung von Tieren an Institute, die sie für Tierversuche brauchten, war immer ein lohnendes Geschäft gewesen, obwohl der Tierschutzbund und andere Gruppen in ihrem Feldzug gegen Tierversuche massive Unterstützung in der Bevölkerung gefunden hatten. Aber weil Industrie und Forschungsinstitute

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