Unheimliche Begegnungen (German Edition)
ich sei bematscht.“
Tom tat es gut nach längerer Zeit der Enthaltsamkeit, seine Schwester einmal wieder zu frotzeln: „Das denken wir nicht nur, das wissen wir.“
Vanessas Reaktion war nicht Ärger, sie musste einfach nur lachen.
Vinc aber war im Moment nicht danach, mit ihr einzustimmen, sondern er machte sich über das weitere Vorgehen Sorgen.
Gerason bemerkte seine Nachdenklichkeit und sagte beruhigend: „Ich werde zuerst hinübergehen.“ Er ging langsam auf den Graben zu und tastete mit einem Bein die Fläche vor sich ab. Dann, als er meinte, eine feste Ausbreitung vor sich zu haben, schritt er mutig über den Graben, wobei sich herausstellte, dass er tatsächlich nur eine Illusion war, denn der Boden blieb eben.
Drüben angekommen rief Gerason, sie mögen es ihm gleich tun und auch herüberkommen.
Doch als Vinc es als Nächster vollbringen wollte, bemerkte er die Hitze des Feuers. Er schrak zurück und ging einige Meter von dem Abgrund weg. Er teilte seine Entdeckung Gerason lauthals mit.
Gerason rief zurück: „Die wollen uns trennen. Bleibt erst einmal da, wo ihr seid. Aber gebt Obacht! Ich nehme an, der Herr der dunklen Seite hat inzwischen Kenntnis davon erhalten, dass ihr die Fibel des Bösen habt. Er wird versuchen, sie zu bekommen. Ich werde in den Tempel gehen und sehen, ob ich eine Möglichkeit finde, wie ich euch hierher holen kann.“
Dann sahen sie ihn zum Eingang gehen und hinter den Säulen verschwinden.
Die Sonne ging blutrot hinter dem Tempel unter. Das rote Licht gab ihm eine unheimliche Erscheinung. Es sah aus, als würde das Gebäude in Blut getaucht. Ja, sie meinten sogar, eine riesige pulsierende Blase um den Komplex zu sehen. Doch diesen Eindruck ließen wohl wie so oft die Lichtspiele aufkommen.
Es wurde Nacht und am Himmel erschien der Vollmond.
Allmählich machten sie sich um Gerason Sorgen.
Das Feuer im Graben erhellte das Umfeld gespenstisch. Sie starrten schon einige Zeit in die Flammen und sahen fasziniert ihrem Spiel zu. Es sah immer wieder aus, als formten sich kleine Gestalten. Ihre Fantasie reichte inzwischen so weit, dass sie sogar meinten, sie kämen zu ihnen.
Doch als Toms Wintermantel zu brennen anfing, wussten sie, dass dies kein Spiel der Fantasie mehr war, sondern grausame Wirklichkeit.
Geistesgegenwärtig zog Vanessa ihren Mantel aus und versuchte die Flammen am Körper ihres Bruders zu ersticken. Tom wälzte sich dabei auf der Erde.
„Zieh doch den Mantel aus“, riet Vinc. Tom tat es und klopfte sich an die Stirn, wobei er feststellte: „Mensch, bin ich doof. An das Nächstliegende denkt man nicht.“
Immer wieder kamen weitere Gestalten aus dem Feuer. Sie konnten sich kaum noch wehren. Nur Vinc konnten sie nichts anhaben, denn sein Anzug schien auch gegen das Feuer gefeit zu sein. Aber was sollte er tun, um seinen Freunden zu helfen, denn es war nur eine Frage der Zeit, wann sie brennen würden.
Die Feuergestalten wurden immer zahlreicher. Sie konnten ihnen nicht mehr entkommen. Nur Vinc ließen sie in Ruhe und er glaubte auch zu wissen, warum.
„Nimm die Tasche und gehe eng zu Tom. Am besten, ihr umschlingt euch“, sagte er zu Vanessa, indem er sie ihr aushändigte.
Verwundert kam sie Vinc Aufforderung nach und umfasste Toms Taille.
Es war genau, wie Vinc es vermutete, die Flammen zogen sich zurück. Sie hatten ihn nicht wegen des Anzugs in Ruhe gelassen, denn sie konnten ja die Eigenschaften von dieser Kleidung nicht wissen, sondern wegen des Buches.
Er war überzeugt, dieses tödliche Spiel mit den Flammenmännchen kam vom Herrn der dunklen Seite. Er brauchte die Fibel und so verschonte er die, die sie hatten, denn es ging allein um die Unversehrtheit des Buches, nicht um die Person, die es besaß.
So bekam Tom Schutz, weil er zu eng bei Vanessa war.
Aber wieso machte sich der Herr der dunklen Seite diese Umstände und hatte Vinc nicht gleich getötet, um das endgültig an sich zu nehmen? Es wäre ihm doch eine Leichtigkeit, eine Todesart auszuwählen, die das Buch verschonen würde.
Vinc glaubte, diese Antwort zu kennen. Der Herr der dunklen Seite wollte im Verborgenen bleiben. Er würde wohl immer wieder versuchen, durch seine Helfer an das Buch zu kommen. Nur waren ihm dabei Vinc Freunde im Weg. So trennte er Gerason von ihm und soeben wollte er Vanessa und Tom durch Verbrennen unschädlich machen. Ihm fiel wieder ein, wie sich der Berg nannte. Der des Todes. Hatten überhaupt diejenigen, die hier heraufkamen, je eine Chance,
Weitere Kostenlose Bücher