Unheimliche Begegnungen (German Edition)
wohlbehalten drüben an.
Dann geschah etwas, was sie in Erstaunen versetzte. Als sie sich umdrehten, sahen sie kein Feuer mehr, sondern nur noch eine freie Fläche, die sich weit auszudehnen schien. Aber auf der Ebene sahen sie noch etwas. Die Drachenkrieger mussten es irgendwie geschafft haben, heraufzukommen.
Vinc und seine Begleitung liefen, so schnell sie konnten, in den Eingang des Tempels.
Hatten sie eine riesige Eingangshalle erwartet, so sahen sie sich enttäuscht. Es war ein größerer Raum mit etlichen Türen, die in alle Richtungen verteilt waren. Dieser Bereich korrigierte den von außen gewonnenen Eindruck des Gigantischen.
Sie standen vor den Eingängen und vor der Frage, welche sie öffnen sollten.
Vinc zählte sie durch und fragte Gerason: „Welche von den zehn sollen wir nehmen?“
Gerason lächelte verschmitzt, was Vinc unheimlich vorkam. Er meinte, das Lächeln der Fratze aus der Kapelle zu sehen. Er hörte Gerason sagen: „Egal, welche du nimmst, sie ist stets die gleiche.“
Vanessa ging erst zu einer Tür rechts und deutete auf sie: „Du meinst, wenn ich diese öffne“, sie ging an die gegenüberliegende und setzte den Satz fort, „dann wäre es das Gleiche, als wenn ich diese öffne?“
Wieder kam dieses eigenartige Grinsen von Gerason, als er antwortete. „Ja. Sieh doch einfach nach.“
Vanessa wollte dieser Aufforderung folgen, doch Vinc sagte unverhofft: „Halt! Tu es nicht!“
Die Eindringlichkeit dieser Worte ließen sie von ihrem Vorhaben jäh abkommen.
„Das ist nicht Gerason“, gab Vinc kund.
„Was ist los?“, fragte der Kleine.
„Wo ist der Richtige?“, fragte Vinc.
„Ich weiß nicht, was du hast. Hegst du Misstrauen gegen mich?“, fragte Gerason.
„Ich finde das langsam albern. Das ist doch Gerason. Wir haben das doch schon geklärt“, schaltete sich Tom ein.
Vinc trat vor den Zwerg: „So, du bist also Gerason?“ Er wendete sich zu Tom und Vanessa. „Ich werde euch mit zwei Mitteln beweisen, dass er es nicht ist. Warum hast du, als du auf der anderen Seite des Grabens warst, gerufen, sie wollen uns trennen und hast das Feuer auch als richtig angesehen?“
Der Befragte gab spontan zur Antwort: „Weil ich auch gegen eine Illusion nicht gefeit bin.“
Vinc ließ nicht locker, er fragte weiter: „Wann haben wir geklärt, dass du kein Verräter bist? Denn der richtige Gerason hätte nicht gesagt: Hegst du Misstrauen gegen mich, sondern er hätte dazu auch das Wort “wieder“ eingefügt.“
Auch hier kam die Antwort prompt: „Ich kann mich nicht so genau erinnern. Wir Zwerge haben eigentlich ein Kurzzeitgedächtnis.“
Tom fragte Vinc: „Na? Überzeugt?“
Vanessa pflichtete ihrem Bruder bei: „Das ist doch Wortklauberei. Ob er wieder sagte oder nicht. Ich glaube, es ist der richtige Gerason.“
Vinc tat etwas, was sie erschreckte. Er zog den Degen und richtete ihn gegen den Zwerg. Doch bevor der Degen der Wahrheit zum Einsatz kam, flüchtete Gerason, wobei er rief und diese grölende Stimme kam ihnen bekannt vor: „Ihr werdet diesen Tempel niemals mehr lebend verlassen.“ Dann folgten ein widerliches Gelächter und der Satz: „Fahrt zur Hölle!“
Tom und Vanessa schwiegen. Sie hatten eigentlich diesmal um Vinc mehr Besorgnis gehabt, als um Gerason. Doch ihre Skepsis gegen Vinc war nur vorhanden wegen seines ewigen Argwohns, alles, was nicht zu ihnen gehörte, sei nicht in Ordnung. Manchmal irrte er sich, aber meist hatte seine Ahnung volle Berechtigung und sie schon öfter vor Unheil bewahrt, wie auch jetzt. Daher war ihr Schweigen eher Scham.
Vinc bat Vanessa, sie möge von der Tür wegtreten und befahl, Tom und sie sollten sich zu ihm gesellen, denn auch hier hegte er einen Verdacht.
Er ging links seitlich an den Rahmen und drückte mit der einen Hand die Klinke herunter und zog sie schnell wieder zurück. Keine Sekunde zu früh. Eine gewaltige Explosion ließ die Tür aus den Angeln fliegen und gegen die gegenüberliegende prallen.
Hätte Vanessa diese Tür geöffnet, wäre sie nicht am Leben geblieben, trotz des Buches, das sie bei sich trug. Diese Explosion hätte sie getötet, aber die Fibel nicht zerstört.
Er nahm wieder die Tasche, denn er wusste, ab diesem Moment würde mit anderen Mitteln versucht, dieses Buch zu bekommen und da wäre es wohl am sichersten bei ihm aufgehoben.
Aber sie standen erneut vor einer schwierigen Entscheidung. Wie sollten sie den weiteren Weg beschreiten und wohin? Und noch eine Frage tauchte
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