Unheil
würde man uns auslachen; schlimmstenfalls würde im Land eine Panik ausbrechen. Und zu welchem Zweck? Wie, wenn der Nebel sich inzwischen aufgelöst hätte? Wenn er jetzt unwirksam geworden wäre? Und wie, wenn sich herausstellen sollte, daß es überhaupt nicht am Nebel liegt, daß die Geschehnisse, die sich ereignet haben, zufällige Vorkommnisse ohne eine gemeinsame Ursache sind? Was dann, Mr. Holman? Werden Sie die Verantwortung übernehmen?«
Holman sprang auf und schlug mit der Hand auf den Schreibtisch. »Wir können nicht untätig herumsitzen!«
»Ich habe Ihnen gesagt, wie ich verfahren werde«, erwiderte Wreford mit deutlicher Ungeduld. »Jetzt setzen Sie sich bitte, und versuchen Sie, vernünftig zu sein. Denken Sie darüber nach, Mr. Holman. Wir haben nur Ihre Aussage in bezug auf den Nebel, und lassen Sie mich offen sein, Sie wurden erst vorgestern aus dem Krankenhaus entlassen, nachdem Sie allem äußeren Anschein nach einen Nervenzusammenbruch erlitten hatten. Haben Sie Geduld mit mir, lassen Sie mich die Fakten zusammenstellen, bevor ich eine Position vertrete. Wie die Dinge liegen, habe ich meine Kompetenzen bereits überschritten, indem ich im gesamten Westen des Landes volle Alarmbereitschaft anordnete. Wenn meine Vorgesetzten am Morgen davon hören, wird es eine Menge Verdruß geben.«
»Mir bleibt nichts übrig, als mich zu gedulden, nicht wahr?« sagte Holman. »Also gut. Aber jetzt möchte ich Casey sehen. Ich möchte sie im Krankenhaus besuchen.«
Wreford lächelte freundlich. »Natürlich, aber mir wäre es lieber, Sie blieben hier.«
»Was soll das heißen?« fuhr Holman auf.
»Ich brauche Sie hier. Lassen Sie Inspektor Barrow im Krankenhaus anrufen und fragen, wie es ihr geht. Um diese frühe Stunde würde man Sie sowieso nicht zu ihr lassen.« Wreford nickte dem jüngeren Beamten zu, der wortlos den Raum verließ.
»Ich bin überzeugt, daß Sie unsere Lage verstehen«, sagte Wreford.
»Ganz gewiß nicht«, erwiderte Holman.
Wenige Augenblicke später kehrte Barrow mit besorgter Miene zurück. Er ignorierte Holman und ging um den Schreibtisch des Chefinspektors herum, um Wreford ins Ohr zu flüstern.
»Was gibt es jetzt?« wollte Holman wissen.
»Es ist schon gut, Mr. Holman«, sagte Wreford beschwichtigend. »Inspektor Barrow hat das Krankenhaus angerufen und die Auskunft erhalten, daß Miß Simmons gestern in den späten Abendstunden in die Obhut ihres Vaters entlassen worden ist.«
Holman starrte ihn verblüfft an.
Wreford zuckte verlegen mit der Schulter. »Tut mir leid. Anscheinend blieb ihnen nichts anderes übrig. Das Mädchen schien vollkommen in Ordnung, wenngleich ein wenig benommen, und ihr Vater bestand darauf, sie mit nach Haus zu nehmen, trotz der Bedenken der Ärzte. Man hätte sie gern noch eine Weile beobachtet, aber unglücklicherweise konnten sie das Mädchen nicht daran hindern, fortzugehen, da der Vater die volle Verantwortung auf sich nahm.«
Der blaugrüne Rover fuhr schnell durch die wenig belebten Straßen nach Highgate. Seine drei Insassen verharrten in grimmigem Schweigen. Holman starrte aus dem Wagenfenster, ohne viel zu sehen; die Sorge um Casey beschwerte seinen müden Geist, und dazu gesellte sich ein Übelkeitsgefühl im Magen. War sie wieder gesund? Hatte die Wirkung des Gases sich verflüchtigt? Tatsächlich war sie ihm nicht allzulange ausgesetzt gewesen.
Barrow saß neben ihm in der Dunkelheit, genauso müde wie Holman, aber wachgehalten vor allem durch eine Mischung von Skepsis und Neugier. Es war zweifellos ein ungewöhnlicher Fall, und er konnte noch immer nicht ganz glauben, daß Holman nicht verrückt war. Der Mann machte zweifellos einen merkwürdigen Eindruck, doch konnte man nicht sagen, daß er tobte oder dummes Zeug redete. Und seine unglaubliche Geschichte entbehrte allem Anschein nach nicht einer gewissen Logik. Man mußte Abstand halten, sonst war man allzuleicht geneigt, sie zu akzeptieren. Erst wenn man die ganze Angelegenheit aus der Distanz objektiv betrachtete, wurde einem klar, wie lächerlich sie war. Ein Glück, daß Wreford die Verantwortung übernahm und daß er selbst nur Befehle ausführen würde. Scharfsinnig und umsichtig war Wreford, das stand außer Frage. Aber es war ein schwerer Fehler gewesen, diesem Schwindler zu glauben! Er hatte seine Kompetenzen zwar ausgenutzt, aber nicht in dem Umfang wie es möglich gewesen wäre. Wreford hatte die örtlichen Polizeikräfte alarmiert, aber nur in dem Sinne, daß sie
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