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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Englisch.
    Dann rollte der Zug gen Norden, durch die flache dänische Landschaft, und sie kamen mit so viel Verspätung in Kopenhagen an, daß sie um ein Haar den Nachtzug nach Stockholm verpaßt hätten.
    „Wenn wir nicht zwei Glückspilze sind, dann weiß ich nicht, wer’s sonst wohl wäre“, sagte Tante Helga. Sie hatten nach einer weiteren Fahrt auf einer Fähre mit „Dreimeilen-Schokolade“ ihren Schlafwagen in Malmö bekommen – und hier stellte sich heraus, daß sie ihr Abteil für sich allein hatten. Es war ein Abteil mit drei Kojen übereinander, aber die obere war nicht belegt.
    „Jetzt wird aber geschlafen!“ sagte Tante Helga. „Du bist ganz gelb im Gesicht und hast blaue Ringe unter den Augen…“
    „Das paßt ja gut“, lächelte Claudia, „dann sehe ich aus wie die schwedische Flagge!“
    „Ich möchte aber lieber, daß du aussiehst wie die dänische – mit weißer Haut und roten Rosen auf den Backen!“ sagte Tante Helga. „Kriech in die Falle, das Waschen schenken wir uns, wir stecken dich morgen früh zu Hause gleich in die Badewanne. Und wenn du in einer Viertelstunde nicht schläfst, dann melde dich, ich werde dich dann schon zum Schlafen bringen!“
    Claudia schlief nicht nach einer Viertelstunde. Auch nach einer halben nicht. Dazu war dies alles viel zu neu und seltsam – viel zu aufregend, als daß sie hätte schlafen können! Zwei Seereisen, und dazu stundenlang mit der Bahn an demselben Tag – und jetzt in einer Koje in einem schwedischen Zug zu liegen und zu wissen, daß man in wenigen Stunden lauter Verwandte begrüßen würde, die man fast nicht kannte –, welches normale dreizehnjährige Mädchen hätte unter solchen Umständen wohl schlafen können?
    Tante Helga knipste die Bettlampe an. Sie stieg aus der Koje und goß Wasser in ein Glas. Claudia sah mit weit offenen Augen zu. Wie praktisch das alles eingerichtet war! Der große Spiegel war die Tür zu einem Wandschränkchens und in dem Schränkchen standen Karaffe und Gläser.
    „Hier, Claudia! Du nimmst jetzt diese kleine Tablette. Nein, keine Angst, sie ist gar nicht stark oder gar gefährlieh. Es ist einfach nur etwas zum Einschlafen, das macht dich nicht schlaftrunken, und du schläfst fest, nach ein paar Stunden verliert das leichte Schlafmittel dann seine Wirkung, und du schläfst natürlich. Verstanden?“
    „Ja gewiß, Tante Helga.“
    Claudia schluckte folgsam die Tablette. Sie war müde – so unsagbar müde – und wollte so furchtbar gern schlafen.
    Sie legte sich in die Kissen zurück. Was wohl Mutti jetzt machte? Sie war wohl auch schlafen gegangen – und vielleicht hatte sie einen wehmütigen Blick auf Claudias leeres Bett geworfen… morgen würde sie anfangen mit Packen und Räumen… alle Bilder würden von der Wand genommen werden – Mutti würde – alle Bücher… in den Kühlschrank legen… aber, daß Onkel Peter wirklich – einen ganzen Flügel – auf das Autoverdeck laden würde – was sagte er doch gleich… ich habe ihn außerhalb der Dreimeilen-Zone gekauft… da sind Flügel billiger… tatsächlich, war das nicht Anka, die dastand und alle Zigaretten fraß, die Tante Helga… für Onkel Bo – gekauft – hatte… und jetzt kam Karin und wollte Claudias Schlittschuhe kaufen… du kannst dir auf der Malmöfähre neue kaufen… im Schokoladenkiosk…
    Dann schlief Claudia tief und fest.

Und Claudia machte große Augen…
     
     
    Der Himmel hatte im Osten einen zarten rosa Schimmer. Er funkelte im Wasser auf, er funkelte auf den Gebäuden und Brücken, die sich im Wasser spiegelten. Es war, als wolle die Sonne verkünden, daß heute Sonntag war.
    Claudia stand am Gangfenster, noch ein wenig benommen von dem tiefen Nachtschlaf. Sie stand da und sah eine fremde Stadt auftauchen. Eine große, schöne Stadt mit fremden Menschen, fremden Sitten und Gebräuchen, und mit einer fremden Sprache. „Nun, Claudia? Findest du die Aussicht nicht schön?“
    „Doch, Tante Helga! Es ist so ganz anders als bei uns zu Hause. Dort sehen wir nur die Rückseite der großen Mietskasernen, wenn wir mit dem Zug ankommen, und dann tauchen wir in eine endlose lange Halle ein – aber hier ist alles so frei und offen, es ist beinahe so, als sage einem die Stadt,Guten Tag’ und ,Willkommen bei uns’.“ Tante Helga lachte. „Du hast das ganz richtig ausgedrückt. Schau das große Bauwerk dort, Claudia, das ist unser Stadthaus – das Rathaus, verstehst du? Darauf sind wir riesig stolz. Ich freue mich

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