Unser Sommer in Georgia
ihre Hand weg. »Ich bin doch kein Kind.«
»Ich wollte bloß ...« Riley seufzte vor Frustration und Müdigkeit. »Tut mir leid, Mama. Ich habe nur ein wenig Lippenstift weggewischt.«
»Als ob ich das nicht selbst könnte!« Kitsy verzog den Mund zu einem runden O und wischte mit dem manikürten kleinen Finger einmal um die Lippen herum.
Wie ihre Mutter es schaffte, vom Bett aus dafür zu sorgen, dass die Maniküre und die Friseurin pünktlich ins Haus kamen, war Riley ein Rätsel. »Mama, du siehst fantastisch aus.«
»Natürlich. Bettlägerigkeit ist doch keine Entschuldigung für Schlamperei. Ich verstehe nicht, warum du unbedingt diese Jeans und die weiten Tops tragen musst. Leg doch wenigstens Lippenstift auf.«
»Danke, Mama. Ich komme schon klar. Und diese Tops sind übrigens gerade Mode.« Riley lächelte ihre Mutter an und griff dann in ihre Tasche, denn ihr Handy klingelte.
»Hallo, Schwesterherz!«
Rileys Magen zog sich zusammen, als sie Maisys Stimme hörte. »Was gibt's?« Sie hätte den Laden nie so lange allein lassen dürfen. Weiß Gott, was ihre Schwestern angestellt oder, noch schlimmer, unterlassen hatten.
»Okay, Folgendes«, sagte Maisy. »Du darfst heute Nachmittag nicht vor drei Uhr in den Laden zurückkommen. Um elf hast du bei Michael einen Friseurtermin und anschließend eine Kosmetikbehandlung. Ich habe das organisiert und auch schon bezahlt. Nein, keine Diskussionen - geh einfach hin, und vertreibe dir danach noch irgendwie die Zeit. Verstanden?« Maisy lachte, als wären sie wieder zwölf Jahre alt und hätten sich gerade über Mamas strengstens verbotene Schminke von Estée Lauder hergemacht.
Riley nahm das Handy vom Ohr und betrachtete es, als hätte sich jemand mit diesem Anruf einen Scherz erlaubt. Dann drückte sie es wieder an die Ohrmuschel. »Du weißt doch, dass das nicht geht. Bis wir hier mit Mamas Röntgen fertig sind, ist Brayden allein zu Hause. Ich habe für heute Abend noch nichts vorbereitet. Jemand muss die Erinnerungsanrufe machen. Die Poster von den Autoren müssen aufgehängt werden ...«
»Ja, ja, ja«, unterbrach Maisy sie. »Wir haben alles im Griff. Du warst kaum aus der Tür, da sind Mack und Sheppard vorbeigekommen und haben gefragt, ob Brayden mit ihnen zum Tiefseefischen rausfahren darf. Ich bin davon ausgegangen, dass es dir recht ist.«
»Ich habe ihm nicht erlaubt, irgendwo hinzugehen.«
»Aber du hättest es ihm doch erlaubt, oder?«
»Hm. Ja, schon.«
»Ethel stellt gerade die Bücher zusammen. Die Poster habe ich schon aufgehängt. Adalee arrangiert die Sitzgelegenheiten so, wie Mama es ihr aufgezeichnet hat. Ich erledige gleich die Anrufe. Und du kommst nicht vor drei Uhr zurück.«
»Ihr seid verrückt. Und lieb. Ganz herzlichen Dank, Maisy! Aber warum?«
»Weil ich das so will.« Ohne sich zu verabschieden, legte ihre Schwester auf.
Riley steckte ihr Handy gerade wieder in die Handtasche, da rief die Krankenschwester Kitsy Sheffield in den Röntgenraum. »Worum ging es denn?«, wollte sie rasch noch wissen.
»Um deine verrückten Töchter. Nichts Wichtiges.«
Kitsy lächelte. »Es ist so schön, euch Mädels zusammen hier zu haben.«
Riley stimmte zu. Die Schwester, die eben angerufen hatte, war die Maisy von vor über dreizehn Jahren, die laut gelacht, ohne Verstellung gehandelt und von ganzem Herzen geliebt hatte. Es war schön, ein paar Minuten oder sogar einen ganzen Tag lang so zu tun, als wäre alles wieder so wie früher.
Nach den Röntgenaufnahmen, die einfach der Kontrolle dienen sollten, brachte Riley ihre Mutter wieder zu Hause ins Bett, holte ihr eine Tasse Kamillentee und eine Schmerztablette und überließ es Harriet und der Pflegerin, sich um Kitsys weitere Bedürfnisse zu kümmern. »Mama, bitte berichte mir noch, was der Arzt vorhin gesagt hat.«
Riley fürchtete und hoffte zugleich, dass ihre Mutter von Chemotherapie und weiteren Behandlungen erzählen würde. Doch Kitsy schloss die Augen und sank in ihre nach Lavendel duftenden Kissen zurück. »Jetzt nicht. Ich will schlafen. Mach du nur weiter, Riley!«
Bevor Riley sich zurückzog, schaute sie ihre Mutter verwundert an. Diese Frau konnte sonst keine Viertelstunde lang ein Geheimnis für sich behalten, und doch lag sie jetzt hier im Bett und verlor kein Wort über ihre schwere Krankheit.
Riley schüttelte den Kopf und machte sich zu Michaels Friseursalon auf - neben dem Herrenfriseur war er der einzige im Städtchen.
Als Riley ankam, stellte sie fest,
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