Unheimliche Begegnungen (German Edition)
gespeichert, um sie in der Nacht restlos abzugeben. Der einzige Vorteil bestand darin, dass von oben her keine heißen Sonnenstrahlen mehr für noch weitere Glut sorgten.
Wenn man von dem brütenden Erdboden absah, war der obere Teil des Körpers einer angenehmen Frische ausgesetzt.
„Ich kann nicht mehr. Ich werde mich auf den Sandhaufen setzen. Ob mein Hintern verbrennt oder nicht. Die Füße müssen ein wenig ruhen.“ Vinc bemerkte diese Anhäufung. Als er sich umblickte, entdeckte er noch weitere.
Seine Aufmerksamkeit war mehr dem Sonnenuntergang gewidmet gewesen, als der näheren Umgebung. So weit seine Augen reichten, es waren unzählige Haufen vorhanden.
„Sieht aus wie ein Friedhof“, meinte er.
Friedhof! Mitten in der Wüste? Gleich werden die Gräber sich öffnen und Skelette kommen heraus. Das ist doch kein Friedhof? Oder?, dachte er, sich selbst zum Gruseln gebracht.
Die Beine wollten sein Gewicht nicht mehr tragen, obwohl er ein schlanker leichtgewichtiger Junge war. Nachdem er sich seiner Scheu überwindend auf einen der Hügelchen gesetzt hatte, stellte er auch im unteren Bereich eine angenehme Kühle fest.
Fühlt sich an wie die Kühle eines Grabes, dachte Vinc schmunzelnd.
Eigentlich war es für sich selbst als Scherz gedacht, doch es bewirkte das Gegenteil. Er sprang bei dem Gedanken entsetzt auf.
Er musste sich selbst eingestehen, dass er eine Stufe aufwies, die bereits an der Substanz nagte, aber er wusste auch zugut, dass er bis zuletzt der Starke sein musste. Um nicht kopflos zu werden.
Er setzte sich wieder, um etwas zu ruhen. Ihm fielen öfter die Augen zu, doch jedes kleinste Geräusch ließ ihn wieder aufschrecken, wobei sich herausstellte, dass es harmlose Tiere waren.
Er besaß keine Uhr und im Moment auch kein Zeitgefühl. So konnte er nur unbestimmt innerlich die Zeit messen, wie lang er ruhte. Es konnte bereits Stunden sein, aber auch weniger als eine, als er sich entschloss, die kühlere Nacht nutzen, um weiter zugehen.
Am Himmel funkelten die Sterne, aber durch sie waren weder die Zeit noch die Richtung zu bestimmen. Der helle Stern, der sonst über Arganon leuchtete, war nicht vorhanden.
Solange er auch schritt, die kleinen Hügel nahmen kein Ende.
Langsam spürte er nicht nur den quälenden Durst, auch den Hunger. Seine Nahrung war nicht so reichlich gewesen, wie man es ihm sagte.
Unerklärlicherweise wurden Vinc Gedanken auf den leeren Zettel gelenkt, den er gefaltet in der Tasche trug. Er wusste auch nicht, warum er ihn hervorholte und sich mühte in der Dunkelheit zu versuchen auf ihm etwas zu erkennen. Er führte ihn näher an die Augen, aber er blieb weiß und leer wie zuvor, als er ihn wegwerfen wollte.
Doch je länger er darauf starrte, desto deutlicher bildete sich eine leuchtende Zeichnung ab.
Sie erwies sich immer mehr als eine Landkarte mit auffallenden Punkten. Eine gezeichnete Bergkette zog sich quer über das Blatt. Etwas entfernt von diesem Höhenzug, ein wenig in die Fläche gerückt, die sich als Wüste darstellte, war eine kleine Kuppe gemalt, die nur ein Sandhaufen zu sein schien und darunter stand geschrieben: „Hügel des Geheimnisses.“
Vinc las mit Schaudern den nächsten Satz laut: „Hier soll sich der Eingang zur Hölle befinden.“
Er erschrak, als habe er einen Schrieb des Satans in den Händen und würde sich daran verbrennen.
Die Arganonier kannten nicht den Begriff Hölle oder Teufel. Für sie gab es nur das Gute und das Böse, was ja eigentlich den Begriffen auf Erden Himmel und Hölle gleichkam. Es gab die helle und die dunkle Seite. Gespenster und Schattengestalten beide gefürchteter als die Pest.
Plötzlich löste es sich auf, als hätte ein Magier es vor seinen Augen verschwinden lassen.
Im selben Augenblick konnte er in nicht allzu weiter Ferne genau diesen Bergrücken sehen.
Wenn der müde erschlaffte Körper kaum noch fähig war, weiter zu gehen, so gab ihm der Geist, wenn ein nahes rettendes Ziel zu erreichen war, noch einmal ungeahnte Kräfte.
Diesmal wurden seine schleifenden, humpelnden Schritte schneller und nahmen die Eigenschaften eines Sportlers an, der mit letzter Kraft Ziel und Sieg vor Augen, zum Endspurt ansetzte. Sich suggerierte, nur er sei Herr über seinen Körper, nur ihm habe er zu gehorchen.
Dann stand er vor dem Sandkegel von höchsten zwanzig Meter Höhe. Vinc schickte sich an ihn zu besteigen.
Auf einmal stand ein eigenartiges Wesen neben ihnen und sprach: „Tue es nicht. Es ist die Pforte
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