Unit Kill
zu diesem Zeitpunkt ausführlich Unhöflichkeiten ausgetauscht. Aber letztendlich wussten beide Kommandanten, dass sie über das Ziel hinaus geschossen waren. Jeder von ihnen. Sie einigten sich am Ende auf eine sehr entschärfte Version des Vorfalls für ihre Bordbücher. USS San Francisco ging anschließend wieder auf Tiefe.
Mike Tusk war so weit Realist, dass er sich in diesem Fall geschlagen gab. Das gegnerische U-Boot war garantiert in diesem Chaos entkommen und er hatte bei den Kampfhandlungen seinen einzigen Bordhubschrauber verloren. Und dabei hatte er noch Glück gehabt, das wusste er jetzt ganz genau. Sein Erster Offizier hatte ihn nämlich vor ein paar Minuten um eine vertrauliche Unterredung gebeten.
„Was gibt’s denn?“, hatte Tusk mürrisch gefragt, als sie in seiner Kammer waren und er die Tür geschlossen hatte.
„Sir, dieses U-Boot war definitiv keine Klasse 209.“ Tusk nickte, das hatte er sich mittlerweile auch schon ausgerechnet.
„Sir, ich habe die Rakete, die unseren Bordhubschrauber getroffen hat, genau gesehen. Das war exakt so ein Modell.“ Der Erste zeigte seinem Kommandanten zwei Bilder. Eins, auf dem eine von einem U-Boot unter Wasser gestartete Rakete einen U-Jagd-Hubschrauber angriff und eins, das eine Großaufnahme einer mittelgroßen Rakete mit Stabilisierungs- und Lenkflossen enthielt. Der Text auf den zwei Blättern war in einer ihm fremden Sprache, vermutlich in Deutsch, abgefasst.
„Ich habe es von jemandem, der Deutsch spricht, übersetzten lassen. Das System nennt sich Interactive Defence and Attack System for Submarines, kurz IDAS, und ist zur Bekämpfung von See-, Land- und Luftzielen geeignet. Abschuss unter Wasser, Zielführung in Echtzeit durch einen Operator im U-Boot. Steuerung durch ein Glasfaserkabel und eine im Gefechtskopf eingebaute Infrarot-Kamera. Trefferwahrscheinlichkeit über fünfundneunzig Prozent, Treffergenauigkeit plusminus dreißig Zoll! Die erste U-Boot-gestützte Rakete der Welt, die ohne einen Booster horizontal unter Wasser gestartet werden kann.“
Tusk blickte finster auf die erste Zeichnung. Das dort abgebildete Szenario kam ihm nur zu bekannt vor. Genau das hatte er, nur optisch etwas anders dargestellt, vor kurzem auf seinem Display in der Gefechtszentrale mit verfolgen müssen. „Warum hat man uns darüber nicht informiert? Wir wären ganz anders vorgegangen und hätten den Hubschrauber vielleicht nicht verloren!“ Aus der Stimme des Kommandanten klang Verbitterung.
„Sir, laut diesem Bericht hat IDAS seinen vollen Funktionsnachweis und die Truppenerprobung noch nicht vollständig abgeschlossen. Und eingesetzt werden soll es ohnehin ausschließlich auf den neuen deutschen Booten der Klasse 212A, auf denen es auch bereits in der Ostsee getestet wurde. Eigentlich hätte es diese Waffe hier noch gar nicht geben dürfen.“
Der Kommandant blickte immer noch auf das Bild, er konzentrierte sich aber dabei jetzt mehr auf das U-Boot. „Klasse 212A? Das ist doch dieses neue deutsche U-Boot mit Brennstoffzellenantrieb und einer Hülle aus nicht-magnetischem Stahl, oder?“ Tusk war Experte für U-Boot-Jagd und kannte natürlich so ziemlich alle U-Boote dieser Welt. Als er vor einiger Zeit in einer Marinefachzeitschrift einen Bericht über die 212A-Klasse las, war er ziemlich beeindruckt und hatte für sich persönlich die Chancen ausgerechnet, mit seiner Fregatte, selbst in einem Verband, solch ein U-Boot zu versenken. Er war damals sehr nachdenklich geworden. „Ein mit passivem Sonar, MAD oder Wärmesensoren praktisch nicht zu ortendes U-Boot, nicht wahr?“
„Ja, Sir. Und mehrere Wochen Tauchzeit.“
„Hm, aber wir sollten laut Befehl ein Unterseeboot der Klasse 209 oder einen vergleichbaren, deutschen Export-Typ zur Strecke bringen.“
„Ja, Sir. “ Der erste Offizier merkte erleichtert, dass der Kommandant langsam seinem Gedankengang zu folgen begann.
„Aber das war kein 209er.“
„Nein, Sir, laut Sonar definitiv nicht. Nur ein ähnlicher Klang des Diesels.“
„Vielleicht deshalb ähnlich, weil die Maschine eine Weiterentwicklung der auf den 209ern eingesetzten Diesel ist?“, fragte Tusk listig.
„Möglich, Sir.“ Der erste Offizier erlaubte sich den Anflug eines Lächelns.
Beide blickten sich an. Tusk kannte seinen Ersten schon ziemlich lange, deshalb konnten sie beide auch offen miteinander reden.
„Kann es sein, dass vielleicht doch zwei U-Boote in diesem Gebiet unterwegs waren und wir das falsche gejagt
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