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Unschuldig

Titel: Unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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Teams zu kontrollieren und die Produktionsleitung zu schikanieren. Ohne hundertprozentige Gänsedaunendecken und Cola light, permanent auf vier Grad gekühlt, ging die nirgendwohin.«
    »Sie fühlten sich also schlecht von ihr behandelt?«
    »Das kann man wohl laut sagen. Seit Jahren wurde mein Honorar nicht erhöht, obwohl ich immer wieder für sie gearbeitet habe. Die Business-Flüge hat sie mir gestrichen und auch den Wohnwagen, den ich in allen anderen Produktionen bekomme!« Er redete sich immer mehr in Rage. »Meiner Agentin hat sie mitgeteilt, entweder macht der Kleist das für die alte Gage, oder wir nehmen jemand anderen! Das ist doch das Letzte!! Sind Sie schon mal Holzklasse nach Asien geflogen?«
    Paula war überhaupt noch nicht nach Asien geflogen. »Was heißt Wohnwagen gestrichen?«
    »Dass ich mir mit dem Kollegen den Wagen teilen muss!«, empörte sich Felix Kleist. »Und dessen Rasierwasser ist absolut inakzeptabel. «
    »Sie war also sparsam«, kam Paula zurück zum Thema.
    »Ha, sparsam! Sie knauserte, wo es ging. Während alle den Gürtel enger schnallen müssen, Krise und so weiter, staubte sie einen Produktionsauftrag nach dem nächsten ab, aber drückte immer die Gagen. Sie werden hier weit und breit niemanden finden, der auch nur ein gutes Haar an ihr lässt.«
    »Hatten Sie Streit mit ihr?«
    »Gott bewahre, nein, kein Streit! Sie befinden sich hier in der Bussi-Bussi-Gesellschaft. Hier streitet sich niemand, hier wird jeden Tag gelächelt und geküsst, was die aufgespritzten Lippen hergeben. Aber sobald Sie den Rücken kehren, haben Sie schneller ein Messer zwischen den Rippen, als Sie ›Klappe‹ sagen können.«
    Paula fiel auf, dass er seine Halsmuskeln in den Sprechpausen anspannte. Dann rollte sein weißgoldenes Kettchen mit einem Plättchen, in das die Initialen »BB« eingraviert waren, immer ein Stückchen am Hals nach oben. Sobald er sich entspannte, fiel das Kettchen wieder herunter.
    »Also hatte Lea Buckow jede Menge Feinde?«
    Der Schauspieler lachte. »So würde ich das nicht nennen. Die heißen bei uns alle Freunde. Tatsächlich nutzte sie jeden in ihrer Umgebung gnadenlos aus. Jedem versprach sie mehr Geld, mehr Arbeit, bessere Bedingungen – beim nächsten Projekt. Nur: Sie hielt ihre Versprechungen nie. Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, war einer ihrer Lieblingssprüche. Jeder hier hat diese Erfahrung schon mit ihr gemacht. Obgleich es sich ja nie um ihr Geld handelt, denn all ihre Produktionen werden voll vom Sender finanziert.«
    »Ist das nicht immer so?«, fragte Paula aufs Geratewohl.
    »Bei Auftragsproduktionen schon. Aber es gibt immer wieder Produzenten, die auch ins wirtschaftliche Risiko gehen. Bei Co-Produktionen ist das häufig der Fall.«
    »Was wissen Sie über Frau Buckows Tagesablauf?«
    »Meist war sie im Büro und nur alle paar Tage auf dem Set, aber sie hatte immer ihre Spitzel, die ihr Bericht erstatteten. Dann griff sie zum Hörer und machte am Abend die Leute rund. Oder sie ließ ihre Kettenhunde von der Leine.«
    »Kettenhunde?«
    »Das sind Giftel und Gockel, ihre beiden Assistenten. Die rufen einen gerne mal abends zu Hause an. Und ›richten nur etwas aus‹. Im Namen von Frau Buckow.«
    »Was ist mit dem Ehemann?«
    »Den hat sie oft genug vor allen Leuten im Team bloßgestellt. Die Lea machte vor nix und niemandem halt.« Er lachte wieder. »Er ist aber auch ein ziemlicher Hallodri. Mittlerweile hat er eine sehr hübsche Assistentin, Anfang zwanzig. Von der lässt er sich anbeten.«
    »Wo haben Sie den gestrigen Abend verbracht, Herr Kleist?«
    »Zu Hause, ich bin ja nach dem Drehen immer fix und foxi. Meine Angst vor der Kamera laugt mich völlig aus. Ich hab mir etwas zu essen gemacht und bin meine Rolle noch mal durchgegangen. «
    »Irgendwelche Zeugen dafür?«
    »Brauche ich die?«
    Der muffige Geruch, den die Wohnwagenheizung verbreitete, verursachte Paula langsam Kopfschmerzen. »Ich hoffe nicht, dass Sie sie brauchen. Meine Frage ist jetzt nur, ob Sie sie haben.«
    Kleist schaute zur Uhr. »Nein, die hab ich nicht. Aber wenn es Ihnen recht ist, schreibe ich Ihnen das alles auf. Ich habe in Die Kralle von Kreuzberg den Kommissar gespielt.«
    Paula blickte ihn perplex an. Das gefiel ihm.
    »Ich schreibe alle Details für Sie auf: Wann ich Lea zum letzten Mal lebend gesehen habe, was wir geredet haben, wie mein Verhältnis zu ihr ist, was ich gestern Abend gemacht habe, Stunde für Stunde, alles akribisch genau. Jede

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