Unheimliche Begegnungen (German Edition)
wieder die Verformung des Vorhangs ein. Doch er wurde durch das weitere Gespräch Herrn Santers abgelenkt: „Ich weiß es ist eine außergewöhnliche Bitte, aber kannst du nicht deinen Vater ans Telefon holen?“
Nun erst fiel Vinc auf, das weder sein Vater noch die Mutter gekommen waren, um zu schauen, wer der Anrufer sei. Es war ungewöhnlich, dass die Eltern an einem Werktag nicht daheim waren. Hätten sie sich von irgendwo verspätet, hätten sie ihn benachrichtigt.
„Meine Eltern sind nicht zu Hause. Warum wollen sie meinen Vater sprechen?“
„Wegen des bevorstehenden Elternabends. Er ist doch im Elternbeirat und da wollte ich diesbezüglich etwas wissen. Da kann man nichts machen.“
Wieder glaubte Vinc, eine Gestalt hinter sich zu spüren. Er schaute rückwärts und da sah er deutlich eine, in einem schwarzen Umhang gekleidete, einer Kapuze tief ins Gesicht gezogene Figur und er erblickte den glänzenden Dolch in deren Hand. Er sah, wie der Unheimliche weiter ausholte, um ihn das Messer in den Leib zu rammen.
Vinc sprang zur Seite und wollte dem Unbekannten mit aller Wucht gegen das Schienbein treten, doch die Kutte des Unbekannten fing den Tritt ab, als sei sie aus Metall.
Die unheimliche Gestalt kam wieder auf Vinc zu und fuchtelte mit dem Dolch herum.
Er entging einem Stich in den Bauch, indem er ihn einzog, eine Wölbung machte und einen Sprung rückwärts. Der Angreifer jedoch ließ sich nicht aufhalten. Immer und immer wieder führte er den Dolch nach vorn. Vinc ließ das Telefon fallen und flüchtete in die Küche. Auf dem Tisch stand das Messerset seiner Mutter. Er zog mit einem Griff das Größte aus der Scheide. Er wollte sich wehren.
Doch da geschah etwas Überraschendes. Der Unbekannte flüchtete in Vinc Zimmer. Der Junge dachte nicht daran hinter ihm herzulaufen, denn die Gefahr diesem Größeren zu unterliegen und doch noch den Dolch in den Körper gestoßen zu bekommen, war zu groß.
Er sah das Telefon auf der Erde liegen und hob es schnell auf. „Hallo Herr Santers, ich brauche Hilfe!“, schrie er fast in die Muschel. Doch er hörte nur das Besetztzeichen. Sein Lehrer schien aufgelegt zu haben. Aber warum? Er musste doch die kämpfenden Geräusche mitbekommen haben.
Vinc wurde dies Geschehen immer Merkwürdiger.
Er kämpfte mit sich, ob er die Wohnung lieber verlassen sollte, oder aber nachzuschauen, was für eine Person in sein Zimmer geflüchtet war.
Er entschloss sich, die Wohnung zu verteidigen und sie nicht einem Fremden zu überlassen. Er schritt vorsichtig, das Messer krampfhaft vor sich haltend, zu seiner Zimmertür.
Er öffnete sie achtsam zu einem kleinen Spalt und wartete dann, indem er einen Schritt zurücktrat, auf eine Reaktion von innen. Doch nichts geschah. Er ging wieder behutsam jedes Geräusch meidend seitlich an die Tür und stieß sie auf. Er lief einige Schritte zurück in den Korridor, jederzeit bereit nach draußen zu flüchten.
Doch es erschien niemand im Türrahmen. Gering noch von der blutroten, untergehenden Sommersonne beleuchtet, lag der Raum im Halbdunkel. Der hellste Punkt, war demnach das Fenster und so konnte er sehr gut erkennen, dass es wieder offen stand. Die unbekannte Person musste dort hindurch geflüchtet sein. Nur konnte der Fremde nicht so ohne weiteres hinausspringen, denn immerhin befand er sich im zweiten Stock des Hauses, es sei denn, er konnte fliegen. So vermutete er ihn immer noch hinter dem Vorhang.
Vinc schleuderte das Messer dagegen, in der Hoffnung, wenn noch jemand dahinter wäre, sich zeigen würde. Doch als das Messer an dem dicken Stoff abgeprallt war, regte sich nichts.
Er näherte sich vorsichtig dem Fenster. Sein Herz schlug vor Aufregung schneller. Die Angst ließ das Pulsieren bis in den Hals spüren. Als er den Vorhang erreicht hatte, griff er blitzschnell danach und riss ihn zur Seite, so dass der Stopper aus der Gardinenstange fiel und der Behang seitlich abstürzte.
Er atmete erleichtert durch. Er lehne sich etwas aus dem Fenster, in der Hoffnung den Flüchtenden
noch zu sehen. Doch die Straße war ohne Autos und Fußgänger. Verkehr war auch sonst kaum vorhanden, zumal sie sich in einer Sackgasse befanden, nur Fußgänger konnten passieren. An diesem schönen Sommerabend aber war es ungewöhnlich ruhig in der kleinen Wohnsiedlung.
Unnötigerweise schaute Vinc noch unter sein Jugendbett, unter das nicht einmal eine Katze kriechen konnte. War die Schranktür nicht etwas geöffnet? Er schüttelte den Kopf
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