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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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aber das erzähle ich Ihnen, nachdem Sie das Mädchen gesehen haben.«
    Als Holman Caseys Zimmer betrat, saß sie, von zwei Kissen gestützt, im Bett und sprach mit Janet Halstead. Ihr Gesicht leuchtete auf, als er zur Tür hereinkam, und im nächsten Augenblick lagen sie einander in den Armen und Holman bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. Janet lächelte Barrow zu, und sie verließen diskret den Raum.
    »Du bist gesund!« lachte Holman überglücklich, als er sich endlich aus ihrer Umarmung löste.
    »Ja, ja, ich bin gesund.«
    »Erinnerst du dich an etwas?«
    Ihr Gesicht wurde ernst, sie vermied es, ihn anzusehen. »An einiges, John. Ich erinnere mich, daß ich versuchte, dich umzubringen.«
    Er zog sie an sich und sagte nichts.
    »Es ist alles ganz verschwommen«, fuhr sie fort. »Verschiedene Bilder gehen mir durch den Sinn, alle durcheinander, nichts davon wirklich. Mein Vater — « Sie verstummte.
    »Casey«, fing Holman an, »du mußt nicht —«
    »Er ist tot, nicht wahr?«
    Holman schwieg bestürzt. Sie erinnerte sich daran? Zuletzt sagte er: »Ja, Casey, er ist tot.«
    »Er war nicht mein Vater.«
    Wieder wußte Holman nicht, was er sagen sollte.
    »Er sagte es mir, John, kurz bevor ich ihn tötete. Er sagte mir, daß er mich wie ein Vater geliebt habe... sogar mehr als ein Vater. Das ist wahr, und ich —« Sie begann zu weinen, und ihr Körper zitterte, aber es waren Tränen der Trauer und nicht selbstquälerischer Reue. »Ich fühle es noch nicht. Der Gedanke ist mir schrecklich, und ich trauere um ihn, aber aus irgendeinem Grund geht es mir nicht so nahe wie es eigentlich sollte. Warum nur, John? Bin ich noch verrückt?«
    Sie blickte flehentlich zu ihm auf. »Sag mir, John, bin ich noch geisteskrank?«
    »Nein, Liebling«, sagte er und nahm ihr Gesicht in die Hände. »Denk jetzt nicht darüber nach. Du hast zu viel durchgemacht. Deine Natur schützt dich. Der Schmerz wird dich früh genug finden. Geh nicht auf die Suche nach ihm.«
    Sie weinte und barg den Kopf an ihm, geschüttelt vom Schluchzen. Er hielt sie fest umfangen, wußte, daß ihr allmählich klar wurde, was passiert war.
    »Ich liebte ihn! Ich liebte ihn so sehr! Wie kann ich damit leben?«
    »Es war nicht deine Schuld, Casey. Du warst für deine Handlungen nicht verantwortlich.«
    »Und du, John. Ich versuchte, dich zu töten. Kannst du mir vergeben?«
    »Ich sagte dir schon, Liebling, du warst nicht verantwortlich.«
    »Bin ich jetzt wirklich gesund? Wird es sich nicht wiederholen?«
    »Natürlich bist du gesund? Und ich werde dir helfen, es zu vergessen, Casey. Das verspreche ich dir.«
    Es würde viel Zeit erfordern, die Wunden zu heilen, die sie sich selbst zugefügt hatte, aber er wußte, daß sie stark genug war, um darüber wegzukommen. Niemand konnte wissen, wie es ausgehen würde; alles lag bei Casey, und er konnte ihr nur helfen und versuchen, einen Teil jener Liebe zu ersetzen, die sie verloren hatte.
    Er sprach ruhig zu ihr, und die Eindringlichkeit seiner Worte drang allmählich in ihr Bewußtsein, so daß sie endlich anfing, mit anderen Gefühlsregungen als Selbstvorwürfen und Selbstmitleid zu reagieren. Ihr Interesse an äußeren Dingen erwachte.
    »Was wird jetzt geschehen?« fragte sie ihn, nachdem er von seinen Erlebnissen berichtet hatte.
    »Sie wollen, daß ich wieder in den Nebel gehe, um Mykoplasmen einzufangen.«
    »Warum? Und warum du?«
    Er erklärte ihr in Kürze, wie es zu seiner Immunität gekommen sei, und daß auch sie jetzt immun sein würde, daß sie aber die bislang einzigen seien, von denen dies mit einiger Sicherheit gesagt werden könne. Sein Erlebnis vom Vormittag streifte er nur mit wenigen Worten, um ihr nicht Anlaß zu größerer Sorge zu geben, und beschränkte sich auf die Erläuterung, daß es ihm nicht gelungen sei, den Kern ausfindig zu machen.
    Sie lauschte bang, schüttelte dann und wann ungläubig den Kopf, nur wenig beruhigt durch seine Versicherung, daß sie jetzt wahrscheinlich immun sei.
    Zuletzt wurde ihre Zweisamkeit von Janet Halstead beendet, deren gezwungenes Lächeln ihre Müdigkeit verriet.
    »Wir haben noch ein paar Untersuchungen zu machen, Miß Simmons, und dann sollten Sie noch ruhen. Und Ihnen, Mr. Holman, soll ich ausrichten, daß Ihr Polizist Sie sprechen möchte.«
    Holman küßte Casey und versprach ihr, so bald wie möglich wiederzukommen. Casey wollte ihn bitten, nicht mehr in den Nebel zu gehen, sondern in ihrer Nahe zu bleiben, bis sie entlassen würde, sah aber ein,

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