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Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Titel: Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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nachdem wir lange zwischen ihm (schwierig, aber spannend) und dem Rheinsteig (machbar, aber nicht so attraktiv) geschwankt hatten. Ich erinnere mich noch, wie lebhaft wir darüber diskutierten, den »finest track of the world«, einen Tag bevor es losgehen sollte, abzusagen, weil es seit Tagen wie aus Eimern schüttete und wir zudem erfahren hatten, dass in den Hütten eine fiese Grippe grassierte. Natürlich waren uns diese Hürden bereits im Vorfeld bekannt. Vor Viren und Dauerregen auf dem Milford Track wird immer gewarnt – schließlich will man ja einen Regen wald besuchen, der sich schon im Herrn der Ringe nicht nur von seiner Sonnenseite präsentiert. Denkt man abstrakt darüber nach, dann nimmt sich so ein Regenwaldregen mystisch aus: Nebelwälle, Wasserfälle, Moosburgen. Ist allerdings die dritte angeblich selbsttrocknende Unterhose auf dem Weg zum Nationalparkbüro bereits durchgeweicht und mieft es im Hotelzimmer, in dem es immerhin eine Heizung gibt, nach modrigen Klamotten wie in der Umkleide nach Sing-Sing-Birkenkötters Sportstunden, dann hat man eine sehr konkrete Vorstellung von den nächsten vier Tagen in klammen Klamotten auf Holzhütten mit stark frequentierten Plumpsklos.
    Wir haben den Milford Track dann trotzdem gemacht – bei gemischtem Wetter. Es war fantastisch, und natürlich haben wir mit Elfen und Trollen Grotesktänze aufgeführt und sind mit kornblumenblauschnäbeligen Enten in riesige Glühwürmchenzelte geflogen. Eigentlich kann man froh darüber sein, dass wir bei vielen Dingen zunächst nicht an die Machbarkeit denken. Hätten wir bei anspruchsvollen Wanderungen immer gleich konkret die Schwierigkeiten vor Augen, dann würden die meisten Wanderer im flachen Ostwestfalen dreimal um den Bierbrunnen gehen – und fertig. Das ist zwar nicht attraktiv, aber leicht zu bewerkstelligen.
    Das Phänomen, dass wir die Zukunft aus der Ferne gerne rosig sehen, sichert auch unsere Renten. Denken wir über Nachwuchs nach, finden wir es ganz abstrakt und aus der Entfernung betrachtet sicher wunderbar, ein Baby zu haben. Mit der Ankunft eines neuen Erdenbürgers können sich konkrete Einzelheiten aber als unerwartet stressig herausstellen. Hätten wir bei der Familienplanung schon berücksichtigt, was damit ganz konkret auf uns zukommt: Windelwechsel, Blähungen, Rumbrüllen, Nix-mehr-mit-Party, Milchzähne und Kinderkrankheiten, wäre das »Projekt« vielleicht gar nicht erst umgesetzt worden. Forschung zeigt jedenfalls, dass Paare entgegen ihren Erwartungen meist total genervt sind von der schreienden Brut. Aber dann ist es zu spät – dafür sichert der neue Erdenbewohner das Fortbestehen der Spezies. 46
    Insgesamt scheint es so zu sein, dass positive Gedanken gegenüber einem Zielzustand vor allem zu Übermut führen, der, je näher man ihm kommt, durch konkrete Schwierigkeiten gebremst wird. Kurt Lewin verglich das Phänomen mit einem Kind, das das Meer sieht und freudig darauf zuläuft. Von weitem sieht das Wasser spannend aus, glitzernd und wunderbar. Je näher das Kind dem Meer kommt, um so mehr Angst hat es vor den Wellen, dem kalten Wasser, das seine Zehen umspült … Mit anderen Worten: Aus der Ferne ist die Annäherungsmotivation im Allgemeinen stärker als die Vermeidungsmotivation.
    Entscheidend ist jedoch, ob die konkreten Aktivitäten, die ein Ziel beinhaltet und die einem oft erst bewusst werden, wenn man kurz davor steht, positiv sind oder nicht. Wenn mir das Auswendiglernen der Texte vor einem Konzert Spaß machen würde, wäre meine Vorfreude auf das Konzert in zwei Wochen, das ich vor einem Jahr zugesagt habe, noch größer. Dem ist aber nicht so. Während ich mir in dem Moment, wo ich zusagte, noch vorstellte, wie schön es sein wird, wieder einmal in einer schönen Stadt mit Fanpotenzial zu singen, hatte ich wohl vergessen, dass ich vor jedem Konzert nächtelang in meiner Wohnung einsam und nervös herumlaufe und meine Texte memoriere.
    Aber es gibt Gegenbeispiele. So können konkrete Tätigkeiten natürlich auch angenehm sein und die Motivation steigern. Dies geschieht zum Beispiel dann, wenn ich für viele Leute koche. Habe ich mich einmal dazu entschlossen, zu einer Party zu mir einzuladen, dann wird dieses Vorhaben auch dann nicht getrübt, wenn ich vorher zwei Tage lang in der Küche stehe. Das Schnippeln und Köcheln macht mir nämlich tatsächlich Spaß.
    Und wie ist es bei unangenehmen Zielzuständen? Nehmen wir an, Sie haben eine schwierige Operation vor sich.

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