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Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte

Titel: Unser geraubtes Leben - Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Froehling
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seine Ruhe, und er konnte dort auch als Gärtner arbeiten.«
    Nun kommt man ja – trotz gegenteiliger Behauptungen – als unschuldiger Freiwilliger nicht so leicht ins Gefängnis. Wie kam es überhaupt zu der Anschuldigung gegen Wilhelm Wagner? Oder besser: wann?
    Die Anzeige ging 1964 bei der Polizei ein.
    Hierzu passt eine Erinnerung von Ida Gatz. Ihr gesteht Hugo Baar Jahrzehnte später seinen Vertrauensmissbrauch. »Ich bin an dem Wagner schuldig geworden«, erzählt er ihr, nachdem er sich von der Schäfer-Sekte getrennt hat. Wilhelm Wagner hatte sich offenbar 1956 seelsorgerisch Hugo Baar anvertraut. Und Hugo Baar hinterbrachte es Schäfer. Dieser nahm die Beichte zu seinen »Seelsorgeakten«. Es muss also etwas vorgefallen sein mit den Töchtern. Damit ist Wilhelm Wagner erpressbar.
    Nun lebt die Rumpf-Familie Wagner in Graz – der Vater im Gefängnis, die Mutter mit der Jüngsten, die plötzlich keine Geschwister mehr hat, im leeren Haus. Vielleicht versteht Hedi schon, dass sie die Geschwister manchmal sehen darf. Aber ob ihr das hilft?
    Dann folgt der nächste Angriff.
    Längere Zeit verweigern die Wagners ihr schriftliches Einverständnis zur Ausreise der minderjährigen Kinder nach Chile. Die Mutter ist entschieden dagegen. Ohne dieses Einverständnis aber begeht die Sekte Kindesentführung, als sie Basti am 2. August 1961 in Windeseile nach Chile ausfliegt, denn er ist damals erst zwölf. Soschnell wie er wurden alle Kinder außer Landes geschafft, die vor Gericht gegen Paul Schäfer hätten aussagen können.
    Wie kann ich Wagner unter Druck setzen, damit er sein Einverständnis gibt?, wird sich Schäfer gedacht haben. Er kramt den sechs oder sieben Jahre alten Zettel mit der Beichte Wilhelm Wagners aus dem Archiv verwertbarer Sünden hervor. Von Chile aus befiehlt er Hugo Baar, Anzeige gegen Wagner zu erstatten. Wie alle anderen hatte auch Wilhelm Wagner sich dem schriftlichen Beichtzwang unterworfen, den Paul Schäfer eingeführt hatte. Sich einmal auszusprechen über geheime Wünsche, Gedanken, Begierden, Taten mag für viele befreiend, entlastend gewesen sein. Nicht nur die katholische Kirche kennt die Beichte. Allerdings kennt sie auch das Beichtgeheimnis. Anders Schäfer, Baar und Komplizen: Sie lassen beichten, und Schäfer lässt nachbessern, was ihm missfällt; manches muss drei- oder viermal geschrieben werden. Alles wird archiviert, denn die unterschriebenen Beichten geben erstklassige Geständnisse ab, die bei Bedarf gegen die Beichtlinge verwendet werden können.
    Nun wird eine Beichte gegen Wilhelm Wagner verwendet. Da gibt Wagner nach und unterschreibt die Einwilligungserklärung.
    So könnte es gewesen sein. Allerdings wird man nie mit Sicherheit sagen können, ob dieses Geständnis der Wahrheit entspricht oder Ergebnis psychischer Manipulation ist.
    Auf das Versprechen hin, sie können ihren Kindern nach Chile folgen, verkaufen die Wagners Haus und Grundstück. Als sie aber das gesamte Geld vorab an die Sekte überweisen sollen, schaltet sich die Vernunft wieder ein, und Wagner behält sein Geld. Das passt Schäfer und Baar gar nicht. Sie verweigern ihnen die Zuwanderung in die Kolonie. Manche der in Deutschland lebenden Verwandten der Kolonisten vermuten, dass Schäfer schon damals die Macht hat, eine Einreise nach Chile zu verhindern, doch das ist zweifelhaft.
    Eine Weile reist Hugo Baar dem Wilhelm Wagner hinterher, um ihm das Geld abzujagen. Derselbe Hugo Baar, sanfter Familienvater mit einer christlichen Bilderbuchfamilie, auf dem anrührenden Foto in Ida Gatz’ Album. Und doch nicht derselbe.
    Wagner ist inzwischen mürbe geworden und bereit zu einer Selbstanzeige. Er kommt zu spät: Baar hat den unterschriebenen Beichtzettel schon der Polizei übergeben. Wagner wird angeklagt und verurteilt. Seine Töchter Hilde und Gudrun sagen gegen ihn aus.
    An ihre Aussage hat Gudrun keine Erinnerung. Das kann viele Gründe haben.
    Kurz darauf werden die beiden jungen Frauen wegen Falschaussage vernommen. Dass sie ihre Aussagen unter Zwang oder unter Beeinflussung gemacht haben, wird vor Gericht deutlich. Der Richter fragt Hilde, ob sie noch Jungfrau sei. »Natürlich!«, antwortet sie empört. Dieser Widerspruch entgeht dem Gericht nicht.
    Der Mann im Gefängnis, die Kinder in Chile oder genauso unerreichbar in Siegburg – da gibt Mina Wagner eine Weile ihrer Erschöpfung nach. Dann beginnt sie von Neuem zu kämpfen: Mithilfe eines Anwalts versucht sie, ihre Kinder in Chile zu befreien,

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