Unschuldig
Hände wie ein Bauarbeiter und einen festen Blick.
Sascha Buckow bot den Polizisten die beiden Sessel an und setzte sich in die Mitte des Ledersofas. Mit versteinerter Miene hörte er sich Paulas Bericht an, wann und wie die Polizei seine Frau tot aufgefunden hatte. Ihre Beileidsbekundungen nahm er stumm entgegen. Paula schien er sehr kontrolliert. Vielleicht hielt der Alkohol ihn betäubt. Sein linker Arm mit der teuren Uhr lag entspannt auf dem elfenbeinfarbenen Leder. Wahrscheinlich war ihm der brutale Tod seiner Frau doch schon vom Produktionsbüro mitgeteilt worden, überlegte Paula. Sie schwieg.
Er stellte keine Fragen, sondern bot den Beamten Espresso an.
Während Tommi sich im Wohnzimmer umsah, folgte Paula Buckow über den Flur in die große helle Küche. Durch das Küchenfenster sah sie hinaus auf die Straße, die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Eine Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand spazierte langsam vorbei. Der Kleine schien von der Schule oder der Nachhilfe zu kommen. Die Mutter trug den Schulranzen. Alle paar Meter blieben beide stehen und schauten sich die lilafarbenen Krokusse oder die Weidenkätzchen an, die in den letzten Tagen erblüht waren. Schließlich beobachteten sie einen kleinen Hund, der hinter dem Zaun des Nachbargrundstücks aufgeregt hin- und herlief und dabei laut kläffte.
Paula blickte sich in der teuren, weißen Designerküche um. Alles war aufgeräumt, bis auf eine Vase mit verblühten Osterglocken und ein grünes Glasgefäß mit Teebeuteln. Buckow hatte die Espressomaschine in Gang gesetzt. Daneben stand ein silbernes Tablett mit Zuckerdose, Milchkännchen, drei kleinen Tassen und hohen Wassergläsern. Er füllte den heißen Espresso in die Tassen und servierte sie auf dem Glastisch vor dem Kamin im Wohnzimmer. Paula folgte ihm.
»Wer könnte ein Interesse daran gehabt haben, Ihre Frau zu töten? «, fragte sie.
»Niemand. Jedenfalls fällt mir niemand ein.«
»Hatte Ihre Frau Feinde?«
Er lachte kurz. »Wir führen eine der renommiertesten Filmproduktionen in Deutschland. Unser Jahresumsatz beläuft sich auf mindestens fünfzehn Millionen Euro. Wo Geld im Spiel ist, gibt es Neid. Und wo Neider sind, lauern auch Feinde.«
Feinde, ja, aber keine Mörder, dachte Paula.
»Filme machen ist wie Krieg, verstehen Sie.« Starr schaute er geradeaus.
»Wer ist der Begünstigte der Lebensversicherung Ihrer Frau?«
»Ihre Eltern? Ich? Keine Ahnung.«
»Wieso wissen Sie das nicht?«
»Weil ich Lea nicht wegen ihres Geldes oder ihrer Lebensversicherung geheiratet habe. Ich habe sie geheiratet, weil ich sie liebe. « Seine Stimme brach.
Paula und Tommi warteten einen Moment lang.
»Sie sind gekommen, weil Sie wahrscheinlich auch wissen wollen, wo ICH den Abend verbracht habe, an dem meine Frau ermordet wurde.«
»Sie verstehen, dass wir danach fragen müssen.«
»Ich kenne Ihre Pflichten. In solchen Fällen ist der Ehemann sicher erst mal der Hauptverdächtige. Aber ich sage es noch einmal: Das Vermögen meiner Frau hat mich nie interessiert. Ich habe selbst genug Geld. Außerdem war ich an dem Abend in Hamburg.«
»Wo da genau?«, fragte Tommi.
»Ich war im Hotel Atlantik in Hamburg. Mit meiner Assistentin Anna Leifheit. Sie haben sich ja bereits im Büro schlaugemacht, wie ich hörte.«
Also doch, dachte Paula. Jemand hatte ihn über Leas Tod in Kenntnis gesetzt. »Wer hat Sie über den Tod Ihrer Frau informiert? «
»Schaub, der Produktionsleiter«, antwortete Buckow. »Ich weiß, dass er von den Beamten gebeten wurde, noch nichts zu sagen. Aber er ist ein loyaler Mitarbeiter und konnte die schlechte Nachricht nicht für sich behalten, als ich ihn mittags anrief.«
»Wusste Ihre Frau, dass Sie mit Frau Leifheit in Hamburg waren?«
»Sicher. Meine Frau weiß auch davon, dass wir im selben Zimmer übernachten. Wir führen eine moderne, offene Beziehung und haben uns arrangiert.«
Paula bemerkte, dass er im Präsens von seiner Frau sprach. »Wann haben Sie im Hotel eingecheckt?«
»Etwa um sieben.«
»Und dann?«
»Wir sind auf dem Zimmer geblieben. Wir hatten einen anstrengenden Tag hinter uns. Eine schwierige mehrstündige Besprechung eines völlig neuen Casting-Showkonzepts mit zwei Redakteuren. Und hinterher eine Kalkulationsbesprechung zu einem anderen Projekt. Auch nicht gerade amüsant.«
»Waren Sie zum Abendessen aus?«
»Nein, ich war noch satt von der ganzen Fresserei mittags. Aber Anna hat sich ein paar Kleinigkeiten aufs Zimmer kommen
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