Unit Kill
sondern dass wir die Dreckarbeit machen werden. Heimlich und heimtückisch. Das, was eigentlich niemand tun darf. Das, was niemals bekannt werden darf. Das, was niemals passiert ist.“
Maier sah zu Boden und schwieg. Der Kommandant wusste, dass er den Punkt getroffen hatte und setzte sofort nach.
„Ich will keine Menschenleben gegeneinander aufrechnen, keine Unschuldigen gegen Schuldige aufwiegen, das wäre pervers. Aber nichtsdestotrotz verhindern wir durch diese Aktion Schlimmeres, nämlich den Tod und die Verstümmelung von hunderten oder vielleicht tausenden unserer Landleute, die zu verteidigen wir letztendlich alle einen Eid geschworen haben. Klar, wenn von diesem Schiff da oben Überlebende gerettet werden, verhindern wir natürlich auch die betreffende Aktion, die mit diesen Waffen ausgeführt werden soll. Aber eben nur diese eine. Nur diese, verstehen Sie? Der Gegner ist dann gewarnt und macht uns in Zukunft ähnliche Maßnahmen schwieriger oder gar unmöglich. Und dann passiert genau das, was wir verhindern wollen - nur halt etwas später. Ganz abgesehen von den Folgen, wenn durch etwaige Überlebende bekannt wird, dass ein Kriegsschiff der Deutschen Marine ein fremdes Handelsschiff in internationalen Gewässern ohne Vorwarnung versenkt hat.“
Der erste Wachoffizier sah immer noch verstockt zu Boden.
Hansen, den Maier an seine kleine Tochter erinnerte, die auch immer dann bockig wurde, wenn ihr die Gegenargumente ausgingen, fügte nun in einem fast väterlichen Tonfall hinzu: „Ich fühle mich wie durch den Wolf gedreht, wenn ich daran denke, was wir tun müssen. Aber wir müssen es tun. Es ist widerlich, aber notwendig. Es muss getan werden und wir alle haben uns für so etwas freiwillig gemeldet.“
Der IWO sah nach wie vor zu Boden. Nach ein paar Augenblicken begann er zu nicken. Erst kaum merklich, dann immer stärker. Er sah auf und sagte: „Entschuldigen Sie, aber mein Gewissen ...“
Der Kommandant unterbrach ihn. „Wenn ich etwas auf meinem Boot nicht haben will, dann sind es gewissenlose Mörder!“
Dazu fiel dem IWO nichts mehr ein und er schwieg wieder.
„Die Mannschaft wird mit Sicherheit von den gleichen Zweifeln und Gewissensnöten geplagt werden, wie wir beide auch“, fuhr Hansen fort. „Wir haben noch genügend zeitlichen Spielraum, die Leute vorher zu informieren und ihnen noch einmal den Sinn unserer Mission unmissverständlich klar zu machen.“
Er stand auf und seine Stimme nahm wieder einen dienstlichen Tonfall an. „Wir werden auf Sehrohrtiefe zwei Torpedos aus der am geringsten möglichen Distanz abfeuern. Dabei müssen wir extrem heftige Sekundärexplosionen durch den Sprengstoff an Bord des Frachters einkalkulieren. Sobald die Torpedos detoniert sind, werden wir das Oberdeck, vor allem die Brücke und die Kommunikationsaufbauten, mit der Maschinenkanone belegen, damit keine Funksprüche geschickt werden können. Falls doch, werden wir den Funk aktiv stören.“
Der IWO sah erschreckt auf. „Ich weiß, ich weiß. Das fällt möglicherweise auf“, erläuterte der Kommandant. „Man wird, wenn unsere Störmaßnahmen irgendwo aufgefangen werden sollten, folgerichtig vermuten, dass irgend etwas im Busch ist. Aber man weiß nicht genau was.“ Und das, was in Wirklichkeit passiert ist, ist so unfassbar, dass niemand überhaupt auf so einen Gedanken kommen wird, fügte der Kommandant mit düsterer Miene im Stillen hinzu.
Das nun folgende Schweigen dauerte fast eine Minute. Der Kommandant kam der Frage des IWO zuvor und sagte: „Wenn es danach noch Überlebende im Wasser geben sollte, was nicht sehr wahrscheinlich ist, dann werde ich das persönlich übernehmen. Das werde ich keinem anderen von unserem Boot zumuten.“
Hansen setzte sich an seinen Tisch. „Gehen Sie bitte zurück in die Zentrale und teilen Sie der Besatzung mit, dass wir den Angriffsbefehl erhalten haben. Die Einzelheiten werde ich in Kürze persönlich erläutern“, ordnete er an. „Bringen Sie das Boot so in Position, dass wir sobald möglich zwei Seemeilen querab kommen und feuern können. ECM bereit machen für Störmaßnahmen auf dem Notfrequenzband. Das Sonar hat jeden Kontakt, selbst jeden entfernten Verdacht auf einen möglichen Kontakt zu melden. Wir brauchen keine Zeugen, bei dem, was wir vorhaben. Tripple-M-Ausfahrgerät mit der Maschinenkanone klar machen. Alles weitere später von mir.“
Der IWO wiederholte die Anweisungen und verließ die Kammer.
Der Kommandant blieb regungslos
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