Unheimliche Begegnungen (German Edition)
rief er begeistert.
Die anderen drei Begleiter hatten sich, ohne ein Wort des Abschieds bereits entfernt.
Vinc wurde geradeaus weiter geführt.
Der Bach schlug einen Bogen um einen einsamen Säulengang herum und bildete dort eine kleine Insel, deren Ufer mit Sand, Muscheln und glänzenden Kieselsteinen verziert waren. Ein Teil dieser Insel war mit immergrünen Bäumen bepflanzt, auf der eine goldene Hütte stand.
Vinc wollte stehen bleiben, um diese Idylle zu bewundern, doch der Führer ließ es nicht zu.
„Wir müssen eilen. Es ist nicht gut, dass du alles erblickst!“
War in seiner Stimme etwas Bedrohliches oder nur die Aufforderung die Augen von diesen Dingen schnell zu trennen? Vinc hegte wieder Misstrauen. War das nur ein Blendwerk?
An diesem herrlichen Ort gab es nur Grün, begleitet vom Duft seltener Blumen, der lieblich in die Nase stieg und zuweilen die Sinne in einen erregenden Rausch schwelgen ließ.
Ein Wäldchen von Granatbäumen, Zitronen und Orangen, die ohne Unterlass Blumen und Früchte trugen, zog sich bis zum Gesichtskreis dahin. Inmitten stand ein grünes Haus, zu dem sie, wie in den Windungen einer Muschel, allmählich emporstiegen. An den Seiten zog sich ein Rasen hin, der an mehreren Stellen Bänke bildete. Sie waren für Erholung und Aussicht auf die untere Ebene gedacht.
Wenn Vinc aber folgerte, er wäre am Ziel, so wurde er eines besseren belehrt.
Sie gingen durch eine Doppelreihe von Hängeweiden am Ufer eines breiten Wassers, das sich in einiger Entfernung über einen Felsen hinabstürzte, der mit Efeu und wildem Grün überzogen war. Rundum sah er schroffes durcheinandergeworfenes Gestein, das sich in einfacher Weise ringstufig übereinander baute.
Tief unten lag eine Grotte, die nach und nach weiter wurde, dann einen gewölbten Saal von unregelmäßiger Gestalt bildete und das Licht durch eine breite, mit riesigen Blätter und wilden Reben umsäumte Öffnung erhält.
Hier fanden sie erquickenden Schutz gegen die drückende Sonnenwärme. Einzelne Felsblöcke und Bänke, die aus Stein gehauen waren, dienten als Sitze. Inmitten des Raumes, der die Wölbung einer Kathedrale besaß, stand auf einer Empore ein Thron, auf dem eine schemenhafte Gestalt saß.
Der Führer verbeugte sich und sagte:
„Ich bringe, wie befohlen, den Gefangenen.“
„Den Gefangenen!“, entfuhr es Vinc lauter als er eigentlich wollte.
So hatte man ihn mit einer List hierher geholt, indem man sich als Retter aufspielte und ihn glauben ließ in ihrem Schutz hierher zubringen?
„Schweig!“, befahl der Führer.
„Lasst ihn! Soll er doch sein Erstaunen zum Ausdruck bringen!“ Die Stimme der Schemengestalt klang einladend und nicht wie vermuten ließ furchteinflößend.
Er gab dem Führer ein Zeichen, das ihn aufforderte, sich zu entfernen.
Die anfänglich männlich klingende Stimme verwandelte sich in ein liebliches, weibliches Organ. Die eingangs schemenhafte Gestalt nahm feste, aber flimmernde Formen an. Fast durchsichtig in gläserner Gestalt schwebte ein weibliches Wesen auf dem Podest.
„Liberia!“, entfuhr es Vinc. „Ich denke, du bewachst den Eingang zur Unendlichkeit?"
„Das tu ich auch“, entgegnete sie freundlich.
„Hier? Inmitten der Festung der magischen Zwölf?“, fragte Vinc etwas verwirrt.
„Wir sind nicht in dieser Festung. Wir sind vor dem Tor der Unendlichkeit. In die Festung der magischen Zwölf darf niemand. Es wäre zu gefährlich, denn eine Störung im Ablauf der Zeit könnte verheerende Folgen haben. Ihre Festung ist daher geheim.“
„Ich hörte, sie stände inmitten der Wüste?“, fragte Vinc.
Liberia kannte die Ehrlichkeit der des Erdlings und auch das in sie gesetzte Vertrauen der Ykliten und gab daher bereitwillig Auskunft.
„Diese Festung ist nur eine Spiegelung. Der wahre Standort ist geheim. Um deine nächste Frage, die wohl folgen wird, gleich zu beantworten: Ja, es waren vier Ritter der magischen Zwölf. Nur sie konnten dich holen und sicher zu mir bringen. Allerdings bediente ich mich einer List. Ich gab, indem ich mich in die Gestalt von Fürst Zerstino, den Obersten der magischen Zwölf, verwandelte, als diesen aus. Nur er kennt mich und er machte dieses kleine Spielchen mit.“
Vinc musste zugeben, dass die Worte Liberias ihn verwirrten, daher die Frage:
„Warum diese Umstände und warum bin ich Gefangener?“
„Ich werde es kurzfassen, denn wir haben nicht viel Zeit. Fürst Zerstino konnte euch nicht empfangen, denn zurzeit kann er
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