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Unschuldig

Titel: Unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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an dem kleinen Fenstertisch Platz und lehnte sich lässig im Sessel zurück. »Ah, gut, noch nicht viel los hier.«
    »Ja, noch angenehm ruhig um diese Uhrzeit. Ich hab dir bereits einen doppelten Espresso besorgt. Schwarz ist doch richtig? Zwei Stück Zucker wie immer? Und zwei Croissants, die nimmst du doch auch?«
    »Ja, super, danke!« Möllers Lächeln bewies, dass ihm die Aufmerksamkeit des Caterers schmeichelte. »Hat Sascha Buckow eigentlich alle Rechnungen bei euch bezahlt?«
    Er nickte. »Soweit ich weiß, ja.«
    Möller betrachtete ihn aufmerksam. Dennoch war er sich sicher, dass er völlig ahnungslos war, wen er vor sich hatte. Noch weniger kam er wohl auf die Idee, dass er das nächste Opfer sein könnte. Nein, beschloss er, mit Intuition hielt sich der Regisseur nicht auf, dafür war er zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
    Wahrscheinlich hielt er ihn sowieso für einen unscheinbaren und anspruchslosen Küchenassi, der nur mit irgendeiner abstrusen Filmidee angeben wollte. Andererseits war er offensichtlich einfach zu neugierig gewesen, sonst wäre er schließlich nicht hier.
    Bereits während der Dreharbeiten hatte er beruhigt festgestellt, dass Möller ihn nicht erkannte. Klar, zehn Jahre, mindestens zwanzig Kilo weniger auf den Rippen und eine völlig andere Frisur waren eine gute Tarnung.
    »Wäre ja auch völlig daneben, euch nicht zu bezahlen, nach alldem … Allerdings krieg ich noch Geld von der Produktion. Es hieß zwischendurch, sie wollten mich rauswerfen, aber das war völliger Unsinn. Wo sollten sie so schnell einen guten Ersatz herbekommen? Ich verstehe mein Handwerk.«
    Er wusste, dass die Produktion nach Felix Kleists Tod abgebrochen und die Kosten der bisherigen Dreharbeiten als Versicherungsfall abgewickelt worden waren.
    »Und was drehst du als Nächstes?«, fragte er mit geheucheltem Interesse.
    »Spur des Bösen, ein Neunziger. Wird ein Film der Woche. Sehr spannend. Habe selbst das Buch bearbeitet. Also, da geht es um einen Mann, der …«
    Er hörte nicht mehr, was der Regisseur über seinen neuen Film erzählte. Auf der Spur des Bösen bin ich selbst, dachte er und blickte gedankenverloren durch die Glasscheibe auf den Ku’damm. Er merkte erst wieder auf, als Möller sagte: »Ist ja ’ne heftige Geschichte mit Lea und Felix, wirklich ein Hammer, oder? Ein Serienmörder! Wär übrigens auch ein Superstoff.«
    Jetzt musste er doch irgendetwas sagen. »Es tut mir echt leid um Lea Buckow. Sie war so eine lebenslustige Frau.«
    Möller starrte ihn verblüfft an. »Wie gut hast du sie denn gekannt? «
    »Ich habe sie nicht wirklich gekannt, aber ich denke, dass sie ein guter Mensch war.«
    Möller musterte ihn jetzt skeptisch. Dann nahm er einen ersten Schluck vom Espresso und machte sich über die Croissants her.
    Wahrscheinlich hält er mich für durchgeknallt, dachte er befriedigt. Vielleicht denkt er, ich nehme Drogen. »Ja, eine wirklich furchtbare Sache.«
    Er konnte jetzt nichts essen, seine innere Erregung war zu groß. Und der Schluck Kaffee, den Möller zu sich genommen hatte, zu klein, um Wirkung zu zeigen. Er musste erst ganz austrinken, und dann sollten sie sich so bald wie möglich auf den Weg machen, damit die Wirkung der Tropfen nicht vorzeitig eintrat.
    Er rührte in seiner Schokolade, das Croissant ließ er unberührt liegen.
    »Bestimmt ist der Mörder jemand aus dem Filmgeschäft«, überlegte Möller mit vollem Mund.
    »Kann schon sein.« Er sah dem Regisseur direkt in die Augen. »Die Welt ist voller Verrückter.« Als Möller den Blick abwandte, rührte er wieder in seiner Schokolade.
    »Was machst du denn eigentlich so, wenn du nicht arbeitest?«, fragte Möller.
    »Ich gehe ganz gern ins Kino und sehe aber auch zu Hause jede Menge DVDs. Und neulich abends hatte ich dann diese Idee.«
    »Aha! Na, ich bin ja immer auf der Suche nach guten Storys. Erzähl doch mal. Vielleicht können wir etwas zusammen entwickeln? «
    »Ja«, sagte er. »Das wäre super.«
    »Wie lautet dein Pitch? Oder ist es schon ein richtig ausformulierter Stoffvorschlag?« Möller trank den Kaffee in einem Zug aus.
    »Wir sollten uns auf den Weg machen, damit ich dir noch kurz meinen Schauplatz zeigen kann. Der passt total zu meiner Idee. Ist nur ein kleiner Schlenker. Komm, lass uns fahren, damit wir nicht zu spät zur Beerdigung kommen.« Er stand auf. »Ich erzähl dir alles andere unterwegs.«
     

50
    I m Wagen glitt seine rechte Hand in die Hosentasche. Dort verwahrte er das braune

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