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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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versagte. »Entschuldigung, ich wußte nicht,
daß du Besuch hast.«
    »Ich auch nicht.« Mannie
musterte mich kalt.
    »Sie haben mir ja keinerlei
Gelegenheit gegeben, diese Tatsache zu erwähnen«, fauchte ich. »Wie dem auch
sei, dies ist Marie Soong. Marie, darf ich dir Mannie Karsh vorstellen.«
    Der Name schien ihr offenbar
nichts zu sagen, denn sie lächelte verbindlich und nickte. »Ich freue mich, Sie
kennenzulernen, Mr. Karsh.«
    »Das Mädchen nehmen Sie lieber
mit«, sagte Mannie. »Möglicherweise kommt Hurlingford auf die verrückte Idee,
sich selber Ihrer anzunehmen. Es dürfte Ihnen kaum recht sein, wenn die Dame
ihn dann allein hier empfängt.«
    »Sie kann ja die Tür
abschließen und niemandem aufmachen«, wandte ich ein.
    »Glauben Sie wirklich, eine
Kleinigkeit wie eine Tür könnte einen Menschen in seinem Zustand aufhalten?«
Mannie erhob die Stimme. »Sie kommt mit, da ist sie wenigstens sicher.«
    »Okay«, sagte ich. »Hol deinen
Mantel, Schätzchen. Wir müssen noch weg.«
    »Jetzt gleich?« Sie sah mich
fassungslos an. »Danny! Unsere herrlichen Steaks!«
    »Wenn Sie wirklich so einen
Hunger haben, können wir uns ja unterwegs eine Bulette kaufen«, knurrte Mannie.
»Können wir endlich gehen?«
    Marie schüttelte hilflos den
Kopf und holte dann ihren Pelzmantel aus dem Schlafzimmer. »Ich bin fertig«,
sagte sie reserviert. »Falls das ein Scherz sein soll, Danny Boyd...«
    »Leider nein«, erwiderte ich.
»Ich will nur auch noch meinen Mantel holen.«
    »Aber bitte sehr«, sagte Mannie
und wich mir nicht von der Seite.
    Ich wollte meine Halfter vom
Stuhl nehmen, aber bevor ich sie noch ergriffen hatte, sagte Mannie bereits:
»Lassen Sie die Kanone ruhig zu Hause. Da, wo wir hingehen, brauchen Sie so ein
Ding nicht. Ich garantiere Ihnen, daß wir keinen Ärger kriegen.«
    »Ganz wie Sie meinen«,
erwiderte ich zögernd und nahm meinen Mantel.
    Als wir zum Bordstein kamen,
öffnete Karsh die Tür zum Fahrersitz eines blitzenden, fast neuen Buicks. »Sie
fahren, Freund«, sagte er. »Der Verkehr macht mich kribblig. Ich sitze hinten,
und die Dame kann neben Ihnen Platz nehmen.« Er drückte mir die Schlüssel in
die Hand und war hinten eingestiegen, bevor ich überhaupt ein Wort erwidern
konnte.
    Fünf Sekunden später schob ich
mich mit dem Buick vorsichtig in den Verkehrsstrom.
    »Wohin fahren wir denn?« fragte
ich.
    »Long Island«, flüsterte Mannie irgendwo hinter mir.
     
     
     

10
     
    Hurlingfords Besitz entsprach
ziemlich genau meinen Vorstellungen. Zehn Morgen waldiges Gelände auf einem
Hügel an der Oyster Bay. Von der Terrasse aus hatte
man einen herrlichen Blick auf die Meerenge.
    Ich hielt in der Mitte eines
gepflasterten Hofes, der an drei Seiten von massiven Mauern umgeben war.
Nachdem ich den Motor abgestellt hatte, herrschte beklemmende Stille.
    »Was ist denn mit den
Dienstboten?« fragte ich.
    »Dafür habe ich gesorgt«,
flüsterte Mannie. »Es ist niemand im Haus. Sie brauchen sich also keine
Gedanken zu machen.«
    »Okay«, sagte ich. »Sie müssen
es ja wissen, Mannie.«
    »Ja.« Er öffnete die hintere
Tür des Wagens. »Dann wollen wir uns mal auf die Suche machen, wie? Die Dame
bleibt wohl besser hier im Wagen, bis wir fertig sind.«
    »Ich möchte aber lieber
mitgehen, Danny«, sagte Marie hastig. »Ich graule mich hier.«
    »Wenn du mitkommst, Schatz«,
sagte ich, »dürfte es noch viel schlimmer sein. Bleib lieber hier, es wird
nicht allzulange dauern.«
    Ich stieg aus, bevor sie
Einwände erheben konnte, und folgte Karsh, der zielstrebig über den Hof eilte.
Allmählich gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, so daß ich einige
Einzelheiten zu unterscheiden begann. Das Haus umschloß den Hof in zwei rechten
Winkeln; der Haupttrakt lag in der Mitte, flankiert von zwei Seitenanbauten.
    Karsh führte mich um den
östlichen Flügel herum über einen Kiesweg, der sich in kühnen Windungen vom
Haus entfernte, und blieb dann plötzlich vor einem Geräteschuppen stehen.
    Die Tür quietschte, als er sie
aufstieß. Eine Sekunde später knipste er eine Taschenlampe an, deren Lichtkegel
über Gartengeräte glitt.
    »Okay, Freund«, flüsterte er.
»Nehmen Sie sich einen Spaten.«
    »Sie meinen wohl zwei Spaten«,
sagte ich hoffnungsvoll.
    »Für dreitausend Piepen können
Sie Ihr Loch getrost allein graben«, erwiderte er kalt.
    Ich ging in den Schuppen hinein
und nahm einen Spaten. Als ich wieder hinaustrat, schien Mannie völlig den
Verstand verloren zu haben.

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