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Unschuldig

Titel: Unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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ihnen bereits getötet. Warum er dann aber Manuel entführt hatte, war ihr weiterhin ein Rätsel. Er hatte sie zwar einmal angerufen, aber noch immer gab es keine konkreten Forderungen. Vielleicht wollte er den Jungen als Geisel für seine Flucht benutzen. Vielleicht wollte er Lösegeld erpressen. Vielleicht war der Täter auch Möller selbst. Nur: Warum?
    Paula rief sofort Frau Wenzel an und bat darum, noch einmal mit Herrn Staufer sprechen zu dürfen.
    »Drei Ihrer ehemaligen Studenten sind die Opfer in der Mordserie, über die auch die Berliner Medien groß berichtet haben …«
    »Das ist mir heute auch klargeworden. Ich lese selten Tageszeitungen, meist nur Fachliteratur. Erst als Frau Wenzel mich darauf ansprach, kam mir so eine dunkle Ahnung. Daher wollte ich ja auch persönlich mit Ihnen sprechen.«
    Paula spürte, wie ihn die Erkenntnis über die Zusammenhänge mitnahm. »Was genau ist während der Dreharbeiten passiert?«, fragte sie.
    Staufer verstand ihre Frage falsch. »Der Film wurde damals zwar fertiggestellt, aber nicht auf Festivals geschickt. Es gab also keine PR für Tim Möllers Abschlussarbeit, und ich kann mir denken, dass auch die Beteiligten damit nicht shoppen gegangen sind. Für die Akademie war die ganze Sache jedenfalls ein schwerer Schlag. Ein fürchterlicher Unfall.«
    »Was meinen Sie mit shoppen?«, fragte Paula.
    »Den Film prominent in der Biografie platzieren.«
    »Wer ist der kleine Junge, der in dem Boot verbrannte?«
    »Ein Schüler. Ich kann mich nicht erinnern, wie er als Komparse in den Film geraten ist. Vielleicht durch ein Street-Casting, oder aber er war verwandt mit einem der Beteiligten oder einem anderen Studenten.«
    »Wissen Sie noch seinen Namen?«
    Er überlegte. »Ja, Fabi hieß der Kleine, Fabian. Der Nachname fällt mir im Moment leider nicht ein.«
    Fabian? Fabi? Der Caterer Nicolai Berger hatte seinen kleinen Bruder Fabi genannt, dachte Paula. Berger, der in dem Catering-Service arbeitete, der für den letzten Film, den Lea Buckow produziert hatte, für die Bewirtung sorgte. Berger, der nachweislich Lea, Kleist und Möller kannte. Und der ein Motiv hatte, wenn er tatsächlich der Bruder des toten Jungen war: Rache.
    Paula bat um eine Kopie des Filmes und rief Tommi an. »Was hast du über Berger?«
    Sie hörte, wie Tommi in seinen Notizen blätterte: »Geboren am 2. Oktober 1981 in Berlin-Moabit. Sein Vater Helmut hatte als Automechaniker begonnen, war dann einige Zeit selbstständig tätig, bevor er den Beruf wechselte und Versicherungsmakler wurde. In dem Jahr, als sein Sohn Fabian zur Welt kam, verließ der Vater die Familie und ging nach Neuseeland. Die Scheidung erfolgte in seiner Abwesenheit im darauffolgenden Jahr. Die Mutter war ausgebildete Chemielaborantin, arbeitete aber seit der Wende nicht mehr in ihrem Beruf, sondern hielt die Familie mit mehreren Putzstellen über Wasser. Nicolai war ein sehr guter Schüler und machte sein Abitur mit Bestnoten. Fabian Berger verstarb am 12. 2. 1999 aufgrund eines Unfalls. Schon bald nach dem Tod ihres jüngeren Sohnes musste Nicolais Mutter jede Arbeit aufgeben und lebt schon seit Jahren in einer psychiatrischen Einrichtung.«
    »Was hast du über den Unfall des Kleinen?«
    »Während der Dreharbeiten wurden Brennpasten vertauscht. Der Junge erstickte.«
    »Gab es einen Prozess?«
    »Nein, dazu kam es nicht. Laut der polizeilichen Untersuchungen mussten die damals Beteiligten entlastet werden, denn die Vertauschung der Pasten hätte auch von einem Unbekannten absichtlich durchgeführt worden sein können.«
    »Und die Beteiligten waren Lea Buckow und Felix Kleist?«
    »Ja«, sagte Tommi. »Und …«
    »Und Claudia Borowski. Und Tim Möller«, ergänzte Paula.
    »Genau. Das entlastete aber die Teammitglieder Lea und Möller nicht von dem Vorwurf, grob fahrlässig gehandelt zu haben, indem sie den Pyrotechniker nach Hause gehen ließen und das Boot für die Feueraufnahme selbst präparierten. Aber keine Vorstrafen-Einträge. Der Fall war damals nur kurz in der Berliner Presse. Moment, ich kriege da noch einen Anruf rein, ich melde mich gleich wieder«, sagte Tommi und legte auf.
    Endlich, dachte Paula triumphierend, endlich wissen wir, wer du bist! Mit eiligen Schritten ging sie ins Foyer. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wir müssen sofort eine Großfahndung nach Nicolai Berger rausgeben. Er hat ein Motiv und ist höchstwahrscheinlich der Täter. Und er hat Manuel! Nur, was hatte er mit Manuel vor? Lebt er

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