Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Titel: Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
Vom Netzwerk:
ich mich meiner Pflichten einfach entledige.
    Ach was, wir machen das gemeinsam.
    Sag’s doch offen, Merkur, du möchtest hier bestimmen.
    Keineswegs.
    Was würdest du denn als Kommandant tun?
    Nischt, sagte ich. Und so werden wir am besten fahren. Wenn mal was auf uns zukommt, dann sind wir beide dran interessiert, damit fe r tig zu werden. Wir werden die Sache schon schmeißen, wir müssen nicht alles so bürokratisch ernst nehmen.
    Elektra schien mein Vorschlag zu gefallen, aber dann sagte sie: Es ist nicht möglich, es muß ins Logbuch eingetragen werden, wenn sich in der Leitung etwas verändert hat. Man wird mich fragen, aus welchem Grunde.
    Nichts muß eingetragen werden, sagte ich, auf mich kannst du dich verlassen, ich halte dicht. Formal bleibt alles, wie es war.
    Weißt du, sagte sie, formale Auffassungen haben mich immer abg e stoßen. Ich kann nichts formal machen. Ich mache es entweder richtig oder gar nicht, aber da ich verantwortlich bin, muß ich es richtig m a chen. Sie wurde mit einemmal wie taub und blind. Gute Nacht, Merkur!
    Es wollte mir nicht in den Kopf, daß ich bei Elektra scheitern sollte. Ich hätte ja den kleinen Psychocomputer auf sie ansetzen können, den wir an Bord hatten. Bei sehr langen Reisen tritt bei manchen Reisenden ab und an eine kleine Verrücktheit auf. Aber Elektra hätte sich, wie ich sie kannte, nicht untersuchen lassen, bevor nicht der programmierte Termin heran war. Auch hatte ich etwas gegen die Untersuchungen. Schon die Unterlagen, die dem Computer eingegeben waren, konnten nicht stimmen. Das war mir alles zu oberflächlich. Gründlicher, das ist nach wie vor meine Meinung, räumt in den meisten Fällen der Mensch selbst mit sich auf, eine Hilfestellung durch andere Menschen natürlich nicht ausgeschlossen. War es mir vielleicht auch bei Alberna so erga n gen, als sie mich einfach aufsteigen ließ? War ihr gar nicht ein bißchen schmerzlich zumute, ging es bei ihr wirklich nicht tiefer, oder war ihr die Trennung so schwergefallen, daß sie das Gegenteil demonstrierte?
    Ich dachte oft an Alberna. Trug sie es mir vielleicht nach, daß ich nicht unten geblieben war? Hatte sie etwa gehofft, ich würde in letzter Minute doch nicht aufsteigen? Hatte sie absichtlich gesagt, sie würde nicht auf mich warten, um mich zum Dableiben zu zwingen? Hatte ich mich bei Alberna richtig verhalten? War mein Aufstieg, der laut Brynn dem moralischen Antlitz der Erde diente, was mich persönlich betraf, unmoralisch? Auf solche Gedanken kam ich immer öfter.
    Elektras Arbeitswut ging mir langsam auf die Nerven. Sie tat mir leid.
    Vielleicht könnten wir eine Teestunde mit Rettichsaft machen, der Tee würde dadurch sehr gewinnen.
    Elektra wiederholte wie eine kaputte Sprechmaschine: Es geht leider nicht, Merkur. Ich muß arbeiten.
    Da fing es bei mir zu dämmern an. Sie wollte im Grunde sehr gern mit mir Tee trinken, es war ihr größter Wunsch. Sie wollte auch, daß wir Rettichsaft reintaten, sie wollte, wie sie am Anfang gesagt hatte, unsere menschlichen Beziehungen aufbessern, und ich Idiot hatte ganz vergessen, wie sie davon gesprochen hatte, daß sich Liebende trotz g e gensätzlicher Ansichten lieben können. Sie wollte also geliebt sein, die arme Elektra.
    Und weil sie merkte, daß ich darauf nicht einging, demonstrierte sie verbissen, daß sie für menschliche Beziehungen keine Zeit hätte.
    Es war mir aber nicht möglich, sie zu lieben, ich mußte immer an A l berna denken; auch stieß mich Elektras überdrehte Pflichtauffassung ab und ihre Absicht, mich zu bessern.
    Ich kann sie nicht lieben, sagte ich vor mich hin. Aber wie kommt sie dazu, mich zu lieben? Ich habe mich ihr gegenüber so schlecht wie möglich gemacht. Ich habe versucht, Widersprüche aufzureißen, habe Widerspruchsminen gelegt, trotzdem liebt sie mich.
     
     
    8
    Vielleicht war ich aber auch zu eingebildet. Bei meinen zahlreichen m o ralischen Schwächen wäre es kein Wunder, wenn ich mir vom Charme meiner Person übertriebene Vorstellungen machte. Vielleicht drehte Elektra nicht aus verklemmter Liebe zu mir die verrückte Datenmühle, vielleicht war bei ihr der Zustand eingetreten, mit dem man auf jeder längeren Raumfahrt früher oder später rechnen muß. In den Enzykl o pädien wird nur kurz daraufhingewiesen, Raumpanik, auch Allphobie genannt. Seit Professor, der Name ist mir entfallen, durch mehrfache Gabe von Antipan, dragiert oder flüssig, leicht zu überbrücken. Ich will nicht behaupten, daß ich

Weitere Kostenlose Bücher