Unheimliche Begegnungen (German Edition)
antwortete das seltsame Wesen.
„Die eine Frau war meine Mutter“, sagte Vinc noch etwas verwirrt.
„Ja, das weiß ich. Sie weint um dich.“
„Wie viele Jahre hast du mich in die Zukunft sehen lassen?“, wollte er wissen.
Da kam die enttäuschend Antwort: „Jahre? Was sind Jahre? Die Zukunft ist entgegen der Gegenwart und Vergangenheit unendlich. Es gibt kein Ende der Zukunft. Du erlebst eigentlich etwas Unmögliches. Der Zeitstrom hat dich zu uns geschleudert. Man kann nicht in die Zukunft sehen, denn dann wäre es schon wieder Gegenwart.“
Vinc war über ihre Worte etwas verwirrt. Sie sprach weiter: „Du bist ein Kind der Erde, aber ein Gefangener Arganons. Du wirst niemals mehr heimkehren, denn die Seiten jenes Buches wirst du niemals finden.“
Vinc hörte diese schreckliche Aussage. War das doch ein Blick in seine Zukunft?
„Sagst du mein künftiges Schicksal voraus?“, fragte er.
„Das kann und darf ich nicht. Äon sagte mir es einst. Wenn ich dich in die Zukunft sehen lassen würde, könntest du Handlungen, die eigentlich vorgegeben sind, meiden. Damit würde auch der Ablauf geändert. Du könntest damit deinen vorgegeben Lebensweg verlassen und alles, mit dem du zu tun hättest, würde auch beeinflusst. Das würde eine Kettenreaktion auslösen und das darf die Zeitgeschichte nicht zulassen.“
Vinc kannte dies aus Zukunftsromanen. Es leuchtete ihm ein, was sie sagte. Alles, was auf Erden bisher geschehen war, war von der Geschichte vorgegeben und unbeeinflussbar. Selbst die Kriege konnten nicht verhindert werden. Das Geschehen nahm seinen Lauf und konnte niemals aufgehalten werden. Er merkte, wie er immer mehr begriff, in welch einer ungewöhnlichen Welt er war. Eines aber hatte er inzwischen auch gelernt: Er durfte sich niemals gegen das Ungewöhnliche wehren, sondern sich anpassen. Dann hatte er überhaupt eine Chance zu überleben.
Sie schwebte dichter an ihn heran und flüsterte: „Du musst zurück in die Gegenwart.“ Sie schaute sich um, als habe sie Angst, gehört zu werden. Sie winkte ihm und deutete an, er möge ihr folgen.
Sie schwebten zu einem trichterförmigen Gebilde. Sie deutete darauf und sagte: „Das wird dich in die Gegenwart bringen. Allerdings wirst du der Geist bleiben, in den wir dich verwandelt haben, um dich zu uns zu holen. Erst wenn du das Ende erreichen solltest, wird deine Statur wieder normal sein. Wir hatten den Befehl dich zu retten. In deiner gewöhnlichen Gestalt wärst du umgekommen. Das ist der Strom der Zeit, der dich hierher geschleudert hatte.“ Sie hatte ihr Gesicht nicht wieder verformt, um Vinc nicht in Verlegenheit zu bringen oder gar ihn zu ängstigen. Sie sprach in ihrem vertrauten Ton weiter, indem sie erneut auf das flimmernde Gebilde zeigte: „Am Ende des Zeitstroms wird dich Liberia, die Wächterin zum Tor der Unendlichkeit, erwarten.“
„Liberia“, entfuhr es Vinc.
„Du kennst sie? Welch ein Wunder“, sagte das Wesen.
Vinc kannte auch ihre Gefährlichkeit. Sie hatte zwei Seiten. Eine Gute und ein böse. Sah man die böse, musste man unweigerlich sterben. Er erzählte den Umstand ihres Kennenlernens.
„Welche Seite du bei deiner Ankunft sehen wirst, weiß ich nicht. Ich hoffe für dich die Gute“, sagte sie mit fürsorglicher Stimme.
Sie deutete wieder zu dem bunt flimmernden Strudel: „Nun begib dich in den Sog der Zeit.“
Vinc wollte die Spirale betreten, doch sie hielt ihn mit folgenden Worten noch einmal zurück: „Halt! Beinah hätte ich vergessen, dich vor den Piraten der Zeit zu warnen. Wenn sie dich gefangen nehmen, hast du kaum noch eine Gelegenheit zu entkommen. Sie stecken dich in das Geistergebläse und du wirst für immer verloren sein. Dann wirst du für ewig im Universum umhergeistern und eines Tages von den Geisterjägern getötet. Wenn du den Sog verlassen hast, richte den Dolch gegen dich und du wirst deine wahre feste Gestalt wieder annehmen. Denn nur Geister können durch diesen Sog.“
Als Vinc von der Strömung erfasst wurde, meinte er ein höhnisches Lachen zu hören. Aber das konnte auch wieder eine Einbildung sein. Oder hatte da erneut jemand der dunklen Mächte die Hand im Spiel?
Der Zeitstrom hatte ihn erfasst und es schien, als wollte er ihn nicht mehr freigeben. Das Gebilde, in das er gesaugt wurde, sah wie eine farbige Spirale aus. Wo hatte er so etwas schon einmal gesehen? Irgendwo auf Erden, dies war ihm klar, aber wo und bei welcher Gelegenheit? Eigenartig, dass er in diesem Moment an
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