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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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darauf, es dir zu zeigen. Oh, wir haben viel Schönes in Stockholm, das kannst du mir glauben!“
    Der Zug hatte jetzt die Fahrt verlangsamt, und nun fuhr er in einen offenen Bahnsteig mit Überdachung ein.
    „So – da wären wir – hast du das Netz und deine Schultertasche? Fein, Claudia! Willst du diese Illustrierten mitnehmen? Gut, dann lassen wir sie liegen – nein, halt mal, ich bringe sie Karin mit… so, dann hätten wir wohl alles!“ Der Zug hielt. Tante Helga war schon an der Tür. „Da sind sie! Hallo, Karin…“ und dann hörte man eine laute Mädchenstimme, und Claudia verstand nichts weiter als „Mama“. Denn alles andere wurde auf schwedisch gesagt, und das hätte für Claudia ebensogut chinesisch sein können.
    Ein kräftiges, rotwangiges Mädchen hing an Tante Helgas Hals. Und ein großer, blonder Mann stand daneben und streichelte Tante Helga die Wange. Tante Helga machte sich behutsam frei. „So, Karin – da hättest du nun deine Kusine in natura! Claudia, erkennst du Karin wieder?“ Claudia lächelte ein wenig schüchtern. „Nein – es ist ja so furchtbar lange her, seit wir uns gesehen haben –, es ist doch eine Ewigkeit her, seit ihr in Deutschland ward… aber du kannst doch hoffentlich noch deutsch sprechen, Karin?“
    „Da magst du wohl fragen, Claudia!“ lachte Tante Helga. „Gewiß, sie kann es, wenn sie nur will! Schlimmer ist es schon mit Onkel Bo.“
    „Was heißt das?“ widersprach Onkel Bo. „Ich spreche ganz ausgezeichnet deutsch – eine vereinfachte Deutsch, meine eigene Erfindung, ohne Rücksicht auf der die das. Herzlichst willkommen, Claudia, wie hat der Reise gewesen?“
    „Bo, Bo“, lachte Tante Helga. „Es heißt die Reise und ist gewesen.“
    Es blitzte schalkhaft und munter in Onkel Bos Augen. „Sagt mal, wollen wir den Vormittag hier auf dem Bahnsteig verbringen und sprachliche Probleme erörtern?
    Nicht wahr, Claudia, du verstehst mich schon, auch wenn meine Grammatik ab und zu ein bißchen zu wünschen übrigläßt?“
    „Aber ja“, versicherte Claudia. Sie hielt immer noch Onkel Bos breite Hand gefaßt. „Vielen Dank, daß ich zu euch kommen durfte.“
    „Warte mit dem Danken, du weißt nicht, was dir blüht!“ sagte Onkel Bo. „Linksverkehr und verdrehte Essenszeiten und fünfzehn Grad Kälte und eine verzogene Katze und ein brüllendes Kind…“
    „- und ein tyrannischer Onkel“, sagte Tante Helga. „Gut, dann wollen wir gehen. Was macht Bertillein?“
    „Elend und verhungert, natürlich“, sagte Onkel Bo. „Du kannst dir doch denken, daß Oma keine Lust gehabt hat, für ihn zu sorgen.“
    „Du bist greulich“, lachte Tante Helga. „Ich hätte dich auf deinen schrecklichen Onkel vorbereiten müssen, Claudia!“ Aber Claudia lachte über das ganze Gesicht. Onkel Bo gefiel ihr mächtig.
    Sie durchschritten die große Bahnhofshalle, die beiden Erwachsenen voraus, Claudia und Karin hinterdrein. Sie gingen nebeneinanderher und nahmen sich sozusagen gegenseitig unter die Lupe. Die beiden Mädchen wußten nicht so recht, was sie sagen sollten.
    Karin war die erste, die das Schweigen brach. „Dies hier ist die Vasagata“, sagte sie und zeigte durch die Pendeltür nach draußen. „Und wenn du die ein Stück links hinuntergehst, dann kommst du in die Kungsgata.“
    „Ach ja, von der habe ich schon gehört – Kungsgata, das heißt die Königstraße, nicht wahr?“ sagte Claudia lebhaft.
    Sie mußten vor dem Ausgang stehenbleiben und warten, bis ein Taxi kam. „Kannst du gut Ski laufen?“ fragte Karin.
    „Nein“, sagte Claudia. „Aber ich laufe für mein Leben gern Schlittschuh“, fügte sie hinzu.
    „Hast du Preise gemacht?“
    „Nein – gar nicht. Ich laufe nur so…“
    „Ich treibe nur Konkurrenzsport“, sagte Karin. „Warum tust du das nicht auch?“
    „Dazu habe ich keine Zeit“, sagte Claudia. Karin sah die Kusine erstaunt an. Das ging über ihren Verstand, ein dreizehnjähriges Mädchen, das keine Zeit zum Sport hatte? Das Taxi kam, und sie wurden mit Koffern und Netz und Taschen und Mänteln darin verstaut. Claudias Augen wanderten von rechts nach links, von links nach rechts. Von der breiten Vasagata war der Wagen in eine ganz schmale Straße eingebogen, von dort in eine neue, ebenso schmale.
    „Eine komische Stadt, nicht wahr?“ sagte Tante Helga. „Mit diesen schmalen Straßendärmen mitten im Zentrum! Aber wart nur ab, es wird besser!“
    Die Straße öffnete sich wieder, wurde breiter. Jetzt fuhren sie an

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