Unser Leben mit George
er nicht mit hinein durfte. Leider hatte das
hundefreundliche Gen wohl eine Generation übersprungen, denn obwohl Tanya, ihre
Enkelin und Zachs Tochter, sich sofort mit George verstand, als sie ihn
schließlich kennenlernte, ihr Sohn konnte es nicht.
George spürte wohl, dass der neue beste
Freund seines Frauchens den vierbeinigen besten Freund verdrängen wollte, also
war er entschlossen, Zach für sich zu gewinnen. Er sprang ihm auf den Schoß,
sobald wir zusammen auf dem Sofa saßen, worauf Zach seinerseits aufsprang, mit
den Händen wedelte und rief: »Runter, hau ab!«, als hätte ihn eine
menschenfressende Riesenkrake angegriffen. Er folgte Zach auf Schritt und Tritt
durch die Wohnung und brachte ihn aus Versehen ein paar Mal zum Stolpern; Zach
meinte, das Tier sei eine noch größere Gefahr als die Turnschuhe, die Joshua überall
herumliegen ließ. George fand Zachs Kleider fast so anziehend wie ihren
Eigentümer, also kuschelte er sich in seine saubere Jacke, wenn Zach sie aus
Versehen auf einem Sessel liegen gelassen hatte, oder er bettete seinen Kopf
zufrieden auf Zachs makellos gebügelte Hose, wenn er sie des Nachts sauber
zusammengefaltet auf den Fenstersitz gelegt hatte. Selbst wenn ich die
Kleidungsstücke stundenlang gebürstet hatte, hielt Zach sie immer noch auf
Armlänge und prüfte sie misstrauisch auf übersehene Haare und nicht vorhandene
Flöhe.
Selbst Georges liebevollste und
netteste Geste — begeistertes Lecken — stieß bei Zach auf wenig Gegenliebe.
Vergeblich versuchte ich ihm klarzumachen, dass George ihm damit huldigte, und
zitierte biblische, künstlerische und historische Präzedenzfälle,
einschließlich Tintorettos Bild von Christus, der die Füße seiner Jünger
wäscht, und Königin Elizabeth I., die am Gründonnerstag die Füße armer
Untertanen wusch. Zach schüttelte sich, rief nach Desinfektionslösung, und wenn
er dachte, ich sähe es nicht, zeichnete er eine Maschine im Stil Leonardo da
Vincis, die lebende Hunde zu Wurstketten verarbeitete.
Man kann durchaus der Meinung sein, es
sei in Ordnung, wenn ein Mann gern ein paar Stunden mit seiner Freundin allein
sein möchte. Zach war dieser Meinung. George war es nicht. Wenn Zach über Nacht
dablieb, wurde mein Hund aus dem Schlafzimmer verbannt, was er überhaupt nicht
verstand. Als Martina noch da war, landete er dann oft auf ihrem Bett, aber als
sie weg war, musste er allein schlafen. Joshua konnte er als Schlafgenossen
einfach nicht akzeptieren. Einsam und traurig strich George nachts durch die
Wohnung, und ich hörte seine Krallen oben über die Dielen trappeln. Dann kam er
herunter und schnüffelte an der Ritze unter meiner Schlafzimmertür, worauf er
energisch daran kratzte und den Lack beschädigte. Es dauerte nicht lange, da
hatte er gelernt, die Tür aufzumachen, und von da an platzte er herein, wann er
wollte, meist gerade dann, wenn Zach in der Unterhose dastand. Folglich durfte
George jetzt nachts nicht mehr frei in der Wohnung herumlaufen. Er wurde zwei
Türen weiter in mein Arbeitszimmer gesperrt.
Das war das Zimmer, in dem George einst
zufrieden mit Martina das Bett geteilt hatte und wo er nun saß, oder vielmehr
tagsüber döste, wenn ich arbeitete. Und hier stand ihm nicht nur die bequeme
Liege mit der blauen Kuscheldecke und den weichen Kissen zur Verfügung, sondern
sein gemütlicher Korb stand ebenfalls hier. Aber dem Theater nach zu urteilen,
das er jeden Abend machte, wenn ich ihn hier einschloss, hätte man meinen
können, ich steckte ihn in einen jener trostlosen Käfige, wie man sie für die
Gefangenen in Guantanamo Bay bereithielt. Obwohl ihm die zusätzliche Demütigung
eines orangefarbenen Overalls erspart blieb, wollte er seine Einzelhaft einfach
nicht hinnehmen. Er protestierte im Abstand von jeweils zwei Minuten, genau wie
er es die erste Nacht bei uns im Badezimmer gemacht hatte. Jetzt merkte ich, es
war damals ein großer Fehler gewesen nachzugeben. Meine Mutter hatte mich
gewarnt. In diese Situation hatte ich mich selbst gebracht, ich konnte niemand
anderem die Schuld geben.
Im Laufe der nächsten zwölf Monate
versuchte ich, meinem Hund beizubringen, ohne mich zu schlafen, aber meine eher
erratischen Erziehungsmethoden — Überredungskunst, Erpressung und
gelegentliches Anschreien — schienen keinerlei Wirkung zu haben. George bellte
und bellte, bis Zach, Joshua und ich es nicht mehr aushielten. Joshua versuchte
immer wieder, ihn in sein Zimmer zu nehmen, aber das war George nicht
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