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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Gewiß, nicht immer führten seine Informationen zu angemessenen Maßnahmen, tatsächlich blieben sie sogar, wie er zögernd einräumte, in fünfzig Prozent aller Fälle ohne Konsequenzen, aber wenn er Erfolg hatte, empfand er tiefe Genugtuung. Holman nannte ihn einen kommunistischen Infiltrator, und McLellan räumte lachend ein, daß es wahr sei, ob- wohl beide wußten, daß dies natürlich nicht stimmte. Wenn sie zusammenarbeiteten, genossen sie ihre kameradschaftliche Gemeinsamkeit, McLellan, weil er die Gelegenheit hatte, für kurze Zeit das Junggesellenleben zu führen, Holman, weil ihm der trockene Humor des Schotten gefiel.
    »Spiers will dich sprechen«, sagte Mac schließlich, nach- dem er sich überzeugt hatte, daß Holman wenigstens körperlich in Ordnung zu sein schien. »Er rief um halb neun an und wollte wissen, wo zum Henker zu steckst.«
    Holman ging an seinen Schreibtisch und setzte sich, blätterte rasch die Briefe und Memoranden durch, die sich während seiner Abwesenheit angehäuft hatten.
    »Nichts verändert sich, nicht wahr«, bemerkte er bei der Durchsicht eines Stapels grauer Berichtsblätter. »Du bist ei- ne Woche fort und denkst, alles hätte sich in dieser Zeit verändert; du kommst zurück, fühlst dich wie ein Fremder, und innerhalb von fünf Minuten steckst du wieder in der alten Routine.«
    »Ja, gut, ich an deiner Stelle würde in die alte Routine verfallen, sofort zu Spiers zu gehen.«
    »Richtig. Wir sehen uns später, Mac, dann nehme ich den Rest der Woche frei.«
    »Glückspilz«, grinste Mac, aber dann verging sein Lächeln. »Ich bin froh, daß alles mit dir in Ordnung ist, John. Spiers sagte nicht viel darüber, aber ich konnte daraus entnehmen, daß du eine harte Zeit durchgemacht hast. Laß es ruhig angehen.«
    »Klar, Mac. Danke.«
    Holman zwinkerte Mrs. Tribshaw zu, als er durch das Vorzimmer schritt, hob die Hand, um ihre besorgten Fragen abzuwehren, und stieg die Treppe hinauf zum neunten Stock, wo Spiers sein Büro hatte.
    »Ist er da?« fragte er die Sekretärin, die erschrocken von der Schreibmaschine aufblickte.
    »John! Geht es Ihnen besser?« Ihre offensichtliche Freude, ihn zu sehen, brachte ihn etwas in Verlegenheit.
    »Es geht mir gut. Ist er da?«
    »Wie? Ach ja, Sie können gleich hineingehen. Was ist passiert, John? Wir hörten, daß Sie in dieses schreckliche Erdbeben hineingeraten sind.«
    »Ich erzähle es Ihnen später.« Er klopfte an und betrat Spiers Büro.
    Spiers sah von seinen Papieren auf und musterte ihn durch dicke Brillengläser. »Ah, John. Fühlen Sie sich gut? Fein. Nehmen Sie Platz, ich habe gleich Zeit für Sie.«
    Holman setzte sich und betrachtete die Glatze seines Chefs, als dieser sich wieder über seine Papiere beugte. Schließlich schob Spiers sie zusammen und legte sie in einem sauberen Stoß auf die Seite.
    »Nun, John«, sagte er und sah Holman durchdringend an. »Ich habe Ihre Filme entwickeln lassen und die Kontakte überprüft. Es scheint da einige Unstimmigkeiten zu geben, aber sie betreffen uns nicht. Nun, die Aufnahmen von der Landschaft innerhalb des Sperrgebietes sind sehr interessant, aber darauf komme ich später zu sprechen. Zuerst möchte ich, daß Sie mir noch einmal Ihre Eindrücke von dem Erdbeben schildern, von Anfang an, ohne etwas aus- zulassen.«
    Holman berichtete ihm, doch als er den Punkt erreichte, wo er das Mädchen gerettet hatte, ließ ihn sein Gedächtnis im Stich.
    Spiers stützte sich mit den Ellbogen auf den Schreibtisch. »John, versuchen Sie zu überlegen. Hörten Sie eine Explosion, bevor die Erde sich öffnete?«
    »Nein, bestimmt nicht. Ich hörte das Grollen, wie von einem Gewitter, und dann das Bersten, als der Spalt sich öffnete, aber ich bin sicher, daß dem keine Explosion voraus- ging.«
    Spiers ließ sich zurücksinken, nahm die Brille ab und bedrückt von der Zurechtweisung, nutzte die Pause, um nach- zustoßen.
    »Hauen wir sie in die Pfanne, ausnahmsweise! Wenn die Armee verantwortlich ist, darf es nicht vertuscht werden! Brechen wir ihr die Knochen, machen wir —«
    Spiers schien die Fassung wiederzugewinnen und sagte: »Bewahren wir einen kühlen Kopf. Es ist nichts zu gewinnen, wenn —« Wieder verstummte er mitten im Satz.
    Ohne in seinem Zorn die Veränderung zu bemerken, die in seinem Chef vorzugehen schien, wütete Holman weiter, bis es nicht mehr möglich war, den leeren, abwesenden Blick Spiers zu ignorieren.
    »Was ist los?« fragte Holman. »Ist Ihnen nicht gut? Was —«

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