Unheil
immer
Veränderungen und Zubauten vorgenommen. Sollte das
Land jemals in eine Krisensituation kommen, wo der Atomkrieg unausweichlich scheint, werden die wichtigsten Persönlichkeiten hierher kommen. Es gibt einen Tunnel, der direkt zum Parlamentsgebäude führt, einen zweiten, der zum
Buckingham-Palast führt.«
Holman lächelte zynisch. »Gibt es noch mehr Bunker von
der Sorte? Ich meine, für die gewöhnlichen Leute?«
»Äh, darüber weiß ich nichts, Sir. Diese Dinger unterliegen der Geheimhaltung. Ich weiß, daß es in London keinen
anderen gibt, aber ich habe in Manchester einen gesehen
und vermute, daß es in einigen der anderen Großstädten
auch welche geben wird.«
»Aber alle für >besondere< Leute.«
»Nun, sie konnten kaum entsprechende Anlagen für die
gesamte Bevölkerung errichten, nicht wahr, Sir?«
Holman seufzte. »Nein, vermutlich nicht. Aber ich frage
mich, wie man sich qualifiziert, um zu dem Kreis der Auserwählten zu zählen.«
Mason wechselte das Thema. »Wir können jetzt aussteigen«, sagte er.
Holman wurde von einem jungen, selbstsicheren Mann,
der trotz der Krise und der frühen Stunde makellos und geschmackvoll in einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug,
tiefroten Schlips und ein makelloses weißes Hemd gekleidet
war, durch weitere Korridore geführt. Der Mann sprach ruhig und sachlich, erklärte Holman, was während der Nacht
geschehen war und wie man nun versuchte, die Lage zu
meistern. Der Premierminister sei da, zusammen mit den
meisten Kabinettsmitgliedern; sie und die königliche Familie, die sich jetzt sicher in Schottland befinde, seien als erste
gewarnt worden. Der Premierminister habe entschieden, in
London zu bleiben und die Operationen von hier aus zu leiten, denn der Atombunker sei für diesen Zweck ideal geeignet: Er sei undurchdringlich, enthalte praktisch unbegrenzte Vorräte und Hilfsmittel, habe Nachrichtenverbindungen
mit allen Teilen der Welt und einen großen und gut ausgestatteten Lageraum für operative Besprechungen. Er verfüge über eine eigene Energiequelle, sogar eine eigene Telefonvermittlung, die sich als unbezahlbar erwiesen habe, als
das Londoner Fernsprechnetz zusammengebrochen sei
(Holman begriff jetzt, daß es ihnen auf diese Weise gelungen war, ihn zu erreichen). Die Armee habe außerhalb Londons mobile Einsatzkräfte zusammengezogen, die sich für
jede von ihnen abverlangte Aufgabe bereithielten, aber die
meisten Stabschefs befänden sich hier im Atombunker und
bemühten sich, einen Aktionsplan auszuarbeiten. Auch Professor Ryker sei hier, mit vielen anderen bekannten Wissenschaftlern, und man arbeite bereits intensiv an einer neuen Theorie Rykers über das rapide Wachstum des Nebels, das mögliche Hinweise auf seine Entstehung und genaue Zusammensetzung gebe. Ferner sei Janet Halstead mit ihrer medizinischen Forschungsgruppe und einigen Opfern gekommen, die sie in Behandlung gehabt habe. Überhaupt habe man zahlreiche Fachleute und Spezialisten der verschiedensten Bereiche in den weitläufigen unterirdischen Komplex gebracht, von Ärzten bis zu Geistlichen, von Naturforschern bis zu Zimmerleuten und Klempnern; alle seien selbstverständlich schon vorher als unentbehrlich fürs Überleben eingestuft gewesen (die meisten ohne ihr Wissen), und ihre Namen und Anschriften befänden sich auf einer Liste, die alle drei Monate überprüft werde.
Im Weitergehen sah Holman viele bekannte Gesichter,
bekannt jedoch nur, weil er sie in den Medien gesehen hatte. Er wunderte sich, von welchem möglichen Wert die meisten dieser Leute in der gegenwärtigen Situation sein konnten. Der Umstand, daß die meisten zu den sehr Reichen
zählten, machte ihn äußerst argwöhnisch. Hatten sie sich
den Zutritt erkauft? Oder hatten sie hohen Regierungsbeamten gewisse Gefälligkeiten erwiesen, um eine Eintrittskarte zum Überleben am Tag des Weltuntergangs zu erhalten?
Viele der anwesenden Männer und Frauen schienen verwirrt, viele wie betäubt. Mit aschfahlen Gesichtern, viele der
Frauen in Tränen, starrten sie ihn verständnislos an, als er
mit seinem Begleiter vorüberging, hofften vielleicht einen
Freund oder Verwandten wiederzuerkennen oder beneideten ihn, weil er ein Ziel zu haben schien, eine Aufgabe. »Wie ist es Ihnen gelungen, so viele Leute rechtzeitig hierher zu bringen?« fragte er seinen jungen Begleiter.
»Eine Entscheidung wurde getroffen«, war die knappe
Antwort.
»Welche Entscheidung?«
»Es wurde eingesehen, daß
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