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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Erdbeben, den Nebel und Caseys Entscheidung weit von sich. Es war nicht seine Art, Problemen auszuweichen, aber bisweilen fand er es praktisch, sie zurückzustellen und sich später vorzunehmen. Seine Stimmungen wechselten so leicht wie die Lichter der Verkehrsampeln, eine Eigenschaft, die Casey manchmal schätzte, manchmal haßte und meistens verwirrend fand. Weil auch sie Erleichterung nötig hatte,- zeigte sie sich dies- mal dafür empfänglich.
    »Weißt du, eine Woche in diesem Krankenhaus, und da- vor hatten wir uns auch tagelang nicht gesehen...« Er sah sie lächelnd an.
    »Ja?« Sie lächelte zurück.
    »Also, ich komme mir schon ein bißchen wie ein Mönch vor. Zöbilat.«
    »Das ist gut für dich.«
    »Ich könnte blind werden.«
    Sie lachte und sagte: »Ich dachte, du brauchtest Ruhe?«
    »Ganz recht. Laß uns zu Bett gehen.«
    »Versprich mir eins.«
    »Alles.« Er begann ihr die Bluse aufzuknöpfen und wurde ungeduldig, als der zweite Knopf hängenblieb. Sie tat es für ihn.
    »Versprich mir, daß du morgen zurückkommen wirst, nachdem du mit Spiers gesprochen hast. Du wirst dir nicht gleich wieder einen Auftrag aufhalsen.«
    »Du beliebst zu scherzen. Ich nehme mir den Rest der Woche frei, und wenn das ganze Land entzweigeht!«
    Er zog ihr die Bluse aus dem Rock und umfaßte ihre Brust mit einer Hand, steckte einen Finger in das Spitzenmaterial ihres Büstenhalters.
    »Was ist mit dir?« fragte er. »Du wirst dir nicht mehr frei- nehmen können, nicht wahr?«
    »Und ob ich werde«, antwortete sie, als sie ihm das Hemd aufknöpfte. »Ich bin entlassen worden.«
    Seine Hand kam zur Ruhe.
    »Was?«
    »Als ich den Chef anrief und ihm sagte, daß ich die Woche in deiner Nähe bleiben würde, antwortete er höflich, daß ich nicht wiederkommen solle; er würde mich ersetzen.«
    »Der Bastard!«
    Sie lachte. »In einer Weise ist es eine Erleichterung. Ich glaube, er war eifersüchtig, weil ich so beliebt war.«
    Holman stand auf und warf sein aufgeknöpftes Hemd beiseite. »Ich glaube, du brauchst Trost«, sagte er, nahm sie bei der Hand und führte sie ins Schlafzimmer.
    Holman schlenderte die Marsham Street entlang, freute sich über das geschäftige Treiben und war froh, nach der gedämpften Abgeschlossenheit des Krankenhauses wieder unter normalen, aktiven Menschen zu sein. Sie strömten in die Bürohäuser wie Ameisen in Spalten unter einem Stein, vertauschten bedauernd die helle Morgensonne mit dem künstlich-grellen Schein von Leuchtstoff röhren, und kamen nach der erzwungenen Passivität während der Fahrt zur Arbeit allmählich wieder in eine aktive Phase. Holman betrat das Halbdunkel des weitläufigen Ministeriums und nahm den Aufzug zum achten Stock. Er begrüßte Mrs. Tribshaw, eine farbige Sekretärin mittleren Alters, die für ihn und einen Kollegen arbeitete, versicherte ihr, daß er nach seinem Mißgeschick mit dem Erdbeben bei bester Gesundheit sei, betrat sein Büro und schloß die Tür, um ihren aufgeregten Fragen nach dem Ausmaß seiner Verletzungen zu entgehen.
    »Hallo, John.« Sein Kollege, ein munterer Schotte mit nur leichtem Akzent, blickte auf und begrüßte ihn mit verschmitztem Lächeln. »Was, zum Teufel, ist mit dir geschehen?«
    »Das ist eine lange Geschichte, Mac. Ich werde sie dir bei einem Gläschen erzählen, wenn wir etwas Zeit haben.«
    McLellan musterte ihn weiterhin mit vieldeutigem Lächeln. Sie hatten oft zusammengearbeitet und wußten, daß sie sich in kitzligen Situationen aufeinander verlassen konnten. McLellan war etwas älter als Holman, aber auch etwas idealistischer. Obgleich er vorgab, Holman um dessen Jung- gesellenleben zu beneiden, genoß er in Wirklichkeit sein Familienleben. Drei Kinder — zwei Jungen, ein Mädchen —, eine temperamentvolle, aber gutmütige rothaarige Frau, und eine Doppelhaushälfte im besseren Teil von Wimbledon; nicht sehr viel, mochte mancher einwenden, aber er war damit zufrieden. Die Arbeit war seine einzige Abwechslung. Während Holman als Junggeselle die riskanteren Auf- träge erledigte, übernahm McLellan meistens diejenigen, die eine gewisse Raffinesse erforderten. Oft erklärte er Holman lachend, daß die Arbeit ihm Spaß mache, weil er, ein kleiner Mann aus Glasgow, mithelfen könne, die arroganten, geldgierigen, Giftmüll erzeugenden Kapitalisten zur Räson zu bringen. Oder daß er, ein bescheiden bezahlter, unterprivilegierter Staatsdiener, Fehler in den zerstörerischen Plänen seiner eigenen Regierung finden könne.

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