Unheimliche Begegnungen (German Edition)
die Ketten gab, dass es mein Lebens…“ Er unterbrach sich, um dann zu verbessern: „unser Lebensretter werden würde.“
Diesmal waren sie fast davon von Marxustas Echtheit überzeugt.
„Lass uns gehen. Nicht dass etwa diese Bestie zurückkommt und wir das Drama noch einmal durchleben“, meinte Vinc.
Sie wollten gerade aufbrechen, da bemerkten sie das Herz neben dem Richtklotz. Es pulsierte immer noch. Von der Doppelgängerin war nichts mehr zu sehen. Ihr leiblicher Körper schien sich aufgelöst zu haben, abgesehen von dem Herz natürlich.
„Wir sollten es nicht so einfach da liegen lassen. Ich werde es mitnehmen und an einen anderen Ort bringen. Vielleicht finden wir ein Behältnis, in den wir es legen können“, schlug er vor.
Vanessa überfiel ein Unbehagen, als sie seine Worte vernahm. Ihr ekelte es ein wenig, als sie dieses Stück Muskel in der purpurroten Farbe liegen sah.
„Willst du es mit deiner nackten Hand anfassen und die ganze Zeit mit dir herumtragen?“
Allein bei diesem Gedanken überlief sie ein Schauer. Sie war einiges gewöhnt, was Wunden betraf. Fließendes Blut, abgetrennte Gliedmaßen, denn oft genug hatte sie in Gefechten Seite an Seite mit ihm gestanden und einige Grausamkeiten wahrgenommen, aber den Teil des Inneren eines Menschen in den Händen zu halten, war ihr doch zuwider.
Sie griff automatisch an ihr Herz, als er es aufnahm und scherzend sagte: „Dem Ding ist es egal, ob es mit beschuhten oder mit bloßen Händen angefasst wird. Außerdem siehst du hier Handschuhe herumliegen?“
Sie fasste sich an die Herzgegend, sie glaubte, seine Hände würden sich um ihres klammern.
„Drück es nicht so fest, mir tut es weh.“ Sie schwieg spontan. Sie konnte es selbst nicht glauben, was sie von sich gegeben hatte.
Er drehte sich zu ihr, trat das Herz in beiden Händen haltend vor sie und fragte ungläubig: „Dir tut es weh, wenn ich es fest umklammere. Etwa so?“ Er drückte leicht zu.
Sie schrie auf, als würden ihr leibhaftige schwere Schmerzen zugefügt.
„Ist das etwa dein Herz?“ Er balancierte es in einer Hand und kam mit der anderen in die Nähe ihres Busen: „Hast du kein Herz mehr? Lass fühlen!“ Sie wehrte seine Hand ab.
„Das könnte dir so passen.“
In einer anderen Situation und Gelegenheit hätte sie es ihm mit Wonne gestattet, sie kannte seine Gedanken. Durch seine unendliche Liebe zu ihr war er oft in ihrer Nähe erregt und er wäre kein junger Teen im besten Saft, wenn er nicht jede Gelegenheit wahrnehmen würde, seinen inneren Druck abzulassen.
Das Herz in der anderen Hand fing an zu wackeln und wäre beinahe zu Boden gefallen, doch er konnte es mit der freien schnell wieder nehmen, sodass es in seinen hohlen Händen sicher lag.
Bedingt durch das festere Zugreifen, schrie sie wieder auf.
„Das kann nicht sein, dass ich dein Herz in meinen Händen trage. Du wärst doch ohne Leben. Ohne pulsierendes Blut könntest du nicht sein.“ Er stockte und sagte diesmal nicht mehr mit einem ironischen Ton: „Fühle, ob es in dir noch schlägt.“
„Ich brauche nicht zu fühlen, ich spüre den Schlag meines Herzens, aber dennoch gibt es einen Zusammenhang zwischen dem in deinen Händen und dem meinen.“
Sie sah bei ihren Worten suchend um sich: „Vielleicht ist er noch hier und beobachtet uns. Der Anblick des magischen Zwölfecks mag ihn aus deiner Umgebung vertrieben haben, trotzdem spüre ich seine Nähe. Irgendwo lauert er auf uns.“
Vinc musste zugeben, dass er ebenfalls ein mulmiges Gefühl besaß, jedoch er zeigte Stärke nach außen und ließ es sich nicht anmerken.
„Ich werde dieses Herz wohl hüten müssen, als wäre es dein eigenes, bis wir genau wissen, wie das zusammenhängt“, sagte er.
In ihm kam noch mehr Unbehagen auf, als er weiter dachte, aber es nicht äußerte. Seine Befürchtung war, dass er Vanessas Leben in der Hand hielt. Ihr Duplikat war nicht mehr vorhanden, aber das doppelte Herz noch. Er hegte den Verdacht, wenn diesem Herzen in seinen Händen etwas geschehen würde, würde es auch bei ihrem.
Sie schritten wortlos weiter. Nicht dass sie keinen Gesprächsstoff mehr hatten, doch ihre Sinne waren auf jedes noch so kleinste Geräusch fixiert.
Sie verließen diese eigenartige Stätte, indem sie ebenso viele Stufen hinabschritten, die sie nach oben führten.
Vanessa betastete mit ihren Füßen jede Breite, ebenso die Länge der Stiegen gründlich.
Die Dunkelheit umgab sie inzwischen wie der schwarze Umhang des
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