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Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien

Titel: Unheilige Gedanken auf dem Heiligen Weg, mein Jakobsweg quer durch Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Milde
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los sei. Als ich ihm sage, dass mir so kalt sei, dass ich nicht einschlafen könne, bietet er mir an, die Schlafsäcke zu tauschen. Er hätte einen Daunenschlafsack, der ihm eh viel zu warm sei. Gott sei Dank ist auch noch anderweitig Unruhe im Schlafsaal, so dass die Unmutsbezeugungen nicht nur uns gelten, beim "Reißverschluss auf und Reißverschluss zu" unserer Schlafsack-Tauschaktion. Ich bin sehr dankbar, als ich die Wärme spüre und sinke selig in sanften Dämmer.

Wo ist mein Jakobsweg hin verschwunden?
    Es ist der 23. Mai 2004 und ich bin 647 Kilometer in 26 Tagen gelaufen. Eine beachtliche Leistung, wie ich finde. Ich klopfe mir gedanklich auf die Schulter und lobe mich ein bisschen. Heute geht es zum Cruz de Ferro auf die Montes de León, eine der eindrucksvollsten Etappen und von mir schon sehnsüchtig erwartet. Hier legen Pilger aus aller Welt kommend einen Stein ab, den sie von zu Hause mitgebracht haben, oder auch unterwegs gefunden haben. Dieser Stein dient als Symbol, vergangene Last und begangene Sünden hier loszulassen. Ich kann es kaum erwarten, dort anzukommen und quengle, weil Freddy nicht so schnell unterwegs ist, wie ich es gerne wäre. Ich traue mich jedoch nicht, ihm einfach "adiós" zu sagen und von dannen zu ziehen. Zu dankbar bin ich dafür, dass ich seinen Schlafsack behalten darf und zu sehr habe ich die Idee im Kopf, ihn nicht allein lassen zu können, nachdem er sich ja quasi wegen mir auf diesen Weg gemacht hat.
    Jetzt ist er gekommen, der magische Moment. Ein kurzer Anstieg bringt uns zur Passstraße, der wir folgen, bis das Cruz de Ferro vor uns auftaucht. Auf einem riesigen Steinhaufen steht der hohe Stamm mit dem eisernen Kreuz oben drauf. Auch der Stamm besteht inzwischen innen aus Metall, da er über die langen Jahre schon mehrfach zusammengebrochen war.
    Wir haben Glück und es sind nur ein paar wenige Pilger gleichzeitig mit uns an diesem magischen Ort. So lasse ich mir bewusst Zeit, als ich meinen Stein, als Zeichen althergebrachter Last, zu den Tausenden von Steinen lege. Nicht nur Steine liegen da. Auch Halstücher sind um den Stamm gewunden und sonstige Gegenstände wie kleine Püppchen, Schlüsselanhänger und anderer Krimskrams zieren diesen besonderen Ort.
    Ich bin ergriffen. Tränen stürzen mir aus den Augen und ich verstehe selbst nicht, was gerade mit mir passiert. Ich bin so unglücklich und wollte gerade hier so glücklich sein. Dieses Cruz de Ferro wollte ich unbedingt sehen. Ja, geradezu dringlich war mein Verlangen, zu diesem Ort zu gelangen. Und jetzt, da sich mein Wunsch erfüllt hat, ich meinen Stein abgelegt habe, packt mich der Katzenjammer. Was ist nur los mit mir? Wie aus dem Nichts taucht Moni auf und nimmt mich liebevoll in den Arm. Ich heule jetzt an ihrer Schulter und vermag es nicht, die Tränenflut zu stoppen. Beruhigend streichelt sie mir über den Kopf. Da bricht es aus mir heraus: "Immer achte ich auf die Anderen. Meine eigenen Bedürfnisse stelle ich hinten an, dass ich nur niemandem zur Last falle. Ich darf nicht nerven, nicht anstrengend sein und weiß, dass ich es doch bin." Ich erinnere mich an eine Lehrerin, die mich einmal in einem Training aufforderte: "Wage es, dich zuzumuten!" Moni lächelt mir verständnisvoll zu. Sie kennt das aus ihrem Leben. Und ich begreife, dass ich meinen Jakobsweg aufgegeben habe, um Freddy nicht zu verletzen und vor den Kopf zu stoßen.
    Diese Erkenntnis hilft mir jetzt auch nicht wirklich weiter. Ich habe keine Ahnung, wie ich daran etwas ändern soll. Da sagt Moni einer plötzlichen Eingebung folgend: "Ich habe einen schönen Text für Dich, der jetzt gut passt. Ich schreib ihn für Dich auf." Dankbar nicke ich ihr mit meinem tränennassen Gesicht zu und setze mich erschöpft auf eine nahe Bank. Freddy setzt sich zu mir, ratlos, was er mit mir anfangen soll. Ich bitte ihn, mir einfach etwas Zeit zu lassen.
    Hier die Zeilen, die Moni für mich aufgeschrieben hat. "Danke, Moni, danke!"
    "Der Engel des Aufbruchs
    Der Engel des Aufbruchs begleite dich, wenn du an alten Gewohnheiten klebst, weil es viel einfacher ist, dich nicht zu verändern.
    Wecke er Lust und Neugier auf Veränderung in dir.
    Wenn du das Risiko scheust und die Zukunft dir Angst macht, bewahre er dich vor der Selbstlüge, du seist mit allem fertig und schon längst am Ziel.
    Er wecke Mut in dir, unbekannte Wege zu gehen. Er lasse die Hoffnung wachsen, dass Dein Leben noch Überraschungen bereit hält.
    Er stärke die Gewissheit, dass du das

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