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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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den Schenkel. Dabei war er ganz und gar nicht betrunken; der Whisky im Tee war sein gewohntes Pausengetränk am Vormittag. Diesmal wird der alte Käpt'n Hook dafür bezahlen. Erkannte mich nicht, als er ins Internat kam, aber ich erkannte ihn sofort. Ich war damals bloß Gefreiter und er ein Klugscheißer von einem Hauptmann, aber in einer Kaserne spricht sich so was schnell herum. O ja, wir wußten über ihn Bescheid.
    Er dachte zurück an die alten Tage: an den riesigen Kasernenkomplex von Aldershot, den rauhen Ausbildungsort für Tausende von Rekruten. Damals hatte Spannung in der Luft gelegen; der Krieg war in sein drittes Jahr gegangen, jede Woche wurden mehr und mehr Soldaten nach Nordafrika und Indien verschifft, und jede Woche schienen sie jünger und unerfahrener zu sein. Hodges war Gefreiter in der Mannschaftsküche und war froh, den Krieg auf einem gemütlichen Druckposten hinter sich bringen zu können. Er wußte von Hauptmann Summers, hatte die Gerüchte über ihn gehört und sich zusammen mit seinen Kumpeln das Lachen verbeißen müssen, wenn er mit seiner Wespentaille an ihnen vorbeistolziert war. Und sie hatten ihm mit dem gekrümmten kleinen Finger nachgewinkt, wenn er vorbei war und bevor sie die Hände von der Ehrenbezeigung heruntergenommen hatten. Natürlich war Summers nicht der einzige gewesen; in einem Kasernenkomplex dieser Größe, und mit so vielen unerfahrenen jungen Männern, war Homosexualität nicht allzu ungewöhnlich. Gewiß, die meisten hatten sie verhöhnt und verabscheut, aber viele hatten sich insgeheim den unerlaubten Freuden hingegeben. Hodges hatte es selbst einmal probiert, aber für seinen Geschmack >zu sehr wie verdammt harte Arbeit< empfunden. Das, wie Gerüchte wissen wollten, >Bromid im Tee< schien nicht viel zu helfen. Oft hatte er während des Nachtdienstes bei dem Gedanken an all die heimlich zu den Sternen gereckten Schwänze überall in den Kasernen und Baracken schmunzeln müssen.
    Summers hatte sich dann eines Tages an den falschen Rekruten herangemacht. Er hatte pausbäckig und mädchenhaft genug ausgesehen, aber zu spät hatte der Hauptmann entdeckt, daß er es mit einer Bande von ausgekochten jugendlichen Strolchen und Raufbolden aus Nordlondon zu tun hatte, deren Mitglied sein Auserwählter war. Dieser Junge, obschon nur einfacher Rekrut, hatte ihm frech ins Gesicht gesagt, wohin er gehen und was er mit sich selbst tun solle und sich nicht gescheut, Summers zu erpressen, um sich und seinen Freunden besondere Vergünstigungen und zusätzliches Taschengeld zu verschaffen.
    Als der Junge nur wenige Wochen später erfuhr, daß er einem für Nordafrika bestimmten Ersatzbatallion zugeteilt worden war und argwöhnte, daß Summers hinter dem Arrangement stecke, hatten er und drei von seiner Bande dem Hauptmann eines Nachts an einem ruhigen Abschnitt der Zufahrtstraße aufgelauert, da sie wußten, daß Summers allein auf seinem Fahrrad zum Kasernenkomplex zurückkehren würde. Er hatte oft Verabredungen mit jungen Männern in der Stadt oder traf sich dort mit Soldaten, stets kehrte er allein auf dem gebrauchten Fahrrad zurück, das er gekauft hatte, um nicht den Bus nehmen oder einen seiner motorisierten Offizierskameraden um Mitnahme bitten zu müssen. Die Gruppe wartete geduldig, trank Bier und brachte sich mit Schilderungen, was sie dem Hauptmann antun würden, wenn sie ihn erwischten, in Stimmung.
    Und dann, nach einer Stunde, sahen sie ihn die dunkle Straße entlang auf sich zukommen. Sie warteten, bis er auf gleicher Höhe mit ihnen war, dann sprangen sie aus ihrem Versteck, stießen ihn vom Rad und fielen über ihn her. Wortlos begannen sie in brutaler Bösartigkeit auf ihn einzuschlagen, wobei sie darauf achteten, daß er keinen von ihnen erkennen konnte. Seine Schreckens und Schmerzensschreie wurden durch einen Fußtritt in seine Kehle zum Verstummen gebracht. Er zog die Beine an und versuchte, seinen Kopf mit den Armen zu schützen, aber die ständigen Fußtritte und Faustschläge zwangen ihn zu dem Versuch, davonzukriechen. Auf einmal hörten sie durch das Stöhnen ihres Opfers das Motorengeräusch eines sich nähernden Lastwagens und sahen in geringer Entfernung die schmalen Lichtschlitze der verdunkelten Scheinwerfer. Summers nutzte die plötzliche Unterbrechung der Mißhandlungen, um sich aufzurappeln und über die Straße zu wanken. Auf der anderen Seite fiel er mehr über einen Zaun, als daß er ihn überstieg, bevor die Strolche merkten, was geschehen

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