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Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Titel: Unser sechzehntes Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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sagen, es wäre nichts."
    Die Papiertüte mit der Pizza liegt neben der Garderobe. Nathalie greift danach und verschwindet in der Küche, ohne auf meinen Kommentar zu reagieren. Ihre Gleichgültigkeit macht mich wütend.
    "Rede mit mir, Nathalie."
    Unberührt packt sie die Sachen aus der Tüte. Eine Salami-Pizza, zwei Joghurtbecher. Kirsch-Banane. Ihre Lieblingssorte.
    "Nathalie!" Meine Stimme wird energischer.
    "Theo, okay? Sie hat von Theo geredet", entfährt es ihr schließlich.
    "Theo?"
    "Theo Mehler."
    Erst jetzt beginne ich zu begreifen. Theo Mehler. Ist das tatsächlich möglich? Der Raum scheint sich um mich zu drehen. Theo Mehler. Nach all den Jahren. Wie lange ist es her, dass ich diesen Namen zum letzten Mal gehört habe. An ihn gedacht habe. Darüber gesprochen habe.
    Mir wird schlecht. "Was… was hast du mit Theo Mehler zu tun? Woher kennst du ihn?"
    "Aus Fionas Tagebuch."
    "Fionas Tagebuch?" Ich setze mich.
    "Was kann ich dafür, dass mir niemand von euch was erzählt? Da hab ich halt selbst geforscht. Das Tagebuch lag in einer Kommode auf dem Dachboden und Theos Band hab ich dann übers Internet ausfindig gemacht. Keine große Sache."
    Ihre Worte liegen schwer in der Luft. Fionas Tagebuch. Theos Band. Ist das wirklich möglich?
    "Keine große Sache?", wiederhole ich ungläubig. "Du hast einen fremden Mann ausfindig gemacht und dich... dich einfach mit ihm getroffen?"
    Sie packt die Pizza aus und macht den Ofen in einer Gelassenheit an, als führten wir ein Gespräch über Nagellackentferner.
    "Wer sagt, dass ich mich mit ihm getroffen habe?"
    "Die SMS natürlich."
    Sie schiebt die Pizza in den Ofen. "Ja, die SMS, die du einfach gelesen hast. Wie würde es dir gefallen, wenn ich einfach deine Sachen nehme und darin herumschnüffle?"
    "Nathalie, du kannst dich nicht mit einem fremden Mann treffen. Ohne dass du ihn kennst. Und ohne dass wir davon wissen."
    Der Gedanke an Theo übermannt mich. Die Vergangenheit, die sich seit dem Urlaub kontinuierlich angenähert hat, ist jetzt zum Greifen nah. Die Angst, die vor ein paar Tagen noch darin bestand, Nathalie nicht vor den Details der Ereignisse von damals beschützen zu können, nimmt von einen Moment auf den anderen völlig neue Ausmaße an. Plötzlich steht sehr viel mehr auf dem Spiel. Theo Mehler. Der Mann, mit dem alles begonnen und geendet hat. Damals noch ein Junge. Und heute? Was ist aus ihm geworden? Was hat er Nathalie erzählt? Er muss über ihr Auftauchen doch verwundert gewesen sein. Ich spüre Schweiß auf meiner Stirn, im N acken und auf dem Rücken. Angst, die in jede Faser meines Körpers kriecht. Theo Mehler.
    "Ich musste es heimlich machen, denn ihr hättet es niemals erlaubt", antwortet sie ruhig. Ihre Wut über die gelesene SMS scheint nicht sehr tief. Fast scheint sie jetzt dankbar für das Aufdecken ihrer heimlichen Aktion.
    "Was hat die Sache mit dem Sex zu bedeuten? Er hat dich doch nicht etwa angemacht?" Mein Herz schlägt bis zum Hals.
    "Es ging nur um ihn und Fiona. Das hatte nichts mit mir zu tun und außerdem bin ich ja dann auch gleich weg."
    "Fiona?" Noch immer fällt es mir schwer, ihren Namen in Nathalies Gegenwart auszusprechen.
    "Na ja, scheinbar war da ja was zwischen den beiden."
    "Ich weiß. Aber was hat er erzählt? Dass er und Fiona sich..." Ich hole Luft. "Sich näher gekommen sind?"
    Sie ignoriert meine Frage. "So so. Du weißt also. Genau wie Papa. Ihr wisst alle. Nur ich nicht. Ich werde in Watte gepackt und darf dumm sterben."
    Dumm sterben. Ihre Worte sind wie ein Stich ins Herz. Ich springe auf und lege meine Hände um ihre Schultern. "Man macht keine Witze übers Sterben, Nathalie. Hörst du? Niemals. Niemals darfst du Witze über solche Dinge machen."
    Sie löst sich aus meinem Griff. "Das war doch nur ein Spruch, Mama. Immer schön locker bleiben. Du weißt genau, was ich meine."
    Ja, ich weiß es. Trotzdem ändert es nichts an der Tatsache, dass sie den Ernst der Lage nicht verstanden hat. Ein fremder Mann, der in ihrer Gegenwart über Sex redet.
    "Versprich mir, dass du nie wieder nach diesem Mann suchst. Das ist einfach unverantwortlich." Ich versuche, meine Stimme zu senken. "Unverantwortlich, Nathalie."
    "Kapierst du es nicht? Ich will doch gar nicht mit diesem Typen reden. Ich will einfach nur wissen, was damals los war. Und ich will verstehen, warum ihr mich wie ein rohes Ei behandelt." Sie stockt. "Und wie Fiona war. War sie wie ich? Hatte sie auch Probleme, sich zwischen all den anderen wohl zu

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