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Unheimliche Begegnungen (German Edition)

Unheimliche Begegnungen (German Edition)

Titel: Unheimliche Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Vehler
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recht, dass sie alleine und wie blind durch die Schwärze gehen wollte. Doch er war auch Realist genug, um einzusehen, dass es keine andere Möglichkeit gab. Er mahnte sie daher zur Vorsicht, obwohl er es nicht brauchte, denn sie war es gewohnt, wachsam Unbekanntes zu untersuchen.
    Zunächst bemerkte sie zu ihrer Freude, dass die Luft hier erträglich war. Sie stieß mit dem Fuß an etwas. Sie tastete nach dem Gegenstand. Es musste eine Fackel sein. Nach Mehrmaligen rauf und runterfahren mit den Fingerspitzen bestätigte es ihre Annahme. Aber wie konnte sie, sie anzünden?
    Doch als sie, sie hochhob, erhellte sie von selbst. Wieder etwas Unerklärliches, jedoch angesichts der letzten Ereignisse kaum noch verwunderlich.
    Die Fackel brannte zwar nicht ganz hell, aber doch so, dass sie etwas sehen konnte. Von Stickluft war keine Rede, nur modrig und feucht roch es hier. Die Wände bestanden aus einer schwarzen, lehmartigen Masse. Vanessa war solch eine Art noch nicht bekannt. Doch sie wunderte sich nicht, denn viele Natürlichkeiten auf Arganon entsprachen nicht der der Erde.
    Die Wände waren nicht weit auseinander, und als sie nach oben blickte, sah sie Streben aus Holz. Ein paar Meter weiter erblickte sie links und rechts ihres schmalen Gangs wieder welche, die als Stützen dienten. Sie sahen alt und zerbrechlich aus. Wie lange Zeit mussten sie schon überdauert haben? Sie wusste, sie war in einer Mine. Die Stützen hielten noch fest, nur an einer Stelle schienen sie eingefallen zu sein. Darüber lagernder Sand war nachgestürzt.
    Sie kniete nieder und räumte mit der Hand den Sand weg. Er war leicht und mehlig.
    Hinter ihr seufzte Vinc. Was hatte er nur? Es klang so dumpf, so hohl, so eigentümlich! Sie drehte sich um.
    Er saß mit vornüber gebeugtem Oberkörper, hatte das Gesicht mit beiden Händen bedeckt und schien still zu sein.
    „Kam dieser Seufzer von dir, Vinc?“, fragte sie.
    „Von mir? Ein Seufzer? Wann denn?“
    „Soeben.“
    „Das war ich nicht. Du hast dich getäuscht.“
    „Nein, ich habe es deutlich gehört.“
    „Und ich war es nicht, und ich habe auch nichts gehört.“
    Vanessa beharrte weiter auf ihrer Wahrnehmung: „Es ist kein Irrtum möglich. Ich bin überzeugt, dass …“ Sie hielt inne. Der dumpfe Ton erklang abermals.
    „Hörst du es?“, fragte sie betroffen.
    Er nickte: „Ja, ich habe es jetzt auch deutlich vernommen.“ Vinc nahm das Herz, das er noch neben sich liegen hatte, vorsichtig auf und sprang die knappe Höhe hinunter.
    Er wippte mit dem Kopf. „Das kommt von da vorn.“
    Eben als er es ausgesprochen hatte, ließ sich der Ton abermals hören. Nun wussten sie genau, woher er kam.
    „Das Seufzen kam aus dem Schacht heraus!“, rief sie überrascht.
    Vinc, Angst um das Herz, flüchtete in eine Ecke. Sie hatte schon längst bemerkt, dass er vor Furcht, es könnte dem Herzen etwas passieren und gleichzeitig auch ihr, sich anders verhielt als sonst. Beide zu behüten, ging ihm doch sehr an die Nerven.
    „So kenne ich dich gar nicht. Warum erschrickst du? Es sind bestimmt nur Aragonier in der Nähe.“
    Sie wusste, seine Liebe zu ihr war unermesslich, deshalb konnte er kaum noch klare Gedanken fassen bei der Idee, er könnte sie durch eine Unachtsamkeit verlieren. Er war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, doch diese Einbildung formte ihn im Moment zu einem weichherzigen jungen Menschen. Es war kein weibisches Verhalten, wenn er Schwäche zeigte. Das bewies nur, dass er ein gewöhnlicher Mensch war und nicht ein übernatürliches Wesen ohne Herz und Seele.
    „Argonier? Wie kann es hier Argonier geben? Das sind Geister der Hölle, die nach deinem Herzen und unseren Seelen lechzen.“ Sie dachte zunächst, er wolle sie mit diesen Worten foppen, doch sein Gesicht war todernst. Was verursachte den Wandel seines Gemütszustands? Was brachte ihn so aus der Fassung? Beeinflusste ihn etwas? War es das Herz in seinen Händen? Vanessa begann sich Sorgen um ihn zu machen.
    Doch Vinc wäre nicht ein furchtloser Junge, hätte er nicht seine Nerven wieder im Griff. Er kam aus der Ecke hervor und sagte: „Folge mir. Wir müssen die Stimme finden, das heißt denjenigen, von dem sie stammt. Ich habe genug von Geistern und anderen Schemenwesen. Sie existieren nur in unserer Einbildung.“
    Sie näherten sich vorsichtig dem kleinen Hügel, der durch nachfließenden Sand langsam höher wurde. Aber was verursachte dieses Herabrieseln, das aussah, als wären sie in einem riesigen

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