Unheiliger Engel (German Edition)
chen fünf Schalttagen 365 Tage im Jahr. Der Unterschied zu der aktuellen Zeitrechnung war gering, aber verblüffend, denn der Haab war sogar präziser als der Gregorianische Kalender. Die Kombination von Tzolkin und Haab ergab die sogenannte Kalenderrunde, die 52 Jahre anda u erte und mit dem jetzigen Jahrhundert zu vergleichen war. Während der Fo r schungsarbeiten an dem Mayakalender fanden Wissenschaftler eine weitere D a tumsangabe, die sich die ‚ Lange Zählung ‘ nannte und sich als Schlüssel des ko m plexen Kalendersystems erweisen sollte. Die ‚ Lange Zählung ‘ setzte mit der m y thischen Maya-Schöpfung im Jahr 3114 v. Chr. ein, dauerte 5125 Jahre an und endete im Dezember 2012.
Sergej stand auf und ging ein paar Schritte, denn seine angespannte Haltung verkrampfte seinen Körper. Lange konnte er sich dem Thema allerdings nicht entziehen und recherchierte weiter, während Elaine unter die Dusche gesti e gen war. Die Verlockung, sie unter der Dusche zu überraschen war verführ e risch, aber Sergej wollte ihr eine Pause gönnen. Seinen Hunger auf sie würde er später stillen. Hoffentlich hatte er noch Zeit, das Unvermeidliche abz u wenden, bevor die destruktiven Kräfte in ihm … Er verscheuchte diese G e danken und widmete sich erneut der Lektüre.
Anhänger der Maya-Prophezeiung glaubten, in den vergangenen großen N a turkatastr o phen Hinweise auf den bald eintretenden Weltuntergang zu erkennen. Unweigerlich musste Sergej an all die schlimmen Ereignisse der vergang e nen Monate und Jahre denken. Da waren zum Beispiel der Hurrikan Katrina, Vu l kanausbrüche, das Erdbeben in Japan, Tsunamis, Überschwemmungen, Dü r ren, Brände, Aufstände und Kriege. Er dachte auch an die toten Vögel, die zu Hu n derten vom Himmel gefallen waren. Ihr plötzliches Sterben wurde niemals au f geklärt. Sollte es wirklich möglich sein?
Er lehnte sich zurück. Die Menschen und auch er waren oft unbedacht in i h rem Tun, sie hatten schlichtweg nicht auf die vielen Zeichen geachtet, was schon Michael bemängelt ha t te. Was Sergej noch mehr irritierte , war das, was er etwas später unter dem Eintrag der ‚ Codex Dresdensis ‘ entdeckte, einer von vier erha l tenen Mayahandschriften, die im 16. Jahrhundert vor der Zerstörung durch sp a nische Missionare gerettet werden konnten. In erster Linie gab die Handschrift Aufschluss über die Zeitrechnung der Maya, doch die letzte Seite illustrierte den prophezeiten Weltuntergang. Herbeigeführt wurde die Katastrophe demnach durch eine Sintflut, dargestellt in Form eines w a s serspeienden Drachen und einer alten, feindlichen Wassergöttin. Sergej dac h te unweigerlich an das Tattoo, das er auf dem Rücken trug, den wilden Drachen. Eine wahnwitzige Idee, de n noch …
Warum hat te Anna behauptet, dass alles nur auf ihn hinweise und dass er wic h tig sei für ihr Tun? War er vielleicht ein Zeichen für diesen Drachen? Das war w irklich zu unglau b lich und an den Haaren herbeigezogen, aber seine Gedanken schlugen Purze l bäume.
Auch wenn es keine Apokalypse geben würde, von Gott gewollt, was kön n ten Dämonen und ihre menschlichen Anhänger, die daran glaubten und darauf hi n wirkten, in ihrem Wahn und ihrer vollkommenen Verblendung auslösen? U n denkbar, was alles geschehen kon n te .
Dabei tröstete ihn wenig, dass andere Wissenschaftler darauf hinweisen, dass bei all den Spekulationen um den 21. Dezember 2012 eine zentrale Bo t schaft des Mayakalenders leicht übersehen wurde. Die Maya lebten nicht in friedlichen Ze i ten und ständige Kriege und hä u fige Naturkatastrophen in Mittelamerika führten ihnen immer wieder die Vergänglichkeit ihrer Kultur vor Augen. Das der Natur entlehnte, zyklische Wesen ihres Kalenders sage somit nicht das Ende aller Ze i ten voraus, sondern den Beginn eines neuen Zeitalters.
Aber in welcher Form … mit den Menschen? Und unter welcher Her r schaft?
In diesem Moment kam Elaine zurück und hatte ein großes Handtuch um i h ren Leib g e schlungen. Sie sah so anziehend aus, dass Sergej schnell aufstand und sie in die A r me zog.
„Ich bin müde“ , hauchte sie nach endlosen Küssen atemlos. Ihre Augen waren klein und sie lehnte sich an ihn.
„Dann geh schon mal vor“ , schlug er vor und küsste ihre Nasenspi t ze.
Sie wirkte enttäuscht. „Kommst du nicht mit? Es ist schon spät.“
Obwohl Sergej Lust in die Lenden gefahren war , sie zum Anbeißen aussah und er sie lieber leidenschaftlich geliebt hätte, besann er
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