Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
Mittel anschaltet.
Zudem zeigten Kruglanskis Studien: Je weniger Mittel für ein Ziel zur Verfügung stehen, desto stärker wird es aktiviert. Bei einer Studentin, die weiß, die einzige Chance, ein gutes Examen zu machen, ist Lernen, Lernen, Lernen, wird dieses Mittel hoch aktiviert sein, sobald sie an das Ziel Studienabschluss denkt. Bei einem Studenten, für den aber auch Abschreiben, Spickzettel etc. in Frage kommen, um die Prüfung zu bestehen, verteilt sich die Aktivierung mehr oder weniger auf alle Optionen, und keine ist besonders hoch aktiviert.
Interessanterweise belegen Studien, dass es im Unbewussten Unterschiede in der Verfügbarkeit legitimer und illegitimer Mittel gibt. Skeptiker (unter ihnen auch viele Wissenschaftler) denken ja, alle Menschen hätten eine dunkle Seite und dass eigentlich jeder Mensch gerne mogeln und möglichst ohne viel Aufwand zum Ziel kommen würde. Was Menschen davon abhalte, sei allein die Kultur und das Bewusstsein, das ihn erst zum Menschen macht. Wie Forschung jedoch beweist, kommt es nur dann im Unbewussten zu einer Aktivierung illegitimer Mittel, wenn man sie bereits in sein Verhaltensrepertoire aufgenommen hat. Jemand, für den Schummeln partout nicht in Frage kommt, hat dieses Mittel auch gar nicht in seinem Gedächtnis repräsentiert und kann dieses Verfahren daher auch nicht aktivieren. Das heißt, jemand, der von vornherein nicht mogeln will, wird auch nicht durch sein Unbewusstes dazu verführt werden; jemand, für den es in Frage kommt, aber sehr wohl.
Der Vorteil weniger Mittel zur Zielerreichung ist, dass alles auf ein Pferd gesetzt werden kann. Alle Energie fließt in eine Handlung. In meinem Beispiel mit der Studentin also allein ins Lernen. Anders der zum Schummeln bereite Student. Er wird seine – körperliche wie mentale – Energie in viele verschiedene Aktivitäten stecken: Spickzettel schreiben, Strategien überlegen, wie man den Zettel in den Wasserkasten der nächsten Toilette schmuggelt, ohne dass er nass wird, und auch lernen. Für letzteres bleibt dann allerdings weniger Zeit, und die Motivation dazu ist geringer. Nur ein einziges Mittel zur Zielerreichung zur Verfügung zu haben, kann jedoch auch nachteilig sein. Funktioniert dieses eine Mittel nämlich nicht, kann nicht automatisch ein anderes aktiviert werden. Das gilt übrigens auch für große Lebensziele wie »ein schönes Leben zu haben« oder »das Leben zu einem Meisterwerk zu machen«. Wenn man gerade vor den Trümmern einer Beziehung steht und diese das Haupt»mittel« war, um zu diesem Ziel zu gelangen, dann wiegt es schwerer, als wenn man noch ein anderes Mittel dafür zur Verfügung hat wie einen tollen Beruf. Wer mehrere Mittel zur Verfügung hat, mit deren Hilfe er sein Leben gelingen lassen kann, – Beruf, Hobby und Beziehung – konzentriert sich, wenn er auf einem Gebiet Misserfolg hat, eben auf ein anderes. Er reduziert dadurch die psychische Belastung, die durch das Scheitern in einem Bereich entstanden ist. Patricia Linville bezeichnet dieses Phänomen als Selbstkomplexität, und es beinhaltet vor allem, mehrere Interessen und Ziele oder Selbstaspekte zu haben, die sich nicht überlappen, sodass ein Misserfolg in einem Bereich keinen Einfluss auf einen anderen hat. Ich habe es oben bereits gesagt, meine beiden Berufe (die sich kaum überlappen) haben den Vorteil, dass eine Pleite in einem von beiden keine Auswirkungen auf den anderen hat; wenn ich als Sänger mal versage, ist das nicht so dramatisch, denn mit einiger Wahrscheinlichkeit kann ein schöner Erfolg im wissenschaftlichen Betrieb das kompensieren. Und im Notfall retten mich sowieso mein Partner und mein Freundeskreis, die wiederum andere mir wichtige Selbstaspekte sind. Eine gute Beziehung fängt Misserfolge im Beruf genauso auf wie ein erfüllendes Hobby. Schon aus diesem Grund sollte man jedem Menschen raten, nicht alles im Leben auf eine Karte zu setzen, den Sinn nicht allein in der Beziehung oder in der Karriere zu suchen. Ein komplexeres Selbst bereichert nicht nur, es ist auch grundsätzlich nicht ungesund, wie Linville zeigt.
Fünf auf einen Streich
Ein (konkretes) Mittel kann mehreren Zielen genügen. So fahre ich jeden Morgen mit meinem Fahrrad über die Prins Hendrikkade zu meinem Büro, bei Wind und Wetter. In jedem Fall komme ich so zur Uni (Ziel 1), bleibe schlank (Ziel 2), härte mich gegen Erkältungen ab (Ziel 3), schone die Umwelt (Ziel 4) und spare viel Geld im Gegensatz dazu, wenn ich mit dem
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