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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Gesang geleitet hatte, begrüßte ihn mit ausgebreiteten Armen. »Heute ist der Beginn! Stimme mit
    ein in unseren Dank.«
    Holman blickte wachsam umher; die anderen waren aufgestanden und rückten konzentrisch gegen ihn vor.
    »Komm, Bruder. Jetzt ist die Zeit!« Der Mann vor ihm war
    nur einen Schritt entfernt, und Holman war von seiner Größe beeindruckt und ein wenig eingeschüchtert. Er legte zwei
    mächtige Pranken auf Holmans Schultern, und der Gesang
    seiner Gemeinde verstärkte sich. Holman versuchte, sich
    dem Griff zu entziehen, aber der andere packte fester zu.
    Gleichzeitig beugte er sich herab, bis seine Stirn die von
    Holman berührte und flüsterte: »Wenn du versuchst, wegzulaufen, brech' ich dir das Kreuz.«
    Das rauhe Geflüster trug mehr als der Griff um seine
    Schultern dazu bei, daß Holman wie erstarrt dastand und
    keine Bewegung wagte.
    »Auf die Knie, Bruder. Demütige dich, damit du erlöst
    werdest.«
    Holman widerstrebte, aber die breiten Pranken seines Gegenüber sowie die Hände mehrerer Anhänger zwangen ihn
    zu Boden. Der Anführer war mit ihm in die Knie gesunken,
    so daß sie einander noch immer auf derselben Ebene gegenüber waren. Die riesigen Hände blieben auf seinen Schultern, und er sah in dem grobknochigen Gesicht dunkelbraune Augen, die glasig, doch grausam blickten. Speichel rann
    aus einem Mundwinkel. Der Mann hob die Stimme und
    dröhnte: »Ich liebe dich, Bruder! Wir lieben dich!« Und
    dann, wieder im rauhen Flüsterton: »Ich bring' dich um, du
    mieser Scheißer.«
    Er grinste Holman zu, beugte sich über ihn und küßte ihn
    auf die Stirn.
    »Heute ist dein Beginn. Und um für den Neuanfang bereit
    zu sein, mußt du zuerst sterben«, fuhr er fort, während die anderen sich nacheinander über Holman beugten und ihn
    küßten. Dann knieten sie alle ringsum nieder.
    »Ihr — ihr müßt mich gehen lassen«, sagte Holman,
    ängstlich umherblickend. »Ich bin der einzige, der gegen
    den Nebel etwas tun kann.«
    »Den Nebel, Bruder? Es ist kein Nebel. Was du um uns her
    siehst, ist der Geist der Menschheit. Heute ist der Beginn. Der Nebel ist nur das Sein, die Seelen, die bereits ihre
    Reise angetreten haben.«
    »Laßt mich gehen!«
    »Friede sei mit dir! Die Brücke, die du nun beschreiten
    wirst, ist kurz, und der Schmerz, den du fühlen wirst, ist nichts, verglichen mit dem ewigen Glück, das jenseits auf dich wartet.« Und wieder die geflüsterten Worte: »Du wirst
    heute der Fünfte sein, Scheißkerl. Ich werde dir das Genick
    brechen, als wär's ein verdammtes Zündholz.«
    Seine Hände lösten sich von Holmans Schultern und
    wollten seinen Hals umschließen, bevor die dicken Finger
    zufassen konnten, trieb Holman dem anderen die Faust mit
    einem Aufwärtshaken in die Magengrube. Der Schlag hatte
    keine andere Wirkung als daß das Lächeln des Sektenführers in einer gespannten Grimasse erstarrte. Der Mann
    stand auf und zog sein Opfer mit sich in die Höhe, beide
    Hände um seinen Hals geschlossen. Die Finger begannen
    zuzudrücken.
    In seiner Verzweiflung ließ Holman sich schlaff zu Boden
    fallen, dann stieß er nach dem Kerl. Es war ein Glück für
    ihn, daß die Sektenanhänger ringsum noch knieten, denn
    sein Stoß ließ den Anführer rückwärts taumeln und über
    den gebeugten Kopf eines seiner Schäflein stolpern. Sie fielen in einem heillosen Gewurstel zappelnder Arme und Beine zwischen die Knienden, und Holman konnte sich aus
    dem Würgegriff befreien. Er schlug noch einmal mit der
    Faust zu und sah zu seiner Genugtuung, daß aus der Nase
    des Hünen Blut floß.
    Die langen Gewänder der Sektenmitglieder behinderten
    ihre Bewegungen und brachten Holman einen Vorteil. Statt
    sich zu erheben, machte er einen Purzelbaum nach vorn, so
    daß seine Schulter den Kopf des Anführers streifte, der hart
    auf das Pflaster schlug. Seine Füße trafen zufällig die Brust
    eines der weiblichen Mitglieder, sie wurde auf den Rücken
    geworfen und er konnte aufspringen. Hände grabschten
    nach ihm, Stimmen schrien durcheinander, aber er ließ sich
    nicht halten, schlug die Hände fort, stieß halb erhobene
    Körper wieder zurück. Er hörte den großen Kerl brüllen und
    verdoppelte seine Anstrengungen. Gerade als er glaubte,
    sich befreit zu haben, schloß sich eine Hand um seinen Knöchel, brachte ihn zu Fall, so daß er über das Gehsteigpflaster
    gegen die Scheibe eines Restaurants rollte.
    Er rappelte sich auf, so schnell er konnte, aber der Große
    war schon wieder

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