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Unschuldig

Titel: Unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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Bauer zündete sich mit fahrigen Händen die Zigarette an.
    Die Beamten warteten.
    »Warum haben Sie gefragt, ob etwas mit Felix Kleist passiert ist?«
    »Nur so ein Gefühl.«
    »Was für ein Gefühl?«
    »Ich hatte so eine dunkle Ahnung, dass ihm etwas passiert sein könnte.« Er schwieg wieder.
    »Warum?«
    »Das hab ich manchmal.«
    »Wollen Sie gar nicht wissen, wie er gestorben ist?«
    »Doch, sicher. Was ist passiert?«
    »Er wurde ermordet.«
    Alle Farbe wich aus seinem Gesicht.
    »Gibt es sonst noch jemanden, der bestätigen kann, dass Sie den ganzen Abend zu Hause waren?«, fragte Paula.
    »Wir waren allein«, erwiderte die Mutter. »Was wollen Sie von Ben?«
    Ben Bauer holte geräuschvoll Luft, und Paula hatte den Eindruck, dass er ungeduldig wurde, sobald seine Mutter etwas sagte, aber eine Reaktion unterdrückte.
    Tommi schenkte der verbissenen Mutter nicht die geringste Aufmerksamkeit. Sie sah wütend aus, zog gierig an ihrer Zigarette und verstreute die Asche achtlos um sich herum.
    Welchen Grund hat sie, wütend zu sein?, dachte Paula. »Was haben Sie am Donnerstagabend gemacht?«, fuhr sie mit ihrer Befragung an Ben fort.
    Die Mutter eilte ihrem Sohn erneut zu Hilfe. »Zuerst war er mit ein paar Freunden beim Training, aber ab etwa acht war er hier bei mir.« Ihr Gesicht nahm dabei eine rosarote Färbung an. »Verdammt noch mal, was wollen Sie ihm eigentlich anhängen?«, fauchte sie.
    Wir werden nichts von ihm erfahren, solange seine Mutter über ihn wacht, dachte Paula. Ihr Auftreten war ihm zwar peinlich, aber er kuschte vor ihr. Sie fing Tommis Blick auf. Wie auf Kommando erhoben sie sich gleichzeitig.
    »Wir werden von uns hören lassen. Wahrscheinlich müssen Sie dann doch aufs Präsidium kommen«, sagte Paula und verabschiedete sich.
    »Den können wir streichen«, stellte sie fest, als sie vor dem Haus standen.
    »Mmh.« Tommi sah nachdenklich aus.
    »Bauer war es nicht. Die Morde waren geplant.«
    »Du hältst ihn für dumm?«
    »Nein, ich halte ihn für intelligent genug, solche Taten nicht zu begehen«, stellte Paula fest.
    »Sein Motiv könnte Eifersucht sein.«
    »Bevor wir über sein Motiv reden, lass uns erst mal eine Gegenüberstellung mit dem Kellner aus der Paris Bar machen. Am besten gleich morgen.«
    »Ja, das ist gut«, sagte Tommi. »Los, fahren wir zurück ins Büro. Wer zuletzt ankommt, zahlt die Pizza heute Abend.«
    Paula kam als Letzte an. Sie war keine rasante Fahrerin. Tommis Wagen stand schon in einer Parklücke, als sie endlich eintraf.
     

19
    I m Büro ging Paula direkt zur Wandtafel und schrieb »Bio Felix Kleist« darauf. In der kurzen Zeit, die ihnen zur Verfügung gestanden hatte, hatten Paulas Mitarbeiter unzählige Informationen über den ermordeten Schauspieler zusammengetragen. Geboren wurde er 1961 als Einzelkind in Kassel. Sein vor fünf Jahren verstorbener Vater hatte als Musiklehrer an einem dortigen Gymnasium unterrichtet. Die mittlerweile in Charlottenburg lebende Mutter war bis zu ihrer Pensionierung Krankenschwester gewesen und vor vier Jahren nach Berlin gezogen, um in der Nähe ihres Sohnes zu sein. Felix hatte sein Kunststudium in München im dritten Semester abgebrochen und war an eine private Schauspielschule nach Berlin gegangen. Nach der Ausbildung hatte er eine regelrechte Ochsentour in der Provinz hinter sich gebracht – kleine Rollen in unbedeutenden Theatern, unter denen die besten die in Magdeburg, Koblenz und Oldenburg waren. Ein weiterer Schritt auf der Karriereleiter nach oben waren Rollen bei Tourneen mit Boulevard-Stücken.
    Über Jahre hatte er nichts unversucht gelassen, zum Film und Fernsehen zu kommen. Sein Ehrgeiz hatte nicht davor haltgemacht, sich immer wieder Studenten an den diversen Filmakademien im deutschsprachigen Raum als Schauspieler für ihre Abschlussfilme anzubieten. Dafür bekam er zwar kein Geld, kam aber schließlich auf diese Weise erstmals mit dem Regisseur Tim Möller in Kontakt. Mit einer Hauptrolle in einem Stuttgarter Tatort erlebte Kleist dann so etwas wie einen künstlerischen Durchbruch. Auch sein schwules Coming-out hatte er vor vielen Jahren in Berlin. Seither gab es zahlreiche Pressefotos, auf denen er sich mit jüngeren Männern zeigte.
    Paula schlug eine Akte auf, in der die Aussagen über Felix Kleist abgelegt waren. »Hier die Aufnahmeleiterin Verena Köster, die ihn schon seit vielen Jahren kennt: Tatsächlich interessiert der Felix sich nicht für Filme. Er interessiert sich auch nicht für die

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