Unheimliche Begegnungen (German Edition)
für richtig, dass nur ich ihm bekannt war und nicht auch noch meine Verwandten mit ihren außergewöhnlichen Gaben. Daher übergab ich, wie schon erwähnt, dir die Bekleidung und die Waffen. Auch schwieg ich über meine Herkunft und meinen Auftrag. Barlason tat zwar, als ob er diese kennen würde, aber wir haben ihn nur getäuscht. Leider hatten wir ihm anfangs vertraut, dadurch kannte er die geheime Schmiede. Ich konnte also nicht verhindern, dass er bei der Übergabe dabei war.“ Gerason schwieg einen Moment und deutete dann zu dem Degen: „Den hättest du niemals von mir bekommen, wenn ich nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass du mit ihm die Wahrheit über Barlason herausfinden würdest. Ich hatte mich nicht getäuscht. Dieser Degen ist ein Heiligtum unseres Volkes, aber du hast dich als würdig erwiesen, ihn zu tragen und zu nutzen und weil du helfen wirst, mein Volk zu befreien.“
„Du sprichst immer von deinem Volk. Wieso?“, fragte Vinc. Er schämte sich schon ein wenig wegen des Misstrauens gegen den Zwerg, denn nur er konnte von der Übergabe wissen. Barlason war ja tot.
„Weil ich der König des Zwergenvolks bin“, antworte Gerason mit Stolz und fügte grinsend hinzu: „Du brauchst mich nicht mit Majestät oder Ihr anreden.“ Er lächelte, soweit es unter seinem roten Vollbart zu erkennen war: „Eure Durchlaucht reicht vollkommen.“
Sie lachten herzhaft.
Vinc war nun überzeugt, dass Gerason ehrlich mit ihnen war, doch er wollte ganz sicher gehen und fragte: „Woher weißt du, dass da ein Tempel ist?“
Gerason lächelte wieder und sagte: „So richtig bist du wohl noch nicht überzeugt. Ich habe vor längerer Zeit mit Schautin in ihre Kugel geschaut. Ich hatte gehofft, sie könnte uns zeigen, wo mein Volk gefangen gehalten wird. Da sahen wir diesen Berg des Todes und auch diesen Tempel. Aber wir konnten nicht in ihn hineinsehen. Irgendetwas blockierte die Sicht.“
„Nun lege endlich mal schnell dein Misstrauen ab, denn da oben braut sich was zusammen.“ Tom zeigte in die Höhe.
„Das hat gerade noch gefehlt!“, rief Gerason. Während er loslief, schrie er: „Lauft, so schnell ihr könnt! Lauft um euer Leben!“
Der Himmel wurde immer schwärzer und es war, als würde die Nacht hereinbrechen. Sie hörten Kreischen von unzähligen Vögeln. Vinc konnte Gerason nicht einmal fragen, was sie denn so gefährlich mache, denn er war schon weit voraus und Vinc ging sowieso langsam die Luft aus. So war er noch nie in seinem jungen Dasein gelaufen wie jetzt wo es um sein Leben ging. Aber nicht nur um seins, sondern auch Vanessas und Toms. Er schaute sich nach ihnen um. Vanessa war dicht hinter ihm, aber Tom hatte Mühe, nachzukommen.
Gerason sah hinter sich das Grüppchen, er erkannte, dass sie den Vögeln nicht mehr entkommen würden. Er lief zurück.
„Legt euch auf den Bauch. Seht nicht nach oben. Verdeckt die Gesichter! Sie dürfen keine freien Flächen eures Körpers sehen.“ Seine Anweisungen kamen schnell über seine Lippen.
Sie taten wie ihnen geheißen.
„Haltet so lange wie ihr könnt die Luft an, sobald welche auf euch sitzen“, hörten sie Gerason noch. Dann vernahmen sie Flügelschläge und schreien.
Vinc spürte, wie sich ein Vogel auf ihn setzte. Er befolgte die Anweisung Gerasons und hielt den Atem an. Wenn der nun längere Zeit sitzen blieb oder sich andere noch zu ihm gesellten, was dann? Wie erging es den anderen? Vinc bekam das erste Mal so richtig Angst, dass seine Nerven vibrierten. Nicht nur um sich, sondern um alle.
Da fielen ihm die Streichhölzer ein. Wenn er eines anzünden könnte, vielleicht würde sich zumindest einer oder mehrere Vögel erschrecken und dadurch hochfliegen und die anderen vielleicht ihnen folgen. Aber wie sollte er an die Hölzchen kommen? Der Beutel befand sich auf dem Rücken und da
genau saß ein Vogel.
Das Lärmen der Übrigen wurde immer nervenaufreibender. Sie mussten sich ringsum niedergelassen haben.
Vinc überlegte, wie er das mit den Hölzchen bewerkstelligen könnte, aber es fiel ihm im Moment kein Weg dazu ein.
Lange konnte er die Luft nicht mehr anhalten. Er wusste nicht, warum er es überhaupt tun sollte. Plötzlich merkte er, wie der Vogel wegflog und die übrigen ebenfalls.
Noch wagte er sich nicht wieder umzudrehen aus Angst, es wären noch einige da. Doch als er Gerason hörte, tat er es: „Da haben wir noch einmal Glück gehabt“, sagte der Zwerg.
„Was war das?“, wollte Vanessa wissen.
„Das waren
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