Unheimliche Begegnungen (German Edition)
Denn nur der wirkliche Gnom kannte die damalige Verletzung von Vanessa. Selbst wenn die dunklen Mächte seine Eigenschaften und Gedanken übernommen hätten, so, jedenfalls glaubte Vinc, könnten sie nicht die Kraft der heilenden Spucke auch noch nachmachen.
„An deine heilende Wunderspucke habe ich gar nicht mehr gedacht.“ Vanessa hätte vor Glück die ganze Welt küssen können, so aber tat sie es wieder bei Zubla, der die Zärtlichkeit auf seiner Stirn wieder einmal genoss.
Der Junge richtete sich auf und fragte erstaunt: „Wo bin ich? Was ist geschehen?“
„Das möchten wir gerne von dir wissen“, sagte Vanessa.
„War das Spärius?“, fragte Vinc. Er sah, wie der Junge den Kopf schüttelte.
„Wer ist Spärius?“, fragte er.
„Euer Anführer.“ Tom versuchte, die Erinnerung aufzufrischen.
Der Junge dachte angestrengt nach: „Ich kann mich nur erinnern, dass irgendetwas auf dem Boden lag.“ Er fing an zu zittern, als würde in ihm ein Alptraum vorüberziehen. „Dann sah ich ein Schwert.“ Er verfiel in einen Krampf, hervorgerufen durch ein Erlebnis, das nun vor seinen geistigen Augen ablief.
„War das nun Spärius? Oder?“, fragte Tom noch eindringlicher.
Er hatte sich etwas beruhigt, als er antwortete: „Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht erinnern, wer es war. Ich weiß nur, dass es sehr weh tat.“
Vanessa sah den Kampf, der in dem Jungen vorging, um das Erlebte zu verarbeiten. Sie sagte: „Nun lasst ihn erst einmal in Ruhe. Wenn er sich erholt hat, wird ihm bestimmt mehr einfallen.“ Sie streichelte ihm fürsorglich über den Kopf „Wie heißt du?“
„Serius“, antwortete er und lächelte zum ersten Mal. Das lag wohl an der Ausstrahlung von Vanessa. Sie besaß die Eigenschaft, durch ihr anmutiges Wesen Vertrauen zu ihren Mitmenschen aufzubauen.
Sie waren mit dem Jungen so beschäftigt, dass sie die Umwelt vergaßen. Sie bemerkten nicht die Gefahr, in der sie schwebten.
Die Höhle hatte drei Ausgänge, die sich schlossen. Es waren keine Türen aus Material, sondern es entstanden Hindernisse aus Magie, darum waren diese Vorgänge lautlos. Und noch etwas war geschehen und hatte nun seine Auswirkung: Als der Junge verletzt wurde, torkelte er noch einige Schritte. Er stolperte über eine der am Boden liegenden Rüstungen, wobei sein Blut in das Innere tropfte. Nun erwachte ein Schemen in ihr.
Vinc sah die Bewegung der Rüstung. Zunächst glaubte er, die Sinne würden ihm einen Streich spielen, doch als er beobachtete, wie sie sich langsam aufrichtete, warnte er die Anwesenden.
Der Erwachte hatte sich in voller Länge aufgereckt. Sein schweres Schwert lag in seiner Hand, als sei es so leicht wie eine Feder. Er kam schwerfällig auf das Grüppchen zu. Sie wichen zurück. Sie liefen zu einem der Ausgänge. Sie prallten vor der unsichtbaren Barriere zurück. In Panik geraten, liefen sie zum nächsten und übernächsten, doch keinen der Ausgänge konnten sie passieren.
Anfangs schwerfällig in seinen Bewegungen, wurde die Rüstung immer beweglicher und flinker.
Sie wussten, sie hatten keine Chance gegen den drohenden Angriff. Während der Soldat der Schattenarmee die Kinder in die Enge trieb, versuchte Zubla den Zauberblitz. Aber auch hier gelang es ihm nicht. Irgendetwas verhinderte, dass in der Höhle Magie angewendet werden konnte.
Die Lage wurde immer bedrohlicher. Der Soldat hob das Schwert unmittelbar vor Tom.
Vinc sah, dass sein Freund keine Chance mehr hatte, auszuweichen.
„Er darf nicht verletzt werden!“, schrie Zubla.
Tom wich noch mehr nach hinten aus, doch er konnte nur einen Schritt tun. Das Schwert sauste vor ihm hernieder.
„Er darf nicht verletzt werden!“, wiederholte Zubla noch erregter. „Meine Spucke hat keine Heilkraft mehr. Ich brauche die Wurzel Aldraun!“
Wieder hob die Gestalt das Schwert, um zu dem tödlichen Schlag auszuholen.
„Die Fackel!“, rief Zubla Vinc zu.
Vinc wusste im Moment nicht, was Zubla meinte. Er war sonst nicht schwer von Begriff, aber die Angst um seinen Freund legte sich lähmend auf sein Hirn.
„Nimm eine Fackel. Wirf sie in den Helm!“ Zubla schrie, so laut er konnte.
Nun begriff Vinc, was er meinte. Er nahm eine Fackel aus der Halterung, die hinter ihm in der Wand steckte. Er zögerte, denn er sah, wie der Soldat das Schwert schon über dem Kopf von Tom erhoben hatte. Vinc hatte nur einen Gedanken: Er musste auf Anhieb in das Visier treffen, sonst hatte Tom keine Chance mehr, am Leben zu bleiben. Allerdings
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