Unschuldig!
er, fest entschlossen, das letzte Wort zu haben.
“Ich stehe auf der Seite des Gesetzes, Charles.”
Außerstande, noch etwas zu sagen, warf Charles die Hände in die Luft und stürmte aus dem Büro des Chiefs. Trottel, dachte er, während er durch den langen Flur eilte. Alle nur Trottel.
McDermott saß auf der Terrasse seiner Villa, zog an einer dünnen Zigarre und starrte in den wolkenlosen Morgenhimmel. Er war stolz auf sich. Von der Schrecksekunde abgesehen, als eine Schwester in den Vorratsraum kam, in dem er sich versteckt hatte, war sein kleiner Ausflug ins Pine-Hill-Pflegeheim problemlos verlaufen.
Und wie passend, dass sich dieser Zwischenfall ausgerechnet am Vorabend seines dreizehnten Jahrestags als Anführer von
Gleic Éire
abgespielt hatte.
Schon dreizehn Jahre. Er zog wieder an der Zigarre und blies den Rauch in die Luft. Viel war geschehen seit den Tagen, als er ein kleiner Junge in den Slums im Westen Belfasts gewesen war.
Ian McDermott, dem Sohn republikanischer Aktivisten, und seiner jüngeren Schwester Lizzy, waren seit ihrer Geburt Jahrhunderte des Hasses zwischen England und Irland eingehämmert worden. Aber erst als seine Eltern von britischen Truppen während einer von Ausschreitungen geprägten Demonstration getötet wurden, verstand der damals acht Jahre alte Ian, wie tief der Hass wirklich saß.
In seinem jungen Herzen kochte eine Wut, die er nicht unterdrücken konnte. Am Tag der Beerdigung seiner Eltern hatte er vor seinem Zuhause die irische Flagge gehisst, obwohl das illegal war. Als die Polizei die Flagge mit einer Spitzhacke herunterholte, rächte sich Ian, indem er die Männer mit Steinen bewarf, bis es erneut zu einer Straßenschlacht kam. Verletzt stürzte Ian auf den Fußweg, während Tränen des Schmerzes und der Frustration über seine Wangen liefen. In der Nacht im Krankenhaus legte er einen feierlichen Schwur ab: Eines Tages würde er den Tod seiner Eltern rächen.
Zu seinem Unglück hatte seine Großmutter andere Pläne. Da sie befürchtete, ihre beiden Enkel könnte das gleiche Schicksal ereilen wie ihren Sohn und ihre Schwiegertochter, beschloss sie, sie aus dem vom Krieg zerrissenen Land zu bringen.
Im Oktober 1950 wanderte der Rest der Familie der McDermotts mit der Hilfe eines entfernt Verwandten in die Vereinigten Staaten aus und ließ sich in San Francisco nieder.
Anfangs hasste Ian die USA. Er wollte zurück nach Irland, bei seinen Freunden sein und sein Versprechen einlösen. Doch mit der Zeit gewöhnte sich der rebellische Junge an sein neues Leben und wurde schließlich amerikanischer Staatsbürger, was seine Großmutter mit großem Aufheben feierte.
Weil ihn alles faszinierte, was mit dem Meer zu tun hatte, begann er schließlich, für einen Bootsbauer in Marin County zu arbeiten. Sein Chef, der kinderlose Syd Rupert, mochte den hart arbeitenden Jugendlichen auf Anhieb und brachte ihm alles bei, was man über das Geschäft des Bootsbauers wissen musste.
Kurz nach dem Tod seiner Großmutter im Jahr 1965 kehrte Ian für einen kurzen Aufenthalt nach Belfast zurück. Dort schloss er sich
Gleic Éire
an, einer kleinen, aber schlagkräftigen Gruppe, der zuvor schon seine Eltern und vor ihnen deren Eltern angehört hatten. Und er schwor Treue auf die gleiche verbotene Flagge, die die Briten siebzehn Jahre zuvor vom Haus seiner Eltern gerissen hatten.
Von dem Moment an ging jeder Dollar, den er von seinem Lohn erübrigen konnte, an die Gruppe.
Als Ian dreißig wurde, hatte sein Chef so großes Vertrauen in ihn entwickelt, dass er ihn zum vollwertigen Geschäftspartner machte. Als der alte Rupert 1981 starb, hinterließ er Ian die Werft und sein gesamtes Hab und Gut, das auf mehrere Millionen Dollar geschätzt wurde.
Das Erbe war für ihn wie ein Wink Gottes. Da er immer darauf aus gewesen war, eine aktivere Rolle in der Gruppe zu spielen, die er all die Jahre über finanziell unterstützt hatte, flog er nach Belfast und traf sich mit den Anführern von
Gleic Éire.
Die waren von Ians Zukunftsvisionen und seinem Geld sehr beeindruckt, hörten sich seine Pläne an und stimmten ihm zu, dass ein aggressiveres Vorgehen notwendig war, um schneller das gesetzte Ziel zu erreichen.
1985 war man so sehr von McDermotts Führungsqualitäten überzeugt und hielt sie genau für das, was die Gruppe benötigte, dass ein zwölfköpfiges Komitee ihn zum Präsidenten ernannte.
Eine der ersten Maßnahmen, die McDermott als der neue Anführer von
Gleic Éire
in Angriff nahm,
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