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Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Titel: Unser sechzehntes Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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1994
     
    Liebes Tagebuch,
    der Gesangsunterricht ist ein bisschen nervig. Ständig irgendwelche Tonleitern, Atemübungen und nerviges Klimpern auf dem Klavier, zu dem ich singen soll. Was hat DAS mit Rock zu tun? Cool ist es jedenfalls nicht. Aber na ja... ich zieh das durch. Ist ja für ne gute Sache. Meine Karriere! Yeah! Und natürlich: Für  Theo und mich.
    Die Probe gestern war cool. Wir hatten zum ersten Mal Leute dabei. Ein Probepublikum. Ein paar Kumpels von den Jungs und die Schwester von Andy. Gingen richtig ab bei unseren Songs. Wir haben ja noch nicht so viel einstudiert, aber für ein Mini-Konzert reicht es schon. Unser 4 Non Blondes-Cover kommt am besten an. Die hohen Töne bei "What’s Up" machen mir zwar noch zu schaffen, aber ich hab inzwischen schon eine richtige Röhre entwickelt. Klingt richtig geil! Und unser Publikum ging richtig ab dabei. Ich hatte voll die Gänsehaut, als ich da vor ihnen stand und gesungen habe. Wie wird es erst sein, wenn wir vor der ganzen Schule singen? Ich kann es kaum abwarten.
    Gestern haben Theo und ich übrigens das erste Mal seit langem wieder alleine quatschen können. Ich bin vor ihm los, aber als ich mit meinem Fahrrad gerade aus der Straße schob, stand er plötzlich hinter mir. Er war gelaufen, um mich einzuholen. Ist das nicht süß? Er meinte, dass die Probe echt gut gelaufen sei und man auch schon merken würde, dass der Gesangsunterricht was bringt. Ich hab nicht viel geantwortet, nur gelächelt. Dann hat er mir einen Kuss gegeben. Mir werden noch immer die Knie weich. Er meinte, dass er mich gerne mal alleine treffen würde. ENDLICH! Ich hab natürlich Ja gesagt. Morgen Abend wollen wir uns am alten Kino treffen und dann spontan entscheiden, was wir machen. Seitdem ich es weiß, kann ich nichts mehr essen. Umso besser: Dann werde ich nicht nur die beste Sängerin der Welt, sondern auch die dünnste.
     
    Fiona
     
    _________________
     
    "Theo? Der Theo aus Fionas Band?" Armin wirft sein Hemd in den Korb neben der Dusche.
    "Ja, genau der", antworte ich.
    "Ich hoffe, du hast ihr ordentlich den Kopf gewaschen. Sie kann sich doch nicht einfach mit einem Fremden treffen. Noch dazu mit dem Typen, der..."
    "Natürlich habe ich ihr den Kopf gewaschen", falle ich ihm ins Wort. Ich ziehe mein Nachthemd an, während ich mein Abbild im Badezimmerspiegel ignoriere.
    "Aber als wir anfingen zu reden, wollte sie einfach nur wieder Dinge über Fiona wissen", fahre ich fort. "Und ich habe gemerkt, dass mit jedem Wort über sie der Gedanke an diesen Typen in weitere Ferne rückte. Sie will es einfach nur wissen, Armin. Egal von wem."
    Ich drücke den letzten Rest Zahnpasta aus der Tube. "Und wenn ich es mir aussuchen kann, von wem sie diese Informationen erhält, dann bin ich lieber diejenige, die sie ihr gibt."
    "Trotzdem. Das Treffen mit ihm war unverantwortlich. Was, wenn sie wieder zu ihm geht? Wir kennen ihn doch so gut wie gar nicht."
    Er fasst mir von hinten auf die Schultern. Unsere Blicke treffen sich im Spiegel.
    "Er hat schon einmal ein Leben zerstört ", sagt er leise. "Mehr als eines."
    Für einen kurzen Moment nehmen mir seine Worte die Erleichterung über das Gespräch mit Nathalie. Meine Freude über den Erfolg, meine eigenen Dämonen zumindest kurzzeitig ihrer Macht beraubt zu haben.
    "Ich glaube nicht, dass sie noch einmal zu ihm gehen wird", antworte ich.
    "Bist du dir da sicher, Dascha? Was, wenn ihre Neugier wieder übermächtig wird? Wir wissen doch gar nichts über diesen Kerl."
    "Nein, wir wissen nichts über ihn", sage ich.
    "Eben. Normalerweise bist du doch die Hysterische von uns beiden. Wie kommt es, dass du jetzt so ruhig bist?"
    "Ich bin nicht ruhig, Armin. Ich freue mich einfach nur über die Annäherung zwischen Nathalie und mir. Vielleicht ist das tatsächlich der erste Schritt in die richtige Richtung."
    "Und dieser Kerl? Lässt der dich vollkommen kalt?"
    "Nein, natürlich nicht."
    Ich mustere mein Gesicht im Spiegel, als hätte ich mich selbst bei einer Lüge ertappt. Ich habe es mir im Laufe der Jahre angewöhnt, sie nicht als Lüge, sondern als unvollständige Wahrheit zu betrachten.
    Aber jede Wahrheit holt einen irgendwann ein. Selbst eine unvollständige.

Kapitel 8 : Nathalie
     
     
    "Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich angerufen anstatt eine SMS zu schreiben."
    "Macht ja nichts, Jenny. Es ist ja noch mal gut gegangen. Ohne die Sache mit der SMS hätte meine Mutter wahrscheinlich nie begriffen, dass sie mich nicht länger

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