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Unser empathisches Gehirn: Warum wir verstehen, was andere fühlen (German Edition)

Unser empathisches Gehirn: Warum wir verstehen, was andere fühlen (German Edition)

Titel: Unser empathisches Gehirn: Warum wir verstehen, was andere fühlen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Keysers
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konnte.
    Heute, sechzig Jahre nach Erscheinen von Hebbs Buch, gibt es eine Fülle von Forschungsergebnissen, welche die Richtigkeit von Hebbs Grundthesen bestätigen. Überall im Nervensystem wurde beobachtet, dass Neuronen ihre synaptischen Verbindungen verstärken, wenn das präsynaptische Neuron (das Neuron, welches das Signal durch die Synapse schickt) gleichzeitig oder kurz vor dem postsynaptischen Neuron feuert, das von anderen Neuronen aktiviert wurde. 72 Der Molekularbiologe Gunther Stent von der University of California in Berkeley hat Hebbs ursprüngliche Lernregel noch erweitert: Danach vernetzen sich Neuronen nicht nur, wenn ihr Feuern positiv korreliert ist (das heißt, wenn sie häufig zusammen feuern), sondern reduzieren ihre Verbindungen auch, wenn ihr Feuern negativ korreliert ist (das heißt, wenn Neuron B bei Aktivität von Neuron A wahrscheinlich nicht feuert und umgekehrt). 73 In unserem Hunde-Beispiel ist danach die Wahrscheinlichkeit, dass Rad-Neuronen feuern, größer, wenn weder eine Nase noch ein Schwanz zu sehen ist. So entsteht eine negative Korrelation, die zur Verringerung der Synapsen zwischen Rad-Neuronen einerseits und Nasen- beziehungsweise Schwanz-Neuronen andererseits führen müsste.
    Hebb hat gezeigt, wie elegant sich die komplexe Verhaltensorganisation durch einfache Gesetze erklären lässt, die die Interaktion zwischen den Neuronen unseres Gehirns regeln.
    Wie Assoziationen im Gehirn Spiegelneuronen erzeugen
    Die Eigenschaften des Spiegelsystems für Handlungen sind in vorausgehenden Kapiteln erörtert worden. Beim Makaken sind daran mindestens drei miteinander verknüpfte Kortexregionen beteiligt: der visuelle Temporallappen, der posteriore Parietallappen und der prämotorische Kortex (vgl. Abb. im Anhang). 74 Neuronen im visuellen Kortex, der Sehrinde, reagieren auf den Anblick der Körperbewegungen anderer Individuen; Neuronen im posterioren Parietallappen reagieren, wenn der Affe eine bestimmte Handlung vollführt, aber auch, wenn er ein anderes Individuum die gleiche Tätigkeit verrichten sieht; und Neuronen im prämotorischen Kortex lösen die Ausführung zielgerichteter Handlungen aus, wobei 10 bis 20 Prozent dieser Neuronen auch feuern, wenn der Affe entsprechende Handlungen beobachtet oder hört. 38 Die Sehrinde ist nicht direkt mit dem prämotorischen Kortex verbunden, aber wechselseitig mit dem Parietallappen verknüpft, der seinerseits wechselseitig mit dem prämotorischen Kortex in Verbindung steht.
    Das Geheimnis des Spiegelsystems reduziert sich damit auf die Frage, wie die Verbindungen zwischen Neuronen, die selektiv für gleiche Handlungen zuständig sind, verstärkt werden und wie die Querverbindungen zwischen Neuronen mit verschiedener Selektivität beseitigt werden.
    Verknüpfung der eigenen Handlungen mit denen anderer
    Im Licht des Hebb’schen Lernens ist das möglicherweise gar kein so großes Rätsel. 74, 75 Wenn ein Organismus das eigene Handeln beobachtet, entsteht eine seltsame Situation im Gehirn. Die Aktivität der prämotorischen Neuronen, die die Handlung verursacht, verläuft synchron zur Aktivität der Neuronen in den sensorischen Regionen, die auf das Geräusch oder den Anblick der Handlung reagiert, weil der Organismus den eigenen Körper sehen und das Geräusch seiner Handlungen hören kann. Für unser Diagramm des Spiegelsystems folgt daraus, dass Neuronen in der Sehrinde gleichzeitig mit Neuronen im parietalen und im prämotorischen Kortex feuern, die diese Tätigkeiten repräsentieren.
    Abbildung 8.2 zeigt, wie Hebb’sches Lernen zu der selektiven Verdrahtung führen kann, die für das Funktionieren des Spiegelsystems erforderlich ist. Stellen wir uns vier Neuronen im prämotorischen Kortex eines Babys vor. Zwei werden als A bezeichnet, weil sie während der Ausführung von Handlung A aktiv sind, und zwei als B, weil sie während der Ausführung von Aktion B feuern. Wenn die A-Neuronen aktiv werden, führt das Baby Handlung A aus. Das Geräusch und der Anblick der Handlung A erregt nun Neuronen im Temporallappen, die zufälligerweise stärker auf Handlung A als auf Handlung B reagieren und die in dieser Darstellung deshalb von dem Buchstaben A repräsentiert werden. Beim Neugeborenen könnten wir annehmen, dass die visuellen, parietalen und prämotorischen Kortizes schwach, aber zufällig miteinander verknüpft sind. Die Aktivität des temporalen Neurons A wird also an eine Teilmenge von sowohl A- als auch B-Neuronen im prämotorischen

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