Unheimliche Begegnungen (German Edition)
Situationen konnten einen die Sinne täuschen.
Vinc einziger Vorteil bestand darin, dass das Untier fast den gesamten Gang ausfüllte und damit in seiner Beweglichkeit eingeschränkt war. Allein der Gestank dieses Unwesens ließ Vinc den Kopf zur Seite drehen, denn ihm standen bereits durch den beißenden Geruch Tränen in den Augen. Er hatte keine Angst vor dem Wächter, zumal er ja die Wunderwaffe besaß und dieser auch noch in respektabler Entfernung weilte.
Im Bewusstsein, einen einseitigen Kampf schnell beenden zu können, richtete er das Schwert gegen seinen Feind.
Der erhoffte Strahl kam aus der Spitze, aber er richtete bei dem Vieh keinen Schaden an. Es reagierte nicht einmal, als er ihn traf.
Bei der Erkenntnis seiner Hilflosigkeit und dem Versagen der Waffe ging es Vinc heiß und kalt durch den Körper. Er wusste, dass er den Kampf niemals gewinnen würde. Das Tier musste so eine dicke Haut haben, dass wohl auch ein Schwert keinen ernsthaften Schaden zufügen konnte. Trotzdem blieb Vinc erst einmal abwartend stehen und folgte jeder Bewegung des Wächters.
Aber warum griff er ihn nicht an? Vinc dachte an eine Flucht, aber würde der Ausgang noch offen sein? Kaum zu glauben, denn Raxodus wird ihm bestimmt keine Gelegenheit geben wollen, nach draußen zu gelangen und damit mehr Möglichkeiten zu haben, in freier Umgebung den Kampf auszutragen.
Schlagartig fiel Vinc etwas ein. Er könnte eigentlich, den noch nicht begonnen Kampf für sich entscheiden und ihn gar nicht erst anfangen. Es kam nur auf die Intelligenz dieser Bestie an.
Er entschloss sich, nach hinten in Richtung des Ausganges wegzulaufen. Er hoffte inständig, der Wächter möge ihm folgen.
Er drehte sich und lief in die geplante Route. Er wagte sich nicht umzudrehen aus Angst, er könnte auf dem unebenen Boden stolpern und stürzen und damit der Bestie hilflos ausgeliefert sein.
Er vernahm einen fürchterlichen ohrenbetäubenden Schrei. Er drehte sich um und so schrecklich das Bild auch war, das sich ihm darbot, er musste innerlich jubeln.
Er sah, wie sich die Bestie hin und her bewegte, soweit die Enge es zuließ und sich mit beiden Klauen an den Kopf griff, in dem das Fallbeil steckte. Da eigens für den Fall eine Wölbung in der Decke war, hatte es so einen genügenden Abstand und dadurch die nötige Geschwindigkeit, dass es einen Teil in die Schädeldecke eindringen konnte. Vinc wunderte sich, dass der Wächter seitens von Raxodus keinerlei Hilfe bekam. Er hätte doch das Schicksal seines Getreuen voraussehen müssen. Oder war er nur ein sogenanntes Bauernopfer?
Wieder kam Vinc der mächtige Wächter von damals in Erinnerung. Langsam war er überzeugt, vor sich ein kleineres Duplikat zu haben.
Durch seine heftigen Drehungen im Todeskampf verklemmte sich der Wächter im engen Gang und konnte sich nicht mehr rühren.
Es herrschte eine unheimliche Stille. Der Verletzte war ein wenig in sich gesackt und sah mit weit aufgerissenen Augen zu Vinc, der sich noch nicht von der Stelle zu bewegen wagte. Er erwartete einen Kommentar von Raxodus. Doch dieser blieb zu seinem Erstaunen aus.
Nachdem die großen Augen Vinc weiter anstarrten und keine Regung zeigten, wagte er sich langsam zu ihm zu gehen.
Plötzlich entstanden kleine Ebenbilder des Untiers, gleich wie damals die Gestalten des Engels mit dem Schwert, als der Herr der Finsternis seine Demonstration zeigte.
Sie peilten Vinc an.
In der Hoffnung, es könnte etwas erwirken, richtete er gegen sie das Schwert.
Der Strahl schoss aus der Spitze. Er traf eines der Monster und es löste sich auf. Doch im selben Moment entstanden wieder neue. Es war, als schlüge Vinc den Kopf einer Hydra ab, wobei erneut, sieben nachwuchsen.
So schnell er konnte vernichtete er die Restlichen drei. Inzwischen hatte sich der Körper des Wächters aufgelöst.
Vinc stand ja durch das Locken der Bestie wieder auf der anderen Seite des Fallbeils. Er musste den Rhythmus des Falles beobachten und im günstigen Augenblick hindurch springen. Wieder kam erneut ein Schreck hinzu. Der Rhythmus des Auf und Ab gehenden wurde unregelmäßig. Wie sollte er dann den günstigen Augenblick berechnen, in dem er unbeschadet auf die andere Seite gelangen könnte?
Er sah hinter sich und erblickte die entstandenen Scheusale. Er richtete das Schwert zur Abwehr gegen sie. Auch hier verfehlte die Waffe nicht ihre Wirkung. Wie auch vorher entstanden neue Wesen.
Seiner Einschätzung nach würde es zu einem Kampf ohne Ende kommen
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