Unheimliche Begegnungen (German Edition)
vernahm.
„Etwas bewegt sich vor uns.“
Vinc horchte in die Dunkelheit und meinte: „Ich höre nichts.“
Marxusta ließ sich nicht beirren und behauptete es immer noch.
Es kam näher. Plötzlich flammte etwas vor ihnen auf. Sie sahen eine feurige Gestalt. Sie wussten, sie konnten gegen diese Kreatur auf diesem schmalen Steg nichts ausrichten.
Abrupt fiel dieses flammende Etwas in die Tiefe. Sie konnten nun sehen, wie weit es in den Abgrund ging. Es dauerte eine Weile, bis sie dieses Leuchten kleiner und kleiner wurde. Doch das Ende der gähnenden Tiefe konnten sie nicht erkennen.
„Das Ding hat uns nur die Untiefe zeigen wollen“, mutmaßte Marxusta.
„Ist schön und gut, aber wer hat es gelenkt? Wir stehen bestimmt unter Beobachtung.“
Vinc Worte waren nicht gerade stärkend. Er war ein tapferer Junge, aber diese unsichtbare Gewalt, war doch nervenaufreibend und auch unheimlich zugleich. Der einzige Trost, der ihnen blieb, bestand darin, dass sie die Runen und das Auge finden sollten, so jedenfalls die Worte des Priesters. Solange würden sie wohl am Leben bleiben, wenn sie denn ihm trauen konnten.
„Bist du sicher?“
Wieder kam Misstrauen auf.
Nach einiger Zeit des Weitertastens warnte Marxusta: „Bleib stehen! Hier geht es nicht mehr weiter.“ Seine Beinen fühlten ins Leere.
„Und nun?“, fragte Vinc, die sich hinter ihm auf Tuchfühlung befand.
Marxusta gab keine Antwort, sondern fühlte zunächst nach links ab, aber da stieß er sogleich an den Rand. Nach rechts schien er breiter zu sein.
„Er biegt nach rechts ab“, beruhigte er.
Weiter ging es unter höchster Konzentration. Irgendwann spürte er den Steg breiter werden. Alsbald standen sie auf einer Plattform. Das konnten sie durch die grelle Beleuchtung erkennen. Mitten auf dieser Ebene befanden sich ein Ständer mit einer flachen, tellerartiger Fläche obenauf befand sich das Auge, im Aussehen von dem, das Vinc im Feuer als er um das Leben seiner Freunde kniend gefleht hatte.
Vinc atmete erleichtert auf. „Endlich! Da ist das Auge.“ Er wollte auf es zugehen, doch Marxusta hielt ihn mit den Worten zurück: „Da ist bestimmt eine Falle. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht abgesichert ist.“
Vinc legte sich auf den Bauch und robbte langsam vorwärts. So dachte er, wenn irgendwelche Geschosse in Körperhöhe ausgelöst würden, läge er am Boden in Deckung und außerdem konnte er mit den Händen nach versteckten Auslöser am Boden suchen.
Doch so sehr er sich mühte, nichts geschah.
Marxusta war vorsichtshalber noch etwas auf die Brücke zurückgegangen. Er sah mit Unbehagen, wie Vinc langsam dem Auge näherte.
Der Boden war etwas uneben, sodass Vinc zeitweise die Knie als Fortbewegung benutzen musste. Er wunderte sich, so ungehindert an die begehrten Objekte heranzukommen. Als er nahe heran war, sah er zwei Kästchen links und rechts vom Auge und vor dem ihm eine Tafel mit der Inschrift: Der du auserwählt bist, wähle Weise, welches Kästchen du zuerst nimmst. Nur eines kann das Auge wieder seine Aufgabe zurückgeben. Das Falsche bringt den Tod. Links ist die Schatulle des Steins, rechts die des Glases.
Vinc wunderte sich, dass die Eigenschaften der Kästchen genannt wurden, ohne sie erkennen zu können. Er las es laut Marxusta vor. Aber auch er wusste keinen Rat.
Vinc überlegte hin und her, aber er konnte sich nicht entscheiden welche er zuerst nehmen sollte. Dann entschloss er sich für die des Glases. Denn Glas kam dem Auge in der Eigenschaft am nächsten. Stein würde es nur zerstören. Unter äußerster Vorsicht wollte er das Kästchen linker Seite nehmen, als er jäh innehielt. Was nun, wenn das auch eine Täuschung war? Wenn diese Inhalte genau umgekehrt waren? Er nahm die des Glases, denn er dachte sich, dass auch der, der diese Falle aufbaute, vielleicht so dachte wie er.
Als er das Kästchen an sich genommen hatte, donnerte der Übergang mit riesigem Getöse in die Tiefe. Marxusta konnte sich noch in letzter Sekund mit einem Vorwärtssprung aus der Gefahrenzone bringen, sonst wäre er wohl mit in die Tiefe gestürzt.
Sie setzten sich zunächst zitternd auf den Boden.
„Der Rückweg ist uns weggenommen“, meinte Vinc überflüssigerweise, denn das sah auch Marxusta.
Vinc kroch auf den Knien am Rand der Plattform entlang, doch ringsum befand sich nur gähnende Leere.
Auf einmal wurden sie von seltsamen Wesen umflogen. Als sie näher kamen, sahen sie riesige fledermausartige Gestalten.
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