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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Etage, die Operation Pettifer abzuschließen, wesentlich beigetragen.«
    »War Tschetschejew ein anderer Posten angeboten worden?«
    »Ihm zufolge nein. Er hat aufgehört.«
    »Wohin ist er denn gegangen? Ihm zufolge.«
    »Nach Hause. Wollte wieder in seine Berge. Wollte nicht mehr den Intellektuellen spielen, sondern zurück zu seinen Stammeswurzeln.«
    »So jedenfalls hat er es dargestellt.«
    »So hat er es Larry erzählt, das ist schon ein kleiner Unterschied.«
    »Warum?«
    »Die beiden glaubten gern, sie hätten ein Vertrauensverhältnis. TT hat ihn nie belogen. Jedenfalls hat er das behauptet, und Larry hat ihm geglaubt.«
    »Und Sie?«
    »Ob ich Larry belogen habe?«
    »Ob Sie Tschetschejew geglaubt haben.«
    »Wir haben ihn nie beim Lügen erwischt.«
    Marjorie Pew faßte sich mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand an die Nase, als wollte sie sie zurechtrücken.
    »Aber Tschetschejew war doch nicht wirklich der leitende Resident hier?« versuchte sie mir den Geschworenen zuliebe einzureden.
    Nicht zum erstenmal fragte ich mich, wieviel sie wußte und wieweit sie auf meine Antworten angewiesen war. Ich kam zu dem Schluß, daß ihre Methode eine Mischung aus Unwissenheit und Verschlagenheit war; daß sie mich Dinge aufzählen ließ, die ihr bereits bekannt waren, und mir verbarg, was sie nicht wußte.
    »Nein, war er nicht. Der leitende Resident war ein Mann namens Zorin. Ein Schwarzarsch hätte nie die Spitzenposition auf einem wichtigen Posten im Westen haben können. Nicht einmal TT.«
    »Hatten Sie mit Zorin zu tun?«
    »Das wissen Sie doch.«
    »Erzählen Sie davon.«
    »Unsere Gespräche fanden nach Anweisung der Oberen Etage statt. Alle paar Monate haben wir uns in einem sicheren Haus getroffen.«
    »In welchem?«
    »Trafalgar. Shepherd Market.«
    »Über welchen Zeitraum?«
    »Insgesamt haben wir uns etwa ein dutzendmal getroffen. Die Gespräche wurden natürlich aufgezeichnet.«
    »Hatten Sie auch Gespräche mit Zorin, die nicht aufgezeichnet wurden?«
    »Nein, und er hat zur Sicherheit sogar seinen eigenen Kassettenrecorder mitgebracht.«
    »Und der Zweck dieser Gespräche?«
    Ich sagte ihr den ganzen Bandwurm auf, genau wie es in meinem Protokoll gestanden hatte: »Informeller Meinungsaustausch zwischen unseren beiden Geheimdiensten zu Themen von potentiell beiderseitigem Interesse, die im neuen Geist der Kooperation durchzuführen sind.«
    »Das heißt genau?«
    »Themen, die beiden Seiten Kopfschmerzen machen. Drogenhandel. Eigenmächtige Waffenschmuggler. Bombenwerfende Extremisten. Größere internationale Betrugsfälle, die russische Interessen berühren. Anfangs haben wir nichts nach außen dringen lassen und auch den Amerikanern nichts Genaues gesagt. Zur Zeit meines Ausscheidens war die Zusammenarbeit dann schon ziemlich offiziell.«
    »Haben Sie eine Beziehung zu ihm aufgebaut?«
    »Zu Zorin? Natürlich. Das war mein Job.«
    »Haben Sie die später fortgesetzt?«
    »Sie meinen, ob wir noch was miteinander haben? Wenn ich danach noch Verbindung zu Zorin gehabt hätte, hätte ich der Firma davon Bericht erstattet.«
    »Wann haben Sie das letztemal von ihm gehört?«
    »Er hat London kurz darauf verlassen. Er sagte, er übernehme einen langweiligen Schreibtischjob in Moskau. Ich habe ihm nicht geglaubt. Hat er auch nicht von mir erwartet. Wir haben ein letztes Glas getrunken, und er hat mir seinen Taschenflakon vom KGB geschenkt. Ich war gebührend gerührt. Wahrscheinlich hatte er zwanzig Stück davon.«
    Das mit dem »gebührend gerührt« gefiel ihr nicht. »Haben Sie jemals mit ihm über Tschetschejew gesprochen?«
    Inzwischen hatte ich es aufgegeben, den Schockierten zu spielen. »Selbstverständlich nicht. TT war offiziell Kulturattaché, seine Tarnung wurde konsequent durchgehalten; wohingegen Zorin uns als Diplomat mit nachrichtendienstlichen Aufgaben vorgestellt wurde. Daß wir Tschetschejew durchschaut hatten, wollte ich Zorin auf gar keinen Fall zu verstehen geben. Denn damit hätte ich Larry kompromittieren können.«
    »Über was für internationale Betrugsfälle haben Sie gesprochen?«
    »Bestimmte Fälle? Nein. Es ging darum, daß unsere und ihre Ermittler in Zukunft zusammenarbeiten sollten. Wir wollten ehrliche Männer zusammenbringen, wie wir das nannten. Zorin war von der alten Schule. Sah aus wie einer von der Oktoberparade.«
    »Verstehe.«
    Ich wartete. Sie auch. Aber sie wartete länger. Ich bin wieder mit Zorin am Shepherd Market, wir nehmen unseren Abschiedsdrink.

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